Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)
keinen besonderen Grund, um mich auf Sassies Hühnchen zu freuen. Hoffentlich hat niemand meinen Magen knurren hören.«
»Doch, Dad«, sagte Matthew und verdrehte die Augen wie seine Mutter, »aber wir haben es für Donnergrollen gehalten.«
»Hüte deine Zunge, du Frechdachs«, ermahnte Ollie ihn spielerisch. »Und, was meinst du, Percy, alter Junge? Wyatt bleibt sowieso bei uns.«
Percy hätte die Einladung gern angenommen, denn Lucy,
die wusste, dass Wyatt bei den DuMonts gut versorgt war, würde wie jeden Sonntag mit ihren ordinären Freundinnen Bridge spielen. Doch Wyatt senkte den Blick und trat nervös von einem Fuß auf den anderen. Offenbar war es ihm lieber, wenn Percy die Einladung ausschlug. Also antwortete er: »Danke, aber ich muss noch was im Büro erledigen.« In Wahrheit würde er bei Sara ein überbackenes, höchstwahrscheinlich angebranntes Käse-Sandwich essen. Eine begnadete Köchin war sie nicht gerade. Percy machte Matthews Zustand Sorge; nahmen die DuMonts ihn nicht ernst genug? »Wyatt, bleib nicht zu lange, ja?«, ermahnte Percy seinen Sohn. »Matthew soll sich heute Nachmittag ausruhen. Ollie, wirf Wyatt einfach raus, wenn’s dir zu viel wird.«
Ollie bedachte Wyatt mit einem liebevollen Blick und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Mach ich, aber Wyatt wird mir nie zu viel.«
»Also benimm dich«, sagte Percy zu Wyatt und fügte, um ihm eine Freude zu machen, an Ollie gewandt hinzu: »Das tut er sowieso. Warum habe ich nur das Gefühl, ihn ständig ermahnen zu müssen?«
»Weil du sein Vater bist«, meinte Ollie augenzwinkernd.
Am Nachmittag, als Percy von Sara zurückkam, war er deshalb ziemlich überrascht, dass Wyatt ihn zu Hause erwartete.
ZWEIUNDVIERZIG
N achdem Sara ihm gesagt hatte, dass sie ihn verlassen wolle, war er mit schwerem Herzen heimgefahren. Sie hatte eine Stelle am äußersten Ende von West Texas angenommen, wo die Schulsprengel der Ölfördergebiete ihr das doppelte Salär wie in Howbutker boten. Hier warte ohnehin keine Zukunft auf sie, hatte sie mit zärtlichem, aber entschlossenem Blick gesagt. Leider musste Percy ihr recht geben.
Als er den Wagen in die Auffahrt lenkte, hätte er sich ein anderes Zuhause gewünscht. Natürlich hätte er ins Büro fahren können, doch ihm fehlte die Konzentration für Papierkram. Er sehnte sich nach einer ordentlichen Mahlzeit und Trost, und sein Haus bot weder das eine noch das andere. Sein Anwesen wirkte wie ein vernachlässigtes Mausoleum. Die einzigen verbliebenen Bediensteten waren die Reinmachefrauen, die gelegentlich kamen, wenn Lucy daran dachte, sie zu holen. Sie gaben keine Dinnerpartys mehr, und Lucy hatte sich nicht bemüßigt gefühlt, einen Ersatz für ihre alte Köchin einzustellen, die in den Ruhestand gegangen war. Da sie keine Lust hatte, opulente Speisenfolgen zu planen und die Ausgaben dafür zu überprüfen, waren ihr einfache Mahlzeiten lieber, die sie mit Wyatt in der Küche einnahm, bevor Percy heimkam. Manchmal stellte sie etwas für ihn warm, manchmal nicht.
Auf dem Weg zu den rückwärtigen Garagen fiel Percys Blick auf das Unkraut in den Blumenbeeten und das Laub, das zusammengerecht werden musste. Hier lebt keiner mehr ,
dachte er niedergeschlagen, als er einen Sprung in einem der längs unterteilten Fenster des Wintergartens entdeckte. Als er sich wenig später hinkniete, um ihn genauer zu inspizieren, hörte er ein Räuspern hinter sich.
»Dad?«
Er sah überrascht über die Schulter. »Wyatt? Was machst du denn hier? Ich dachte, du bist bei den DuMonts.«
Wyatt wischte eine Spinnwebe vom Türrahmen und schlurfte in den Raum. Warum hebt er seine Füße nicht? , fragte Percy sich verärgert. Auf dem Football-Feld kann er’s doch auch .
»Ist das Fenster kaputt?«
»Die Scheibe hat einen Sprung. Wahrscheinlich ist ein Vogel dagegengeflogen. Ich werde sie auswechseln lassen müssen.« Percy wischte den Staub von den Händen und stand auf. Die Fensterscheiben waren schmutzig, wie fast alles im Haus. »Du siehst aus, als hättest du was auf dem Herzen. Was ist los?«
Percy konnte sich vorstellen, was Wyatt wollte. Er wird mich bitten, Matthew in der Erntezeit samstags draußen auf der Plantage helfen zu dürfen , vermutete er. Die Jungen wussten, dass sie während des Schuljahres samstags und im Sommer bis aufs Wochenende jeden Tag im Familienunternehmen arbeiten mussten. Percy fragte sich oft, ob Matthew je die Wahl gehabt hatte zwischen Landwirtschaft und Einzelhandel. Mary hatte ihn
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