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Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)

Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)

Titel: Die Erben von Somerset: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leila Meacham
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denken, Percy wolle von ihm eine Vergebung seiner Sünden ihm gegenüber erwirken oder endlich seinen Enkel sehen. Bestenfalls würde er meinen, dass ein Vater so etwas eben tut, wenn sein einziger Sohn, der sich glücklich schätzen kann, einen Krieg überlebt zu haben, in seinen zweiten zieht. Und er hätte in jedem Punkt recht. Allerdings würde er nicht wissen, dass Percy auch aus Liebe zu ihm reiste, einer Liebe, die der Distanz zwischen ihnen zum Trotz von Jahr zu Jahr zu wachsen schien.
    Doch beim Betreten seines Büros reichte ihm seine Sekretärin ein Telegramm. »Von Wyatt«, erklärte sie. »Es ist vor ein paar Minuten gekommen.«
    Percy riss das gelbe Kuvert auf. DAD STOP EINTREFFE MIT 6-UHR-ZUG HEUTE ABEND STOP BRINGE CLAUDIA UND MATT HEIM STOP WYATT.
    Percy sah seine Sekretärin erstaunt an. »Sally, mein Sohn kommt mit seiner Familie nach Hause. Bitte heuern Sie sofort jede verfügbare Putzfrau der Stadt für Warwick Hall an. Ich zahle das Doppelte des üblichen Preises. Oder noch besser: Überwachen Sie die Putzaktion selbst. Würden Sie das für mich tun?«
    »Selbstverständlich, Mr Warwick.«
    »Und rufen Sie Herman Stolz an …«
    »Den Metzger, Sir?«
    »Ja. Er soll drei seiner schönsten Filets Mignons fünf Zentimeter dick schneiden. Und wenn Sie schon dabei sind: Bestellen Sie beim Floristen Blumen fürs Erdgeschoss und das Gästezimmer, dazu ein Arrangement aus … roten und weißen Rosen. Lassen Sie das in die Eingangshalle stellen.«
    »Ja, Mr Warwick.«
    Percy selbst rief Gabriel an, den Lucy gefeuert und er nach
ihrem Auszug wieder von den DuMonts abgeworben hatte. Der fünfundsechzigjährige Gabriel war sein Faktotum und seit seiner Geburt im Bedienstetentrakt über der Garage der Warwicks kaum jemals über die Houston Avenue hinausgekommen. »Gabriel, ich schicke dir den Wagen. Du fährst zu Stolz und holst ein paar Steaks, die ich bestellt habe. Und bring bitte mit, was Mister Wyatt sonst noch gern isst. Mister Wyatt kommt heute Abend mit seiner Frau und meinem Enkel.«
    Percy musste sich einige Jubelrufe anhören, bevor er mit seinen Anweisungen fortfahren konnte. »Ich habe das Gefühl«, sagte er, »dass seine Frau gern Sauce béarnaise zu ihrem Steak hätte. Glaubst du, die kriegst du hin?«
    »Das Rezept lasse ich mir von meinem Enkel Grady besorgen. Wie schreibt man das?«
    Percy buchstabierte es ihm.
    Anschließend rief Percy Mary an. Nachdem sie ihm versprochen hatte, ihm Sassie als Beistand für Gabriel zu schicken, meinte sie: »Er bringt dir den Kleinen und dessen Mutter zum Aufpassen, während er in Korea ist, Percy.«
    »Glaubst du wirklich, Mary?«
    »Ja. Er gibt dir noch eine Chance.«
    »Hoffentlich hast du recht.«
    »Ich denke, das steht fest. Ich beneide dich, Percy.«
    »Vielleicht bekommst du eines Tages auch eine zweite Chance, Mary.«
    Sie lachte wehmütig. »Und von wem?«
    Am Ende behielt Mary recht. Percy fragte Wyatt nicht, was seine Mutter von seiner Entscheidung halte, obwohl er ahnte, dass sie sie verletzt und überrascht hatte. Er gab sich ganz seinen eigenen Gefühlen der Freude und Dankbarkeit hin. Das Baby entpuppte sich als Wonneproppen; Percy musste es immerzu ansehen.
    Sally scheuchte die Putzkolonne gerade durch die Hintertür hinaus, als Wyatt mit seiner Familie in Warwick Hall eintraf. Percy beobachtete Claudia, wie sie beim Eintreten die verblichene Pracht seines Hauses bewunderte. Mit dem Baby auf dem Arm blieb sie vor dem riesigen Arrangement aus roten und weißen Rosen stehen, das sich in dem hohen Spiegel über dem Flurtischchen spiegelte. Wyatt schien es nicht aufzufallen. »Wie schön«, bemerkte Claudia. Sie waren um Punkt sechs Uhr eingetroffen, und der alte Schaffner Titus hatte der Frau des uniformierten Hauptmanns der US Marines, der hinter ihr aus dem Zug stieg, höchstpersönlich den Arm gereicht, bevor er in Richtung Percy deutete. »Das da drüben ist Mr Percy Warwick, ein sehr feiner Mann.«
    Claudia war sofort mit dem Baby auf Percy zugegangen, ihren groß gewachsenen, beeindruckenden Ehemann hinter sich. »Hallo, Dad«, hatte sie ihn begrüßt.
    Auf den ersten Blick war sie ihm mit ihren weder blonden noch braunen Haaren, ihrem weder hübschen noch hässlichen Gesicht und ihrer durchschnittlichen Körpergröße ziemlich unauffällig erschienen. Ihre wohlklingende Stimme zog die Aufmerksamkeit zuerst auf sich, dann der Glanz ihrer Augen, die sich nicht durch die Farbe, ein schlichtes Haselnussbraun, auszeichneten, sondern

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