Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)
Warwick.«
»Ja, Lucy.«
Einige Zeit später traf Wyatts persönliche Habe in Howbutker ein. Percy holte die mittelgroße Umzugskiste selbst vom Bahnhof ab und hievte sie auf die Ladefläche des Pickup. Claudia, die seinen Schmerz spürte, bestand darauf, Wyatts Sachen gemeinsam durchzugehen. »Was ist das?«, fragte sie nach einer Weile und streckte ihm die Ausgabe von Huckleberry Finn hin.
Genau die hatte Percy zu finden gehofft. »Matthew hat ihm dieses Buch einmal zum Geburtstag geschenkt«, erklärte er. »Wyatt wollte es als Glücksbringer mitnehmen.« Er blätterte den Band auf der Suche nach der roten Rose durch. Hatte Wyatt sie entdeckt? Sie weggeworfen, ohne ihre Bedeutung zu ahnen? War sie herausgefallen, als ein Kamerad seine Sachen in die Kiste packte? Percy würde es nie erfahren und mit der Bürde leben müssen, dass sein Sohn gestorben war, ohne
zu erfahren, dass sein Vater ihn geliebt und um Verzeihung gebeten hatte.
Trotz der Trauer begann für Percy zum ersten Mal seit den Tagen seiner Mutter eine Zeit der häuslichen Ruhe in Warwick Hall. Matt und Claudia wurden zum Mittelpunkt seiner Welt, und sein Haus erstrahlte dank der fähigen Hand seiner Schwiegertochter in neuem Glanz. Nun kamen ordentliche Mahlzeiten auf den Tisch, die die Familie im Speisezimmer, manchmal sogar in Gesellschaft von den DuMonts, von Amos Hines und den Charles Waithes, einnahm, denen es nichts ausmachte, dass der Kleine mit dem Essen spielte.
Percy lud wieder Gäste ein und brachte spontan auswärtige Besucher seiner vorbildlich geführten Papiermühle und -fabrik am Sabine River mit nach Hause. Als Amelia erkannte, dass er sie nicht mehr brauchte, um seine einsamen Stunden zu füllen, und dass ihre Liebe zu diesem Mann, der nie frei sein würde, aussichtslos war, entfernte sie sich aus seinem Leben. Hin und wieder hätte Percy es sich gewünscht, seine Freude über ihren Enkel mit Lucy teilen zu können. Claudia schickte ihr Fotos und führte Telefonate mit ihr, bei denen Matt Grüße an seine Großmutter in Atlanta in den Hörer plapperte. Percy fragte sich, wie sie ihre Zeit als alleinstehende Frau verbrachte, und ob sie sich Liebhaber suchte.
Der Koreakrieg endete, und der Staat, für den Percys Sohn und mehr als fünfzigtausend amerikanische Soldaten und Soldatinnen gestorben waren, blieb geteilt, ohne dass die politischen Fragen geklärt oder die Menschenrechte garantiert waren. Percy ließ ein Poster mit folgendem Text in seinem Büro aufhängen: Stell dir vor, es ist Krieg, und keiner geht hin. Percy drückte seinen Enkel an die Brust und hoffte, dass diese Prophezeiung eintraf, bevor Matt erwachsen war.
Zwei Jahre nach dem Eintreffen von Wyatts Leiche in Howbutker betrat Sally Percys Büro und verkündete: »Mr
Warwick, bei mir wartet ein Offizier der US Marines, der mit Ihnen sprechen möchte. Soll ich ihn reinschicken?«
»Natürlich«, antwortete Percy und knöpfte sich das Sakko mit schneller werdendem Puls zu.
Ein Major des Marine Corps kam herein, die Uniformmütze unter dem einen, ein unhandliches rechteckiges Paket unter dem anderen Arm. »Mr Warwick, ich bin Daniel Powel«, stellte er sich vor und lehnte das Paket gegen Percys Schreibtisch, um ihm die Hand zu reichen. »Ich habe mit Ihrem Sohn in Korea gedient. Wir waren beide Kompaniechefs in der 1. Marineinfanteriedivision.«
»Ach.« Warum tauchte der Mann so lange nach Wyatts Tod bei ihm auf? Wollte er ihm schildern, wie und wo sein Sohn gestorben war? Einen solchen Besuch hätte Wyatt nicht gewollt. Hatte der Mann vor, bei den Marines abzumustern und ihn um einen Job zu bitten? Percy bot ihm einen Stuhl an. »Setzen Sie sich doch, Major Powel, und sagen Sie mir, was ich für Sie tun kann.«
»Nicht für mich, sondern für Sie, Sir. Wyatt hat mich gebeten, Sie aufzusuchen, falls ihm etwas zustoßen sollte. Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat. Ich wurde nach dem Krieg nach Japan geschickt und bin gerade erst wieder in die Staaten beordert worden.«
»Wie lange sind Sie schon im Land?«
Der Offizier sah auf seine Uhr. »Weniger als achtundvierzig Stunden. Ich bin gleich nach der Landung in San Diego zu Ihnen gefahren.«
Percy blinzelte. »Sie sind also als Erstes zu mir gekommen?«
»Ja, Sir. Ich habe Wyatt versprochen, Ihnen das hier so schnell wie möglich zu überreichen.« Der Offizier stand auf und nahm das dick eingewickelte Paket vom Boden. »Es befindet sich seit Wyatts Tod in meiner Obhut; ich war dabei, als
er es in Seoul
Weitere Kostenlose Bücher