Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)
Regenfälle, Sümpfe und Malariamücken und fragte sich manchmal, ob nicht Matthew seinen Bruder als Schutzengel begleitete.
Als endlich alles vorbei war, schrieb Wyatt, er würde nach Hause zurückkehren, jedoch nicht für immer. Er habe seine Berufung gefunden und wolle bei den Marines bleiben. Er sei zum Oberleutnant ernannt worden. Percy und Lucy warteten am Bahnhof auf ihn. Sie erkannten ihn kaum wieder, als er aus dem Zug stieg, die Auszeichnungen an der linken Seite seiner Uniformjacke ein beeindruckendes Zeugnis der überstandenen Kämpfe. Es war vier Jahre her, dass sie ihn das letzte Mal gesehen hatten. Percy war inzwischen fünfzig und Lucy, bereits ergraut, fünfundvierzig.
»Hallo«, begrüßte Wyatt sie mit fremder Stimme und fremden Augen. Lucy scheute sich fast, diesen Mann zu umarmen, den sie großgezogen hatte und der nun größer und kräftiger als Percy war und das Gesicht eines Kriegers besaß.
»Du willst nicht ins Familienunternehmen einsteigen?«, fragte Percy später.
»Nein, Dad.«
Percy nickte. Es würde also keinen Neuanfang geben. Er
streckte ihm die Hand hin und legte die zweite über die seines Sohnes. »Dann wünsche ich dir auf ewig heile Rückkehr, Sohn.«
Lucy, der mittlerweile klar war, dass Wyatt Matthew als seinen Bruder erkannt hatte, gab Percy die Schuld für die Entscheidung ihres Sohnes. »Warum sollte er für einen Vater arbeiten wollen, der immer seinen Erstgeborenen vorgezogen hat?«
»Ich glaube, damit hat Wyatt sich inzwischen abgefunden, Lucy«, erwiderte Percy.
In ihren Augen lag tief eingegrabener Schmerz. Lucy verletzte es sehr, dass sie auf ihren Sohn verzichten musste, das wusste Percy. Sie hatte sich darauf gefreut, Wyatt und später auch seine Frau und seine Kinder bei sich zu haben. »Mag sein, aber er hat dir nicht vergeben, Percy«, sagte sie. »Das wird er nie. Dass er bei den Marines bleibt, ist der beste Beweis dafür.«
Eines Morgens, fünf Monate nach Wyatts Rückkehr zu seiner Einheit, hob Percy den Kopf von der Zeitung, die er am Frühstückstisch las, und entdeckte Lucy neben sich. Sie trug Kostüm und Hut, und um ihre Schultern lag eine Nerzstola. »Wo willst du denn so früh schon hin?«, fragte er überrascht, weil seine Frau normalerweise kaum jemals vor zehn Uhr aufstand.
»Nach Atlanta«, antwortete Lucy und zog ihre Handschuhe an. »Um dort zu leben, Percy. Hier hält mich nichts mehr, da Wyatt weg ist. Ich habe bereits ein Stadthaus an der Peach Tree gemietet und Hannah Barweise gebeten, meine Sachen zu packen und mir zu schicken.« Sie holte ein Blatt Papier aus ihrer Handtasche und reichte es dem erstaunten Percy. »Die Adresse und eine Aufstellung meiner Ausgaben. Zusätzlich brauche ich einen monatlichen Betrag für persönliche Dinge. Die Gesamtsumme steht ganz unten. Sie
mag dir ziemlich hoch erscheinen, aber es wird dich nicht arm machen, sie zu zahlen. Wahrscheinlich empfindest du es sogar als gut angelegtes Geld, wenn du mich aus dem Haus hast.«
»Ich will dich gar nicht aus dem Haus haben, Lucy. Das habe ich nie gesagt.«
»Natürlich nicht. Dazu bist du zu sehr Gentleman. Aber ich glaube, das ist die beste Lösung für uns beide. Würdest du mich um der alten Zeiten willen zum Bahnhof fahren?«
Er versuchte nicht, sie von ihrem Vorhaben abzubringen. Als er am Bahnhof in ihr breites, nicht mehr junges Gesicht blickte, erinnerte er sich an das Mädchen, das er vor über sechsundzwanzig Jahren just an dieser Stelle kennengelernt hatte. »Es ist viel Zeit vergangen, Lucy«, bemerkte er wehmütig.
»Ja«, pflichtete sie ihm bei. »Das einzige Problem war, dass wir sie von verschiedenen Seiten des Flusses aus haben zerrinnen sehen.«
Ihr Hut saß ein wenig schief. Percy rückte ihn gerade und fragte nachdenklich: »Möchtest du dich nicht scheiden lassen, Lucy, solange noch Gelegenheit besteht, die Zeit mit einem anderen Mann von derselben Seite des Flusses aus vergehen zu sehen?«
»Nie und nimmermehr!« Lucy lachte auf. »Vergiss es. Keine Scheidung, bis ich es sage, und das wird erst sein, wenn Mary Toliver DuMont nicht mehr lebt.«
Zum Abschied umarmten sie einander nicht. Lucy hielt ihm nur die Wange zu einem Kuss hin und ließ sich von ihm in den Zug helfen. Oben drehte sie sich noch einmal zu ihm um. »Auf Wiedersehen, Percy«, sagte sie mit sanfter Stimme.
»Ja, auf Wiedersehen.« Als der Zug zu pfeifen begann, griff er nach ihrem Handgelenk wie früher. Die Geste schien sie zu
überraschen, denn er hörte, wie
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