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Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)

Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)

Titel: Die Erben von Somerset: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leila Meacham
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seines Bürgerstolzes und seiner Geschichte, seiner Gelassenheit und Ordnung sowie des Zuflusses von frischem Blut und Geld war Howbutker nach wie vor ein engstirniger, klassenbewusster Ort, in dem wohl noch immer der weiße Mann das Sagen hatte. Rachel war jetzt eine wohlhabende Frau, jung, modern und fortschrittlich. Warum nicht einfach das Geld nehmen und verschwinden, um anderswo eine neue Toliver-Tradition zu beginnen wie damals ihre Vorfahren aus South Carolina?
    Weil sie hierhergehörte , antwortete sie sich selbst. Die gleichmäßigen Pflanzenreihen, die sich bis zum Horizont erstreckten, überzeugten sie davon, dass sie das Land, für das ihre Familie Blut und Schweiß vergossen, geschuftet und Opfer gebracht hatte – das Erbe ihrer späteren Kinder – nicht aufgeben konnte. Das wäre der größte Verrat überhaupt und würde den Verrat an ihr selbst sinnlos machen. Die Felder waren gut bestellt. Henry hatte gesagt, dass Tante Marys Landverwalter nach wie vor über alles wache. »Aber wer weiß schon, was nach diesem Jahr auf die Plantage zukommt?«
    Den Blick auf die in der spätnachmittäglichen Sonne schimmernden Felder gerichtet, hatte sie gelächelt, weil sie die Zukunft von Somerset kannte.
    Rachel steckte den Schlüssel ins Schloss und betrat den Raum. Die letzten Strahlen der Sonne fielen durchs Fenster, und die Klimaanlage lief. Bevor sie den Lichtschalter betätigen konnte, hörte sie aus einer Ecke eine vertraute Stimme: »Hallo, Rachel.«

ACHTUNDSECHZIG
    P ercy saß grübelnd neben dem Telefon in seinem Arbeitszimmer. Die Verletztheit in Matts Stimme, als dieser ihn angerufen hatte, um ihm zu sagen, dass er in einem Motelzimmer in Marshall auf Rachel warte, klang ihm im Ohr. Er hätte den Jungen nicht im Zweifel darüber lassen dürfen, wofür er sich entscheiden würde, wenn er mit dem Rücken zur Wand stünde. Aber er hatte geglaubt, eine solche Entscheidung bliebe ihm erspart. Mit dem ihm eigenen Selbstvertrauen – man konnte es auch Arroganz nennen – war er davon ausgegangen, dass er sich Marys Vertrauen als würdig erweisen und das Erbe von Rachel fernhalten könnte und gleichzeitig das von Matt nicht opfern müsste, wenn Rachel seine Geschichte gehört hätte.
    Jetzt jedoch fragte er sich, was diese Enthüllung ihn kosten würde. Matts Aussage, er glaube nicht, dass er jemandem verzeihen könne, der seinen Vater hinters Licht geführt habe, ging ihm nicht aus dem Sinn. Sollte er wirklich Matts Liebe und Hochachtung aufs Spiel setzen, um Rachels Gefühle für Mary zu retten? Er konnte Marys Geschichte nicht erzählen, ohne seine eigene zu offenbaren, und was wäre gewonnen, wenn Rachel Mary mit ihrem gegenwärtigen Wissen gar nicht mehr vergeben konnte? Was, wenn es ohnehin keine Hoffnung für sie und den Enkel des Mannes gab, der ihren Vater betrogen hatte? Würde die Offenlegung von Marys und Percys Leid sowie der Opfer, die andere Menschen für Somerset gebracht hatten, nicht sogar dazu beitragen, ihn in
den Augen seines Enkels weiter herabzusetzen? Besaß Percy den Mut, dieses Risiko einzugehen? Er schaute hinauf zu dem Gemälde über dem Kaminsims. Würdest du wollen, dass der Eindruck deines Sohnes von mir beschädigt ist, wenn ich von dieser Erde scheide?
    Er strich sich mit der Hand über das unrasierte Kinn. Mein Gott, Mary, in was hast du uns da reingeritten! Was würde er Rachel sagen, falls es Matt gelang, sie tatsächlich herzubringen?
     
    Matt erhob sich, erschrocken über ihr Aussehen, aus dem Stuhl. Unwillkürlich zog Rachel ein Bein ihrer khakifarbenen Wandershorts herunter. »Wie bist du hier reingekommen?«, fragte sie ihn.
    Matt hielt den Schlüssel hoch. »Damit.«
    Rachel verzog den Mund. »Verstehe. Der Mann an der Rezeption.«
    »Ich habe einen Gefallen von ihm eingefordert. Das macht mich nicht gerade stolz, aber in meiner Verzweiflung wusste ich mir nicht anders zu helfen.«
    Rachel stellte ihre Tasche ab und schob einen Stopper unter die Tür. Ihr Herz begann, schneller zu schlagen, denn wie immer verfehlte Matts Anwesenheit ihre Wirkung auf sie nicht. Sie musste sich einen Fluchtweg vor diesem Mann freihalten, der es so mühelos schaffte, sie aus der Fassung zu bringen.
    »Wie hast du rausgefunden, dass ich hier bin?«
    »Henry hat gesagt, du hättest ein Motelzimmer auf der Strecke zurück gebucht. Ich dachte mir, wahrscheinlich willst du nach Dallas; da wäre ein logischer Zwischenstopp ein Motel in Marshall.«
    »Schlaumeier.«
    »Du bist die

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