Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)
hatte dein Großvater tatsächlich gute Gründe, das Land zu erwerben, aber es nützte ihm auch selbst: Er brauchte es, um darauf eine Papiermühle errichten zu können. Tante Marys Angebot kam ihm sehr gelegen. Wenn du die Geschichte der Gründerväter von Howbutker kennen würdest, wüsstest du, dass die Familien niemals voneinander borgten. Onkel Ollie hätte deinem Großvater auch in einem finanziellen Engpass nicht gestattet, ihm unter die Arme zu greifen.«
»Ollie wusste nicht, dass Tante Mary den Grund eigentlich nicht verkaufen konnte.«
»Aber er muss doch gemerkt haben, dass Geld reinkam. Von wem wohl, wenn nicht von seinem reichen Freund?«
»Na schön«, meinte Matt frustriert. »Was willst du?«
»Ein faires Geschäft. Er behält die Papiermühle, ich kriege Somerset. Dann vernichte ich die Originale dieser Briefe.
Wenn er sich nicht darauf einlässt, gehe ich vor Gericht, um das Eigentum meines Vaters wiederzubekommen. Ich habe mich bereits mit einem auf Betrugsfälle spezialisierten Anwalt in Verbindung gesetzt, mit Taylor Sutherland. Der Name sagt dir sicher was.«
»Du würdest meinen Großvater in seinem Alter vor Gericht zerren, seinen guten Namen und möglicherweise seine Gesundheit ruinieren?«
»Das liegt ganz bei ihm. Ich hoffe aufrichtig, dass es nicht so weit kommt.«
»Und du würdest außerdem die Chance für uns beide einfach so wegwerfen?«
»Das haben schon meine Großtante und dein Großvater für uns besorgt, Matt.« Sie stand auf, um ihm zu signalisieren, dass das Gespräch für sie beendet war. »Nimm die Kopien der Briefe mit. Wenn er sie liest, trifft er sicher die für alle Beteiligten richtige Entscheidung.«
»Warum?«, fragte Matt, immer noch sitzend, mit gerunzelter Stirn.
»Warum was?«
»Warum ist dir Somerset wichtiger als das, was sich zwischen uns entwickeln könnte und – jedenfalls für mich – vielleicht nie wiederkommt?«
»Weil es meine Pflicht ist, das Land in der Familie zu halten. Ich werde nicht tatenlos zusehen, nur um das schlechte Gewissen einer Toten zu beruhigen.«
»Sie konnte es hinterlassen, wem sie wollte, Rachel.«
»Nein, sie musste es für die nächste Toliver-Generation bewahren. Dein Großvater verliert nichts bei dem Deal. Das Gleiche fordere ich für mich …« Ihre Stimme begann zu zittern. »Weil ich kein anderes Zuhause besitze.«
»Rachel, Liebes …«
Er sprang auf, nahm sie in die Arme und drückte sie fest
an sich. »Ich kann dir ein Zuhause geben. Und für dich zum Grund werden, dass du Howbutker dein Zuhause nennst.«
Fast weinte sie, als sie sich nach ein paar Sekunden aus seiner Umarmung löste. »Du weißt, dass das nicht geht, Matt. Nicht jetzt. Kannst du dir vorstellen, wie ich mich fühlen würde, wenn ich den Rauch aus den Schloten der Papiermühle auf dem Grund aufsteigen sähe, den dein Großvater meinem Dad gestohlen hat? Ironie des Schicksals, dass wir zusammen sein könnten, wenn Tante Mary alles beim Alten gelassen und sich nicht eingemischt hätte.«
»Rachel, bitte.« Er drückte sie wieder an sich. »Bitte tu uns das nicht an. Somerset ist nur ein Stück Land.«
»Es ist die Familienplantage, Matt, das Erbe vieler Toliver-Generationen, der Nährboden unserer Geschichte. Es an jemanden außerhalb der Familie zu verlieren würde ich nicht ertragen. Wie kannst du von mir verlangen, nicht um die einzige mir noch verbliebene Verbindung zu meiner Familie zu kämpfen?«
Er senkte die Arme. »So also stehen die Dinge.«
Sie wandte sich dem Tisch zu und schrieb etwas auf den Notizblock des Motels. »Meine Telefonnummer in Dallas. Dort kann dein Großvater mich erreichen, falls ich nicht noch heute Abend von ihm höre. Sag ihm, er hat bis Ende der Woche Zeit, meinem Vorschlag zuzustimmen. Andernfalls gebe ich Taylor Sutherland am Montagmorgen das Startsignal.«
»Dir ist klar, dass du Opa zwingst, Marys Vertrauen zu missbrauchen? Wie soll er damit leben?«
»Genauso, wie er gelernt hat, mit dem Verrat an mir zu leben.«
»Beantworte mir bitte noch eine Frage, Rachel«, sagte Matt und nahm den Zettel in die Hand. »Würdest du, wenn Mary dich auf die von dir erwartete Weise bedacht hätte, es auch bedauern, deiner Mutter gegenüber nicht Wort gehalten
und all die Jahre geopfert zu haben, die du mit deiner Familie hättest verbringen können?«
Die Frage erschütterte sie in ihren Grundfesten, weil sie bisher nicht daran gedacht hatte, sie sich zu stellen. Matt verdiente es, die Wahrheit zu hören, denn
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