Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)
Schlauere von uns beiden. Ein Zimmer außerhalb
des County zu reservieren und nicht deinen eigenen Wagen zu nehmen war ein kluger Schachzug.«
»Bitte, geh jetzt.«
»Nur, wenn du mich begleitest. Opa kann es gar nicht erwarten, mit dir zu reden.«
Genau das hatte sie befürchtet. »Tut mir wirklich leid, Matt, aber ich gehe nirgendwohin mit dir.«
»Dann müssen wir uns eben gleich unterhalten, Rachel … wie früher.« Er deutete auf einen Stuhl.
»Das klingt, als bestünde eine langjährige Verbindung zwischen uns.«
»Ist ja auch so, und das weißt du. Zu wertvoll, um sie einfach wegzuwerfen. Meinst du nicht, dass sie zumindest ein Gespräch wert wäre?«
Rachel legte ihre Handtasche auf den Tisch zwischen ihnen und rückte zögernd den Stuhl heran. Vielleicht war dieses Treffen doch gar keine so schlechte Idee. Sie würde Matt sagen, welche Asse sie im Ärmel hatte, so dass er seinen Großvater darüber informieren konnte. Dann gelangten sie möglicherweise noch am selben Abend zu einer Einigung.
»Reden kann uns nicht retten, Matt«, sagte sie. »Ich nehme an, die Angestellte im Grundbuchamt hat deinen Vorarbeiter angerufen, weswegen du weißt, wo ich war und welche Dokumente ich gefunden habe.«
Matt setzte sich wieder, öffnete seine Sportjacke und schlug die Beine übereinander. »Ja, das weiß ich. Möchtest du nicht die Tür zumachen? Die Klimaanlage bringt sonst nichts.«
Rachel musste an das Angebot des Mannes an der Rezeption denken, ihr nötigenfalls zu Hilfe zu eilen. Was für ein Witz!, dachte sie. Gegen Matt Warwick hätte er keine Chance. Ohne auf Matts Vorschlag zu achten, zog sie den Reißverschluss ihrer Handtasche auf und holte Kopien der Briefe aus dem grünen Kästchen heraus. »Die habe ich mit
dem Testament ihres Vaters zwischen Tante Marys persönlichen Papieren gefunden«, sagte sie und schob sie ihm hin. »Offenbar hat er tatsächlich ein Stück von Somerset seinem Sohn Miles hinterlassen. Da du von meinen Recherchen im Grundbuchamt gehört hast, ist dir ihre Bedeutung sicher klar. Lies den längeren Brief zuerst.«
Sie rechnete mit Bestürzung, als er das Schreiben überflog, doch er verzog als geübter Verhandlungspartner für Warwick Industries keine Miene. Nur ein Muskel am Kiefer zuckte. »Du weißt bestimmt, dass der Grund, auf den dein Großvater sich bezieht, mit dem identisch ist, auf dem er seine Papiermühle errichtet hat – das Land, das er und Tante Mary meinem Vater gestohlen haben.«
Matt legte die Briefe nachdenklich zusammen. »Auf den ersten Blick sieht’s so aus. Deswegen solltest du dir anhören, was Opa zu sagen hat, Rachel. Er kann dir erklären, warum er ihr Vorgehen damals für gerechtfertigt hielt …«
»Gerechtfertigt?«, wiederholte Rachel entsetzt. »Du weißt, welche Folgen dieser Betrug für meine Familie hatte, Matt, wie viele Jahre mit ihnen ich durch ihn verloren habe …«
»Ja, Rachel, aber Opa war es nicht klar, bis ich es ihm vor zwei Monaten gesagt habe. Seitdem leidet er unter diesem Wissen und unter deiner Feindseligkeit ihm und Mary gegenüber.«
»Geschieht ihm recht«, meinte sie ungerührt. »Moment mal …« Ihr kam ein überraschender Gedanke. »Das klingt, als wüsste dein Großvater von diesen Beweisstücken.«
»Als Amos Opa von Vernon Tolivers Testament und zwei Briefen auf deinem Bett, einer davon in seiner Schrift, erzählt hat, ist er, ähnlich wie du, zu dem Schluss gekommen, dass Mary ihretwegen so kurz vor ihrem Tod unbedingt in den Speicher wollte. Er hat sich an sein eigenes Schreiben erinnert und vermutet, dass das andere von Miles stammte.«
»Er war sich im Klaren darüber, was im Brief meines Großvaters stand?«
Matt spielte verlegen mit den Papieren herum.
»Ich deute das als ein Ja«, sagte sie und lehnte sich auf dem Stuhl zurück. »Dann steht also fest, dass der Erwerb des Grundes wissentlicher Betrug war.«
Matt stützte die Ellbogen auf die Knie und beugte sich vor. »Rachel, 1935 litt das Land unter einer schweren Wirtschaftskrise. Opa sagt, wäre das Grundstück damals nicht an ihn gegangen, hätten die DuMonts wahrscheinlich alles verloren, auch Somerset. Der Verkauf war an die Bedingung geknüpft, dass Mary deinen Vater als ihren Erben einsetzte …«
»Um den Schwindel wiedergutzumachen«, fiel Rachel ihm ins Wort.
»Vielleicht … Aber er meint, wenn du dir seine Geschichte anhörst, begreifst du alles.«
»Ich soll mich von ihm um den Finger wickeln lassen wie du? Möglicherweise
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