Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)
mich blind darauf einlasse.«
»Wie anständig von ihr!«, zischte Matt. »So musste sie die Last dieses Doppelspiels nicht allein tragen.«
Percy drückte die Fußstütze mit einem Ruck herunter. »Jetzt reicht’s, Junge! Fälle kein vorschnelles Urteil. Mary hat mir den Brief gezeigt, um mir die Möglichkeit des Neinsagens zu geben. Ich habe zugestimmt, weil ich letztlich keine andere Lösung sah. Hätte ich es nicht getan, wäre William, der damals sechs war, mit einundzwanzig Erbe eines Sumpfgrundstücks geworden. So hat das Kaufhaus überlebt, Somerset prosperierte, dem County wurden Arbeitsplätze erhalten, und William ist, wie Mary es seinerzeit versprochen hat, ihr Erbe geworden.« Percy nahm einen Schluck Wasser. »Ich möchte nicht behaupten, dass unser Handeln nicht falsch war, doch damals schien das moralisch richtige Vorgehen auch nicht der Weisheit letzter Schluss.«
Erst nach ziemlich langem Schweigen sagte Matt: »Wegen dieses Kuhhandels hat Mary William das Erbe versprochen. Aber warum hat sie Rachel an der Nase herumgeführt?«
Percy seufzte. »Weil sie zum Zeitpunkt des Versprechens an William nicht mit Rachels Talent gerechnet hat.«
Matt schüttelte ungläubig den Kopf. »Verdammt, Opa«, murmelte er. »Wusste Ollie über Miles’ Brief Bescheid?«
»Natürlich nicht. Er hätte sich nie und nimmer auf den Verkauf eingelassen.«
»Klingt ganz nach dem Mann, den ich kannte«, meinte Matt trocken. »Gut, beruhigen wir uns also und reden über das, was Rachel vermutlich vorhat. Möchte sie dich deiner Ansicht nach verklagen, um das Land ihres Vaters wiederzubekommen?«
»Nein«, antwortete Percy sofort. »Hier geht’s nicht um Gier. Sie will zurück, was ihrer Meinung nach ihr gehört, und ist entschlossen, es sich zu holen, wie ihre Großtante es getan hätte. Rachel möchte sicher tauschen: das Land am Sabine River gegen Somerset. So hätte Mary es angepackt.«
»Das löst unser Problem, Opa«, seufzte Matt erleichtert. »Gib ihr einfach die Plantage.« Als er den Blick seines Großvaters sah, beugte er sich vor. »Das tust du doch, oder?«
Percy räusperte sich. »Dazu wird es gar nicht kommen, wenn Rachel hört, was ich zu sagen habe, davon bin ich fest überzeugt, Matthew. Deshalb musst du sie finden. Sie muss die ganze Geschichte erfahren.«
Matthew. Wie seinen Namensvetter nannte er ihn sonst nie. Matt versetzte es einen Stich. »Nur der Neugierde halber: Falls es so weit kommt und du dich weigerst, auf Rachels Bedingungen einzugehen – was machst du, wenn sie beschließt, um die Fabrik zu kämpfen?«
»Das hängt davon ab, ob ihre Beweise eindeutig genug sind, um zu gewinnen.«
»Angenommen, sie sind es?«
Percy richtete sich auf. »Versuch nicht, mich in die Enge zu treiben, Matt. Ich werde tun, was ich für richtig halte; mehr kann ich dir nicht versprechen.«
»Das denk ich mir. Ich an deiner Stelle würde mich allerdings
nicht darauf verlassen, dass Rachel alles vergibt und vergisst, sobald sie deine Geschichte hört, Opa. Ich wäre dazu, glaube ich, in einer vergleichbaren Situation nicht in der Lage. Mit Sicherheit könnte ich nicht verzeihen, dass mein Vater hinters Licht geführt wurde – egal, aus welchen Motiven.«
»Verstehe«, sagte Percy und leckte sich die trockenen Lippen.
Matt stand auf und ging zur Tür, wo er sich noch einmal umdrehte. »Offenbar hat Amos Marys Haus für die Historische Gesellschaft freigegeben.«
»Davon weiß ich nichts.«
»Doch, bestimmt. Vorhin stand ein schwarzer Suburban mit geöffneter Heckklappe vor der Garage, und Henry brachte Sachen raus.«
»Rachel!«, rief Percy aus. »Amos würde das Haus nie freigeben, bevor sie nicht Gelegenheit gehabt hätte, sich auszusuchen, was sie behalten möchte.«
Den letzten Teil des Satzes hörte Matt nicht mehr, der schon hinaus und die Treppe hinuntergerannt war.
SIEBENUNDSECHZIG
W ie lange ist sie schon weg, Henry?«, fragte Matt.
»Vielleicht eine halbe Stunde, Mister Matt«, antwortete Henry. »Sie hat nichts gesagt, dass sie kommen würde, und wär sicher längst wieder verschwunden gewesen, wenn Tante Sassie nicht vorbeigeschaut hätte. Wissen Sie, die ist im Moment bei meiner Mama.«
Matt nickte. »Sie hat nicht zufällig erwähnt, wo sie hinwollte?«
»Nein, Sir. War ziemlich schweigsam und hat’s nicht lange in Howbutker ausgehalten. Kann ich ihr, offen gestanden, auch nicht verdenken.«
Seufzend wählte Matt die Nummer des Sheriffs, denn jetzt hatte er die Beschreibung
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