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Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)

Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)

Titel: Die Erben von Somerset: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leila Meacham
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mit einem Achselzucken ab – anders, als Percy es tun würde, der sich nur mit dem Besten zufriedengab.
    Einmal hatte Mary die Geduld mit Lucy verloren und ihr gesagt, dass ihre Vernarrtheit in Percy aussichtslos und sie selbst dumm sei, wenn sie ihre Zukunftsentscheidungen davon abhängig mache. Lucy hatte geantwortet: »Du willst ihn nur selber haben!«
    »Wie bitte?«, krächzte Mary entsetzt.
    »Du hast mich ganz genau verstanden«, antwortete Lucy
schmollend. »Versuch nicht, das zu bestreiten. Du bist schon dein ganzes Leben lang hinter ihm her.«
    Mary hörte die Stimme ihrer Zimmergenossin wie aus einem tiefen Brunnen. Sie sollte sich in Percy Warwick verguckt haben? »Das ist lächerlich«, zischte sie. »Ich interessiere mich nicht für Percy, und selbst wenn …« Sie hob die Hand, um Lucys Widerspruch im Keim zu ersticken. »Er interessiert sich nicht im Mindesten für mich. Er mag mich nicht mal.«
    »Er mag dich nicht?«, wiederholte Lucy erstaunt. »Warum das?«
    »Das hat mit der Art und Weise zu tun, wie unsere Familien miteinander umgehen.«
    »Die Tolivers und die Warwicks?«
    »Ja. Percy und ich haben unterschiedliche Auffassungen über unsere Verpflichtung gegenüber unserer Herkunft. Es wäre zu kompliziert, dir das genauer zu erklären, aber du kannst mir glauben, dass wir nicht allzu viel aneinander finden. Ich stehe dir im Hinblick auf Percy nicht im Weg. Allerdings …«
    »Was?«, fragte Lucy.
    Mary presste die Lippen zusammen. Am liebsten hätte sie gesagt: Du bist einfach nicht die Sorte Frau, die er anziehend findet. Du besitzt weder die Schönheit noch die Intelligenz noch die Sensibilität, die Percy gefallen würden.
    Lucy musterte sie genau, bevor sie den Kopf mit einem bellenden Lachen in den Nacken warf. »Ich bin also deiner Ansicht nach nicht gut genug für ihn?«
    Nun wäre Gelegenheit gewesen, ihr die Wahrheit zu sagen, doch das brachte Mary nicht übers Herz. »Darum geht es nicht, Lucy. Du bist gut genug für jeden Mann. Ich kenne nur den Typ Frau, für den Percy sich interessiert, das ist alles.«
    »Und der bin ich nicht.«
    »Äh … Nein.«
    »Wie sieht der aus?«
    »Porzellanteint, Sanftmut, Anschmiegsamkeit. Kein Fünkchen Jähzorn.«
    »Mein Gott, wie langweilig!«, rief Lucy aus. »Und was ist mit Leidenschaft und Sex?«
    Mary sah sie mit offenem Mund an. Woher wusste das Mädchen über solche Dinge Bescheid? Wenn Miss Peabody das hörte, traf sie der Schlag. Äußerlich ruhig antwortete Mary: »Ich könnte mir vorstellen, dass Percy feminine Sanftheit, falls sie echt ist, sexuell erregend findet.«
    »Mary Toliver!« Lucy stampfte mit ihrem winzigen Fuß auf. »Soll das heißen, du hast dein ganzes Leben praktisch Seite an Seite mit Percy Warwick verbracht und weißt nicht, welche Art von Frau er mag? Percy wünscht sich Temperament und Feuer. Scheiß auf den Porzellanteint. Er will eine Frau, bei der er sich keine Sorgen machen muss, dass er sie zerbricht, die er packen kann, die ihm ebenbürtig ist in seiner Leidenschaft …«
    »Lucy!« Mary sprang mit hochroten Wangen und klopfendem Herzen auf, wie drei Jahre zuvor im Sommer, als Percy sie über den Rasen des Gerichtsgebäudes hinweg angesehen hatte. »Ich begreife gar nicht, woher du dein Wissen über Percys sexuelle Vorlieben nimmst, wo du ihn doch kaum kennst. Nein, erklär’s mir lieber nicht. Möglicherweise hast du recht, aber selbst dann wirst du kein Glück bei ihm haben.«
    »Wieso?«, fragte Lucy.
    »Weil du … zu klein bist.«
    Wieder lachte Lucy. »Ach. Dieses Problem lässt sich beheben, und ich wette, Percy weiß das.«
    Diese Diskussion klärte die Fronten, und von da an wurden sie so oft miteinander gesehen, dass sie bald als enge Freundinnen galten, obwohl das nicht der Fall war und beide es
wussten. Mary würde ihre geheimsten Gedanken niemals einem solchen Plappermaul anvertrauen, und Lucy war sich klar über Marys Missbilligung ihrer Vernarrtheit in Percy.
    »Vielleicht bin ich in deinen Augen nicht gut genug für ihn, Mary Toliver, aber in seinen werde ich es sein. Meine Liebe zu ihm wird ihn blind machen.«
    »Ihn haben schon viele Frauen geliebt, Lucy. Und keiner von ihnen ist es gelungen, ihn blind zu machen.«
    »Eine Liebe wie die meine hat er noch nie kennengelernt. Ich werde ihm so den Kopf verdrehen, dass ich, wenn er wieder klar sehen kann, tatsächlich die Frau bin, die er verdient. Meine Liebe zu ihm wird mich in sie verwandeln.«
    Im Abteil lehnte Mary, dankbar für das

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