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Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)

Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)

Titel: Die Erben von Somerset: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leila Meacham
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kein echter Toliver,
sondern der Sohn seiner Mutter, ein Henley, ein Waschlappen und Phantast. Sie selbst war die einzige noch verbliebene wahre Toliver. Ihrem Schoß würden die Söhne entspringen, die die Linie erhielten, allerdings nur, wenn sie einen Mann heiratete, der ihr Engagement teilte. Und das tat Percy Warwick nicht. »Es wäre gut für uns beide«, sagte sie, den Blick starr geradeaus gerichtet, »wenn wir uns nie wieder in eine solche Situation begeben.«
    »Ich kann dir nichts versprechen, Gypsy«, antwortete er.
    Als sie ihr Haus erreichten, streckte sie ihm förmlich die Hand hin. »Danke fürs Abholen, Percy. Du musst nicht mit reinkommen.«
    Ohne ihre Hand zu beachten, schlang Percy den Arm um ihre Taille. »Mach dir keine Gedanken über unser Gespräch«, meinte er. »Das können wir fortsetzen, wenn ich wieder da bin.«
    Sie sah ihm in die Augen. »Ich wünsche mir wirklich, dass du zurückkommst, aber nicht zu mir, Percy.«
    »Ich muss«, erwiderte er. »Eine andere gibt es für mich nicht. Und bitte geh nicht zu streng mit Miles ins Gericht. Er hat ein schreckliches Jahr hinter sich. Immerhin weiß er jetzt, dass er kein Farmer ist. Er hat ein ziemliches Durcheinander angerichtet, was du ihm sicher mitteilen wirst, aber besser kann er’s nun mal nicht.«
    Mary nickte.
    »Gut«, meinte er und zog sie noch einmal zu sich heran, um sie leicht auf die Lippen zu küssen. Als er merkte, dass sie Mühe hatte, ihre Leidenschaft zu unterdrücken, betrachtete er sie mit einem belustigten Blick. »Bis später«, sagte er und entfernte sich. Da hörte Mary, wie die Tür aufging und Sassie sie begrüßte, doch es dauerte eine ganze Weile, bis es Mary gelang, den Blick von Percy zu lösen, der selbstbewussten Schrittes in Richtung Pierce-Arrow marschierte.

ZWÖLF
    Howbutker, Oktober 1919
     
    D er Zug hatte Verspätung. Bestimmt zum zehnten Mal innerhalb ebenso vieler Minuten sah Mary auf die Uhr am Revers ihres altmodischen grünen Serge-Kostüms, bevor sie wieder das leere Gleis entlangblickte.
    »Wahrscheinlich ist der Zug schon mit Verspätung in Atlanta abgefahren«, versuchte Jeremy Warwick die kleine, auf dem Bahnsteig versammelte Gruppe zu beruhigen. Sie warteten zu viert – Jeremy und Beatrice Warwick, Abel DuMont und Mary – inmitten einer großen Menschenmenge, die zum Bahnhof gekommen war, um die Kriegsheimkehrer willkommen zu heißen. Die Highschool-Band, die in Reih und Glied bereitstand, würde »The Stars and Stripes Forever« spielen, sobald ein Uniformierter den Zug verließ. Ein Banner mit der Aufschrift »Willkommen zu Hause, Söhne von Howbutker« war über den Eingang zum Bahnhof gespannt, und ein ähnliches befand sich über einem Teil des Courthouse Circle, wo später am Tag eine Parade stattfinden sollte.
    Der Krieg war seit über einem Jahr vorbei, allerdings nicht für Miles, Ollie und Percy sowie Tausende anderer Mitglieder des amerikanischen Expeditionskorps, die in Frankreich die Nachhut bildeten – weil es zu wenige Schiffe gab, die sie nach Hause bringen konnten, oder weil sie zu den Besatzungstruppen in Deutschland gehörten.
    Percy kehrte als Einziger unverletzt heim. Miles war gegen Ende des Kriegs in einen Gasangriff geraten und hatte schwere Schäden davongetragen. Um ihn nicht allein zu lassen,
waren Hauptmann Warwick und Hauptmann DuMont nach dem Waffenstillstand freiwillig geblieben und hatten bei der Demilitarisierung des Rheinlands geholfen. Kurz nach Weihnachten war Ollie als Angehöriger der Besatzungsgarnison durch eine Granate verwundet worden, die ihm fast das Bein abriss.
    Die sechsundzwanzig Monate bis zur Rückkehr der Soldaten waren lang gewesen für deren Familien nach den schlimmen Kriegsjahren mit Zeitungsberichten über die unsäglichen Qualen der Männer, die unerbittlichen Kämpfe und dann noch das Grippevirus, das in den Reihen des Expeditionskorps gewütet und bis zu zehntausend Menschen pro Woche niedergestreckt hatte. Am Ende des Kriegs hatten zudem Artikel über die Verlegung Schwerverletzter in Camps ohne medizinische Betreuung und Medikamente Sorge bereitet.
    Die Stimmung der Familien befand sich auf dem Nullpunkt. Es war schlimm genug gewesen, sich die jungen Männer in den Schützengräben vorzustellen oder frierend auf morastigen Böden von Zelten ohne ausreichende Brennstoffe und Decken in den kältesten europäischen Wintern seit Menschengedenken.
    Es hatte sich als äußerst schwierig erwiesen, die Kommunikation über den Atlantik

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