Die Erben
korrigierte ich ihn.
Er lachte rau, dann verabschiedete er sich kurz, um Getränke zu holen.
„Ja danke, ich brauche nichts“, murmelte ich mit meinem leeren Glas in der Hand, als er gegangen war und sprang vom Tisch.
Ich drehte mich um, griff nach Simons Glas und lief meinem Bruder hinterher.
„Interessant“, kommentierte Thor, als ich bei der Dame am Ausschank zwei Bowle nachbestellt hatte.
„Was ist interessant?“
„Dass du für Simon und dich Bowle holst“, meinte er grinsend. „Die konventionelle Rollenverteilung ist nicht so euer Ding, was?“
Peinlich berührt nahm ich die beiden Gläser in Empfang und starrte sie an. „Da wir
allerhöchstens
Freunde sind, muss ich mich um Konventionen ja nicht kümmern“, begann ich mich zu erklären. „Davon abgesehen habe ich ihn fast verprügelt. Das Mindeste, was ich tun kann ist, ihm etwas zu trinken mitzubringen.“
„Klar“, meinte Thor und ging mit gespielt ernstem Gesicht an mir vorbei. „Das Mindeste. Und allerhöchstens.“
Etwa gegen halb elf kamen unsere Eltern und ich machte mich bereits darauf gefasst, auch nach Hause zu müssen. Ich ließ mich vom Tisch herunter gleiten, um im Zweifelsfall sofort mitgehen zu können. Schließlich wollte ich nicht, dass sie mir vor Simon und Sisy befehlen mussten, mitzukommen.
„Habt ihr denn Spaß?“, erkundigte sich Mum auffallend fröhlich. Ich fragte mich, ob die Damen des Frauenvereins ihre eigene Bowle nicht vielleicht mit etwas Stärkerem als Zucker aufgepeppt hatten.
Sisy nickte. „Natürlich, Mrs. Westera. Sie und der Frauenverein haben einen tollen Job geleistet. Ich glaube, das war der erfolgreichste Herbstball seit Jahren.“
Mum sah aus, als würde sie vor Rührung gleich anfangen zu heulen.
„Danke Sisy“, schluchzte sie und strich ihr über den Arm. „Ihr wart aber auch toll. Diese Tanzeinlagen. Ich wollte als junges Mädchen auch immer so toll tanzen können.“
Dann wandte sie sich an Thor. „Wir gehen jetzt nach Hause. Bleibst du noch lange, Thor?“
Er zuckte mit den Schultern. „Kann ich dir nicht sagen, aber ich denke daran, abzuschließen, wenn ich Heim komme.“
„In Ordnung“, meinte Mum und legte kurz die Hand auf seine Schulter.
Als sie sich zu mir drehte, nahm ihr Lächeln überraschend wenig ab. „Kann ich dich bitten, meine Salatschüssel mitzubringen, wenn du nach Hause gehst? Sie wird in die Küche gebracht und gespült, wenn das Buffet abgeräumt wird. Unser Namensschild klebt am Boden.“
„Natürlich“, entgegnete ich hastig.
„Na dann“, meinte Mum und sah in die Runde. „Viel Spaß euch noch.“
Starr wie eine Wachsfigur starrte ich ihr und Dad nach, als sie zum Ausgang gingen.
Ich erwartete fast, dass sie es sich anders überlegte, doch sie ging durch die Tür und war verschwunden. Dad streckte den Kopf nochmal in den Saal, sah zu mir und tippte sich lächelnd an seine Nase.
Ich tat es ihm gleich und grinste.
Gegen Mitternacht wollte dann auch Sisy nach Hause und selbstverständlich bot mein Bruder ihr an, sie zu fahren. Immerhin war er noch nicht liebestoll genug, zu vergessen, dass ich auch irgendwie Heim kommen musste.
„Soll ich dich danach hier holen, oder willst du noch lange bleiben?“, fragte er mich und bevor ich antworten konnte, meldete sich Simon zu Wort.
„Ich bringe sie nach Hause.“
„Du bist doch sicher mit dem Motorrad hier, oder?“, fragte Thor misstrauisch.
Simon schüttelte den Kopf. „Ich habe Sisy mitgenommen und bin deswegen mit dem Auto da.“
„Na dann“, willigte Thor gedehnt ein. Ich hatte den Eindruck auf seinen Schultern saßen ein kleiner Engel, der aussah wie Sisy und ein kleiner Teufel mit Simons Gesicht. Sollte er nun den Engel nach Hause fahren oder den Teufel von seiner Schwester fernhalten?
Ich schüttelte den Kopf, um das alberne Bild aus meinem Kopf zu kriegen und winkte meinem Bruder und Sisy zum Abschied zu.
„Bist du wirklich mit dem Auto da?“, wollte ich wissen, als sie gegangen waren.
„Ja. Sisy weigert sich, auf ein Motorrad zu steigen“, nickte Simon und ich zog eine Grimasse.
„Sie weiß gar nicht, was sie dabei verpasst.“
„Meine Rede“, stimmte er mir zu. „Aber besser so. Sonst könnte ich dich nicht Heim fahren, es sei denn, du hättest deinen Helm mitgenommen. In weiser Voraussicht sozusagen.“
„Ich wusste ja nicht mal, dass du hier sein würdest.“
Simon grinste. „Aber du hast es gehofft.“
Gelangweilt zog ich eine Augenbraue hoch und verzog den
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