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Die Erben

Die Erben

Titel: Die Erben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: EJ Waldau
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was?“ Joe sah mich mit weit aufgerissenen Augen an und ich verdrehte die Augen.

„Erwartest du, dass ich das jetzt noch ein fünftes Mal wiederhole?“

„Nein, aber…“, stotterte er. „Sie hat dir wirklich ihre Hausaufgaben gegeben?“

Ich wedelte ungeduldig mit einer Hand. „Ja.“

„Was bedeutet das?“, wandte er sich an Ava.

„Keine Ahnung Joe“, gab sie leicht genervt zurück und stopfte sich ihr Sandwich in den Mund.

„Das ist bestimmt so eine Art Ritterschlag“, mutmaßte Joe vor sich hin. „Oder wie das bei Frauen auch immer genannt wird. Du bist jetzt vermutlich in.“

„Na Gott sei Dank“, stöhnte ich. „Mir ist schon nichts mehr eingefallen, was ich in mein Tagebuch schreiben könnte.“

„Du könntest da wirklich ein bisschen mehr Begeisterung zeigen“, belehrte mich Joe und hob den Finger. Er hob tatsächlich seinen Finger! „Wenn sich das erst einmal herumspricht, wirst du an dieser Schule ein ganz anderes Bild abgeben. Noch bist du einfach die Neue. Nicht besonders beliebt, da du das Talent hast, jedem über den Mund zu fahren, aber trotzdem ist dein Ruf noch formbar. Und wenn Sisy Interesse an dir hat, dann hilft das deiner sozialen Stellung hier enorm.“

„Ich weiß nicht, in wie weit mir eine Romanze mit Sisy helfen sollte“, spielte ich auf Joes unglückliche Formulierung an und er verzog das Gesicht.

„Stimmt es eigentlich, dass du heute in Chemie wieder für ein Feuer gesorgt hast?“, wechselte Ava das Thema und sah Joe an, der leicht rot um die Nase wurde.

„Möglich, dass es eine kleine Stichflamme gab“, gestand er kleinlaut und biss in sein Sandwich.

„Du hast schon ein Talent für kleine Stichflammen, was?“, meinte ich amüsiert und Joe versuchte sich an einem bösen Blick, den ich mit einem Lachen kommentierte.

An unseren Nachbartisch setzten sich ein paar Mädchen aus dem Jahrgang unter uns, vielleicht auch zwei Jahre jünger, und begannen aufgeregt über Simons Wochenendaktivitäten zu diskutieren. Es war bereits das vierte Mal, dass ich einer solchen Unterhaltung beiwohnen musste und langsam quoll mir der Name Simon van der Veer aus jeder Pore.

„Wenn ich noch ein Weib den Namen Simon van der Veer sagen höre, flippe ich aus“, murmelte ich verschwörerisch vor mich hin und erntete ein paar giftiger Blicke vom Nachbartisch.

„Ich fühl mich auch langsam wie in einem Teeniefilm“, gab mir Joe Recht und verständnislos sah ich ihn an.

„Als sei deine Affinität wegen Sisy besser.“

Joe zog eine Grimasse und widmete sich dann wortlos seinem Essen.

Das Thema Simon van der Veer fand seinen Höhepunkt zwei Tage später, als das erste Mädchen angefangen hatte ihn „McHot“ zu nennen. Dank Ava wurde ich auch aufgeklärt, woher diese Idee mit Mc eigentlich kam und mein Respekt gegenüber diesen Tratschtanten war damit auf einem überaus bemerkenswerten Tiefpunkt angekommen.

„Es zwingt dich ja keiner, hinzuhören“, blaffte mich eine der Grazien an, nachdem ich lautstark gestöhnt und die Augen verdreht hatte, als ich auf dem Flur an ihnen vorbei gelaufen war.

„Es ist einfach nicht möglich wegzuhören“, gab ich schnippisch zurück. „Wegsehen ist kein Problem, aber weghören kann man schon anatomisch betrachtet nicht.“

„Wie klug du ja bist“, bemerkte ein weiteres Mädchen. Sie war blond und blasiert und erfüllte damit augenscheinlich jegliche Anforderung dieser Schule.

„Klüger als du, vermute ich mal“, stellte ich fest und verschränkte die Arme vor der Brust. „Wenigstens vergeude ich meine Zeit nicht damit, Simon van der Veer hinterher zu sabbern.“

„Er würde dich eh nicht bemerken“, war die Antwort der Blondine und mir rissen alle vorhandenen Geduldsfäden.

„Ach, meinst du? Dann frage ich mich, warum er mich ins Kino eingeladen hat.“

Es folgte Totenstille, malerisch unterstrichen durch offen stehende Münder und große ungläubige Augen.

Hämisch grinsend lehnte ich mich nach vorne. „Ich werde dann gehen, damit ihr eure Schweigeminute in aller Ruhe zu Ende bringen könnt.“

Ich drehte mich auf dem Absatz um und eilte in den Unterricht.

Natürlich wusste Ava bis zur Mittagspause von meinem kleinen Auftritt, da die blonde Barbiepuppe das Klatschweib schlechthin unserer Schule war und das heutige Thema war eindeutig Simons Kinoeinladung an die Neue.

Ava bekam sich vor Lachen kaum noch ein. „Dass du dich von Tracy so reizen lässt“, japste sie und lachte noch mehr, als sie böse ansah.

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