Die Erben
unseren Ausflug in die Bank nach Boston.
Obwohl der Imperator auf Geschäftsreise war und somit von nichts etwas mitbekommen konnte, bestand Sarah darauf, sofort nach der Schule loszufahren, um nicht später als unbedingt notwendig nach Hause zu kommen.
Also standen wir eine knappe dreiviertel Stunde nach Schulschluss im hochmodernen gläsernen Gebäude unserer Bank und warteten an einem der Schalter.
Ein schmächtiger, junger Bankangestellter kam auf uns zu und begrüßte uns freundlich.
„Guten Tag die Herrschaften“, näselte er mit leicht zittriger Stimme. „Wie darf ich Ihnen helfen?“
„Ihnen auch einen guten Tag, Mr. Baker“, grüßte Sarah höflich mit einem Blick auf sein Namensschild zurück, während ich schlicht nickte.
„Wir möchten gerne mit William Camden sprechen“, erklärte sie und es schien als habe sie allein mit ihrer Selbstsicherheit jegliches Ego in ihrem Gegenüber zerschmettert. „Wir sind Simon und Sarah van der Veer.“
„Van der-“, wiederholte Mr. Baker nervös, dann sammelte er sich schnell wieder. „Natürlich, einen Augenblick bitte, Miss van der Veer, ich hole Mr. Camden. Einen Moment Geduld bitte. Ich bin gleich wieder da.“
Er ging aufgeregt rückwärts in eines der Büros hinter den Schaltern und ich war beinahe erleichtert, dass er sich nicht auch noch verbeugte.
Unsere Familie war sicher kein unbekannter oder unbedeutender Kunde dieser Bank, aber dieser Typ übertrieb dennoch maßlos.
Sarah schien das ähnlich zu sehen, denn sie starrte mit verdutztem Blick an die Stelle, an der Mr. Baker verschwunden war.
Nur wenige Augenblicke später kam er wieder durch die Tür und deutete uns, ihm zu folgen.
Er führte uns in das Büro, aus dem er gekommen war und Mr. Camden stand von seinem Schreibtisch auf, um uns mit einem Händedruck zu begrüßen.
Er war ein hochgewachsener älterer Herr, der jedoch erstaunlich vital war für sein Alter. Seit ich ihn das letzte Mal gesehen habe, hatte er sich einen Schnauzbart wachsen lassen. Jedoch war er deutlich ergraut, seit ich ihn das letzte Mal gesehen hatte.
„Miss van der Veer.“ Er schüttelte Sarah freundlich lächelnd die Hand. „Sie sind ja schon eine richtige junge Dame geworden. Kaum noch etwas zu sehen von dem kleinen Mädchen.“
„Danke, Sir“, entgegnete Sarah steif lächelnd und setzte sich, als er ihre Hand los ließ und sich an mich wandte.
„Und da haben wir den jungen Mr. Van der Veer.“ Er griff meine Hand und drückte für mein Empfinden etwas zu fest zu. „Wie geht es Ihnen?“
„Gut, Sir“, antwortete ich und rieb meine halb zerquetschte Hand, als ich mich setzte. „Danke der Nachfrage.“
„Schön zu hören“, erwiderte Mr. Camden rau und bedachte mich meinem Lächeln, das sich jedoch ausschließlich in der unteren Gesichtshälfte austoben durfte. „Wie läuft die Schule denn?“
„Auch gut“, log ich und zwang mich zu einem Lächeln, welches Mr. Camden mit Sicherheit in die Kategorie „Arrogant“ ablegte. „Danke.“
Seine Mimik wurde eine Spur selbstgefälliger und er ordnete ein paar Blätter auf seinem ohnehin schon aufgeräumten Schreibtisch neu an.
Dann sah er erwartungsvoll zu Sarah.
„Wie darf ich Ihnen helfen?“
„Nun“, begann sie und setzte sich noch aufrechter hin. „Ich möchte-
Pardon.
Wir möchten gerne an unser Familienschließfach.“
Mr. Camden zwirbelte sich kurz seinen Schnauzer, dann lehnte er sich zurück und legte ein Bein über das andere. „Sie wissen sicher, dass ich Ihnen ohne Anwesenheit Ihres Vaters keinen Zutritt gewähren darf, Miss van der Veer.“
Sarah legte sofort eine Mappe auf den Tisch, die Mr. Camden langsam in die Hand nahm.
„Natürlich darf
ich
nicht an das Schließfach“, erklärte Sarah verständnisvoll. „Simon dagegen ist achtzehn und hat mit einer Vollmacht unseres Vaters Zugang.“
Erstaunt wandte ich mich um und starrte meine Schwester an.
Sie hatte eine Vollmacht gefälscht, nur um an dieses Schließfach zu kommen?
Mein Blick fiel auf den schmächtigen Angestellten, der noch immer an der Tür stand und mich verwundert beobachtete.
Langsam lehnte ich mich wieder zurück und versuchte so unbeeindruckt wie möglich auszusehen, während ich mich ständig fragte, was um alles in der Welt in diesem Schließfach war, dass ausgerechnet Sarah zu solchen Mitteln griff.
Mr. Camden schloss die Mappe vorsichtig und legte sie bedächtig auf seinen Tisch.
„Nun, tatsächlich gab es eine solche Vereinbarung zwischen
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