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Die Erbin

Die Erbin

Titel: Die Erbin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Hände vors Gesicht und schluchzte noch heftiger. »Diese armen Jungs«, stammelte sie immer wieder.
    Der Wartebereich im Hauptflügel des Krankenhauses füllte sich. Ozzie sprach mit Jeff und Evelyn Roston, den Eltern, die zu fassungslos waren, um viel sagen zu können. Daher redete er mit einem Onkel der Jungen und erklärte ihm, Simeon Lang stehe unter Arrest und werde innerhalb weniger Stunden ins Gefängnis verlegt werden. Ja, er sei betrunken gewesen, sei es immer noch. Es tue ihm sehr leid.
    »Sie bringen ihn besser bald hier raus«, riet der Onkel, während er auf eine Gruppe Männer in der Nähe deutete. Zornige, zutiefst verstörte Männer vom Land, mit Pistolen und Gewehren aufgewachsen und wütend genug, um etwas Drastisches zu tun. Immer mehr Männer gesellten sich zu ihnen. Die Rostons waren Sojabauern und Hühnerzüchter und sehr aktiv in ihrer ländlichen Kirchengemeinde. Sie hatten viele Verwandte und Freunde und hatten nie für Ozzie gestimmt.
    Um zwei Uhr morgens war jeder verfügbare Deputy im Kran kenhaus. Um drei Uhr schmuggelten sie Simeon aus dem Gebäude und brachten ihn ins Gefängnis. Ozzie informierte den Onkel.
    Lettie und Portia verließen das Krankenhaus durch densel ben Nebeneingang. Jake begleitete sie zu ihrem Wagen. Er kehrte in den Hauptflügel zurück, machte einen großen Bogen um den Wartebereich und ging zu Ozzie, der sich gerade mit zwei von seinen Männern unterhielt. Als Dumas Lee auf sie zukam, die Kamera um den Hals, verstummte das Gespräch schlag artig.
    »Jake, haben Sie kurz Zeit für mich?«, fragte Dumas.
    Jake zögerte und sah Ozzie an, der »Kein Kommentar« sagte. »Worum geht es?«, fragte er Dumas.
    »Nur ein paar Fragen.«
    Sie entfernten sich von Ozzie und seinen Männern und gingen nebeneinander den langen Korridor hinunter. »Können Sie bestätigen, dass es Simeon Lang ist?«, fragte Dumas.
    Es war sinnlos, das zu dementieren. »Ja«, antwortete Jake.
    »Und Sie sind sein Anwalt?«
    »Das bin ich nicht.«
    »Okay, aber seit vier Monaten liegt gegen ihn eine Anklage wegen Trunkenheit am Steuer vor. Und in der Prozessliste werden Sie als sein Anwalt genannt.«
    Vorsicht, warnte sich Jake. Er atmete tief durch und spürte einen dicken Kloß im Magen. »Da habe ich jemandem einen Gefallen getan«, erwiderte er.
    »Mir ist egal, warum Sie es getan haben. In der Prozessliste werden Sie als sein Anwalt genannt.«
    »Ich bin nicht sein Anwalt, okay? Ich war nie sein Anwalt. Ich kann nicht gleichzeitig den Nachlass von Seth Hubbard und Simeon Lang, den Ehemann einer der Begünstigten, ver treten.«
    »Warum sind Sie dann am 19. Oktober vor Gericht erschienen und haben den Aufschub seines Falls beantragt?«
    »Das war ein Gefallen. Ich bin nicht sein Anwalt, okay, Dumas?«
    »Warum wurde der Fall vier Monate lang aufgeschoben?«
    »Ich bin nicht der Richter.«
    »Mit dem werde ich später reden«, gab Dumas zurück.
    »Tun Sie das. Kein Kommentar mehr.« Jake drehte sich abrupt um und ging davon. Dumas folgte ihm und quasselte einfach weiter. »Jake, es wäre besser, wenn Sie mit mir reden, denn es sieht gar nicht gut aus.«
    Jake drehte sich wieder um. Die beiden standen sich mitten auf dem Flur gegenüber und starrten sich an. Jake konnte sich gerade noch beherrschen. »Ziehen Sie keine voreiligen Schlüsse, Dumas«, sagte er. »Ich habe die Anklage wegen Trunkenheit am Steuer seit vier Monaten nicht angerührt, weil ich nicht sein Anwalt bin. Falls Sie sich noch erinnern können, wurde er zu der Zeit von diesen Clowns aus Memphis vertreten. Nicht von mir. Also seien Sie bloß vorsichtig.«
    Dumas machte sich fieberhaft Notizen. Jake hätte ihm am liebsten eine reingehauen. Plötzlich war das alles nicht mehr wichtig, denn vom anderen Ende des Gebäudes drangen Schreie zu ihnen.
    Um 4.15 Uhr wurde Bo Roston für tot erklärt.

29
    Jake und Carla saßen am Küchentisch und warteten darauf, dass der Kaffee durchlief. Es war noch nicht ganz fünf Uhr an diesem Mittwoch, dem 22. Februar, einem Tag, der zweifellos einer der traurigsten und dunkelsten in der Geschichte des County sein würde. Zwei Teenager – intelligente Jugendliche, gute Schüler, Sportler, Kirchenmitglieder, beliebte Jungs aus einer anständigen Familie – waren auf einer eisglatten Straße von einem Betrunkenen um ihr Leben gebracht worden. Die furchtbare Neuigkeit verbreitete sich mit rasender Geschwindigkeit. Die Cafés würden brechend voll sein, wenn die Frühaufsteher hereinströmten, um

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