Die Erbin
Neuigkeiten zu erfahren. Die Kirchen wür den zum Gebet öffnen. In der Clanton High School würde es am schlimmsten sein. Die armen Jugendlichen.
Carla schenkte Kaffee ein. Sie unterhielten sich leise, fast flüsternd, um Hanna nicht aufzuwecken. »Ich habe nie eine Akte für den Fall angelegt«, sagte Jake. »Ozzie rief mich an dem Montag an und erzählte, dass Simeon am Samstagmorgen verhaftet worden sei und am Mittwoch vor Gericht erscheinen müsse. Als er wieder nüchtern war, fuhr Ozzie ihn nach Hause und riet ihm auf dem Weg dorthin, die Anwälte aus Memphis loszuwerden. Ich bedankte mich bei Ozzie, und wir vereinbarten, uns später zu treffen. Dann rief er zurück und fragte, ob ich am Mittwoch ins Gericht kommen könne, um den Fall aufzuschieben. Ozzie dachte, er könne die Anklage wegen Trunkenheit am Steuer als Druckmittel gegen Simeon benutzen, um ihn zur Vernunft zu bringen. Am Mittwoch ging ich ins Gericht, kümmerte mich um den Papierkram und bat um Aufschub, den ich auch bekam. Und dann vergaß ich das Ganze, jedenfalls das meiste davon. Zu der Zeit wurde Simeon noch von Booker Sistrunk vertreten, und ich sagte zu Simeon vor Gericht, dass ich ihm bei der Anklage nicht helfen würde. Ich kann den Kerl nicht leiden. Genau genommen kann ich ihn nicht ausstehen.«
»Hast du einen Konflikt gesehen?«, fragte Carla.
»Ich habe darüber nachgedacht. Genau genommen habe ich es sogar Ozzie gegenüber erwähnt. Aber es gab keinen Konflikt. Ich vertrete den Nachlass. Simeon ist keine betroffene Partei des Nachlasses. Seine Frau schon, aber er nicht.«
»Jake, das ist nicht ganz so eindeutig.«
»Nein, ist es nicht, und ich hätte es nicht tun sollen. Es war ein Riesenfehler. Ich habe meinem Instinkt nicht getraut.«
»Aber man kann dir doch keinen Vorwurf daraus machen, dass Simeon sich betrunken ans Steuer gesetzt hat.«
»Selbstverständlich kann man das. Wenn der Fall ordnungsgemäß behandelt worden wäre, wäre Simeon inzwischen verurteilt worden und hätte seinen Führerschein verloren. Er wäre letzte Nacht nicht gefahren, jedenfalls theoretisch nicht. In Wirk lichkeit hat die Hälfte der Schwarzen und der Landbevölkerung in diesem County keinen gültigen Führerschein.«
»Es waren doch nur vier Monate. Manchmal werden solche Fälle noch länger verschleppt.«
»Manchmal.«
»Wie hieß dieser Mann doch gleich, der Dachdecker? Du hast seinen Sohn bei einer Anklage wegen Trunkenheit am Steuer vertreten. Der Fall hat sich über ein Jahr hingezogen.«
»Chuck Bennett. Ich wollte nicht, dass der Junge ins Gefängnis kommt, bevor sein Vater mit unserem Dach fertig ist.«
»Ich will darauf hinaus, dass sich diese Fälle manchmal eben in die Länge ziehen.«
»Sicher, aber nach so einer Tragödie gibt es immer Leute, die mit dem Finger auf die Schuldigen zeigen. Und da ich im Lager der Langs bin, werde ich meinen Teil davon abbekommen. Anwälte kann man leicht für etwas verantwortlich machen. Ozzie wird ebenfalls einiges zu hören bekommen. Er wird als der schwarze Sheriff hingestellt werden, der versucht hat, seinesgleichen zu schützen, und jetzt sind zwei weiße Jugendliche tot. Das könnte übel ausgehen.«
»Vielleicht wird es ja nicht so schlimm, Jake.«
»Ich bin nicht sehr optimistisch.«
»Wie wird sich das auf die Testamentsanfechtung auswirken?«
Jake trank langsam seinen Kaffee und starrte durch das Fenster nach draußen in den dunklen Garten. »Es wird verheerende Folgen haben«, sagte er leise. »Simeon Lang wird viele Monate lang die meistgehasste Person in diesem County sein. Er wird vor Gericht gestellt werden, dann wird man ihn ins Gefängnis schicken. Im Laufe der Zeit werden ihn die meisten Leute wieder vergessen. Aber unser Prozess findet in sechs Wochen statt. Der Name Lang ist Gift. Und vor diesem Hintergrund werden wir unsere Geschworenen aussuchen müssen.« Er trank noch einen Schluck und rieb sich die Augen. »Lettie hat keine andere Wahl, als die Scheidung zu beantragen, und das möglichst schnell. Sie muss jegliche Verbindung zu Simeon kappen.«
»Wird sie es tun?«
»Warum nicht? Er wird die nächsten zwanzig oder dreißig Jahre in Parchman verbringen, wo er auch hingehört.«
»Für die Rostons wird das sicher eine Genugtuung sein.«
»Die armen Leute.«
»Triffst du dich heute mit ihr? Mit Lettie, meine ich?«
»Bestimmt. Als Erstes werde ich aber Harry Rex anrufen und versuchen, mich mit ihm zu treffen. Er weiß bestimmt, was zu tun ist.«
»Wird es der
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