Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Erbin

Die Erbin

Titel: Die Erbin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
Vom Netzwerk:
sich das Gespräch nicht mehr darum drehte, ob es zwischen ihm und Simeon Lang irgendeine Verbindung gab.
    Die Männer würden den Coffee Shop verlassen und zur Arbeit gehen, wo sie den ganzen Tag lang über nichts anderes als die Tragödie der Rostons reden würden. Und sie würden Insidernachrichten haben, weil sie mit Jake, der es schließlich wissen musste, gefrühstückt hatten. Sie würden ihren Kollegen und allen, die zuhörten, versichern, dass ihr Freund Jake nicht der Anwalt von Simeon Lang sei, dem meistgehassten Mann in Ford County. Sie würden ihre Ängste zerstreuen und versprechen, dass dieser Lang für viele Jahre hinter Gittern verschwinden werde.
    Denn so hatte Jake es ihnen gesagt.
    Helles Morgenlicht strömte durch die Holzjalousien und fiel in ordentlichen weißen Reihen auf den langen Konferenztisch. Irgendwo im Hintergrund klingelte ununterbrochen ein Telefon, doch niemand interessierte sich dafür, das Gespräch anzunehmen. Die Eingangstür war verriegelt, und etwa alle fünfzehn Minuten klopfte jemand. Die angespannten Diskussionen wurden heftiger, dann gerieten sie ins Stocken und ließen nach, um schließlich ganz zu verstummen, obwohl es noch so viel zu sagen gab.
    Harry Rex hatte ihnen die verschiedenen Strategien für einen Scheidungsantrag erklärt. Lettie solle den Scheidungsantrag jetzt einreichen, mit möglichst viel Tamtam und möglichst vie len schmutzigen Anschuldigungen, um Mr. Lang wie den Scheiß kerl aussehen zu lassen, der er war. Sie solle ihm Ehebruch, wiederholte grausame und unmenschliche Behandlung, bös williges Verlassen, Trunkenheit, Nichterfüllung einer Unter haltsverpflichtung und noch einiges mehr unterstellen, da die Ehe sowieso vorbei sei, ob Lettie das nun zugebe oder nicht. Harry Rex riet, Simeon unter Beschuss zu nehmen, da er aus dem Gefängnis heraus nichts dagegen tun könne und es ihm sowieso egal sein dürfte. Lettie solle gleich am Montag den Scheidungsantrag stellen und dafür sorgen, dass Dumas Lee und jeder andere Reporter mit nur vorübergehendem Interesse an dem Fall eine Kopie davon bekam. Sie solle auch einen Antrag auf einstweilige Verfügung stellen, um den Kerl von ihrem Grundstück und für den Rest ihres Lebens von ihr, ihren Kin dern und ihren Enkeln fernzuhalten. Es gehe darum, eine schlechte Ehe zu beenden, aber auch, sich der Öffentlichkeit möglichst vorteilhaft zu präsentieren. Harry Rex erklärte sich bereit, den Fall zu übernehmen.
    Portia hatte ihnen erzählt, dass der erste Drohanruf kurz nach fünf Uhr morgens gekommen war. Phedra war ans Telefon gegangen und hatte nach ein paar Sekunden langsam aufgelegt. »Er hat ›Nigger‹ zu mir gesagt«, stammelte sie fassungslos. »Er hat gesagt, wir würden dafür bezahlen, dass wir die beiden Jungs umgebracht haben.« Sie gerieten in Panik und verriegelten sämtliche Türen. Portia fand einen Revolver in einem Schrank und lud ihn. Sie schalteten das Licht aus, versammelten sich im Wohnzimmer und behielten die Straße im Auge. Dann klingelte das Telefon erneut. Und wieder. Sie beteten, dass es endlich hell wurde. Portia sagte, ihre Mutter werde die Scheidungspapiere unterschreiben, doch danach würden sie sich vor den Langs in Acht nehmen müssen. Simeons Brüder und Cousins seien Abschaum, derselbe Genpool, und würden mit Sicherheit Ärger machen. Sie lägen Lettie sowieso schon in den Ohren, weil sie Geld wollten, und wenn sie glaubten, man wolle sie übergehen, sei es durchaus möglich, dass sie Dummheiten machten.
    Lucien hatte eine lange Nacht hinter sich, aber er war trotzdem gekommen und dachte so logisch wie immer. Er kam schnell zu der Ansicht, dass der Prozess wegen der Testamentsanfechtung auf keinen Fall in Ford County stattfinden durfte. Jake habe jetzt keine andere Wahl mehr, als eine Verlegung des Verhandlungsortes zu beantragen, was Atlee vermutlich ablehnen würde, aber zumindest verschaffe ihnen das ein überzeugendes Argument für die Revision. Lucien hatte Jakes Chancen, vor einer Jury zu gewinnen, nie sehr hoch eingeschätzt, und er war schon lange davon überzeugt, dass der Geschworenenpool von Booker Sistrunk verdorben worden war. Letties unkluge Entscheidung, in die Stadt zu ziehen, noch dazu in ein Haus, das einer durchaus bekannten weißen Familie gehört habe, sei ihrem Ansehen in Clanton nicht gerade zuträglich gewesen. Es gebe schon Ressentiments und jede Menge Argwohn. Lettie arbeite nicht und habe seit dem Tod Hubbards nicht gearbeitet. Jetzt trage sie

Weitere Kostenlose Bücher