Die Erbin
nichts mehr zu verlieren, da konnte er gleich reinen Tisch machen.
Der Richter paffte und schien den Qualm einzuatmen, bevor er ihn wieder ausblies. »Ich bin nicht Ihrer Meinung. Auf jeden Fall erwarte ich, dass Sie die Würde des Gerichts respek tieren. Ich lasse nicht zu, dass Anwälte in meinem Richterzimmer fluchen.«
»Tut mir leid. Ich fluche manchmal in der Hitze des Gefechts, da bin ich wohl kaum der Einzige.«
»Ich bin mir nicht sicher, dass die Jury umgekippt ist, wie Sie es nennen.«
Jake zögerte. Fast hätte er den Richter daran erinnert, dass die ser so gut wie nichts über Jurys wusste. Er hatte selten mit Ge schworenen zu tun, was ein Teil des Problems war. Im Chancery Court herrschte er uneingeschränkt, als Richter und als Jury, und genoss den Luxus, das gesamte Beweismaterial zulassen zu können. Er konnte es filtern, das Gute vom Schlechten trennen und ein Urteil sprechen, das ihm fair erschien.
Jake wollte nicht darüber streiten. »Ich habe eine Menge zu tun«, sagte er stattdessen.
Richter Atlee deutete zur Tür, und Jake ging.
Harry Rex fing ihn ab, als er aus dem Gericht kam. »Ozzie hat in der Kanzlei angerufen, er sagt, sie sind immer noch in Memphis am Gefängnis und versuchen, ihn herauszuholen. Im Augenblick will keiner eine Kaution festsetzen.«
Jake runzelte die Stirn. »Wofür denn eine Kaution?«
»Ihm wird Trunkenheit in der Öffentlichkeit und Widerstand gegen die Staatsgewalt vorgeworfen. Typisch Memphis. Jedes Mal, wenn die einen festnehmen, setzen sie mit Widerstand gegen die Staatsgewalt noch eins drauf.«
»Ich dachte, Ozzie hat da Beziehungen.«
»Die versucht er wohl gerade aufzutreiben. Ich habe dir ja gesagt, es war ein Fehler, diesen Säufer nach Alaska zu schicken.«
»Was bringt das jetzt noch?«
»Nichts. Was isst du zu Mittag?«
»Ich habe keinen Hunger.«
»Dann trinken wir ein Bier.«
»Nein, Harry Rex. Manche Geschworene haben was gegen Anwälte mit Fahne.«
»Du machst dir doch nicht immer noch Gedanken wegen der Jury?«
»Jetzt mach aber mal einen Punkt!«
»Ich muss heute Nachmittag in Smithfield im Gericht sein. Viel Glück. Ich melde mich später.«
»Danke.« Während Jake über die Straße zu seiner Kanzlei ging, wurde ihm bewusst, dass sich Harry Rex seit Montagmorgen kein Wort im Gerichtssaal hatte entgehen lassen.
Dewayne Squire war Prokurist der Berring Lumber Company. Am Donnerstag vor dem Selbstmord waren er und Seth Hubbard wegen einer großen Lieferung Kiefernkernholz an eine Fußbodenfirma in Texas aneinandergeraten. Squire hatte das Geschäft ausgehandelt und dann zu seiner Überraschung erfahren, dass sein Chef sich später selbst mit der Firma in Verbindung gesetzt und einen niedrigeren Preis vereinbart hatte. Den gesamten Donnerstagvormittag über war es hin und her gegangen. Beide Männer waren verärgert gewesen, aber irgendwann war Squire klar geworden, dass Seth nicht er selbst war. Arlene Trotter war nicht im Büro gewesen und hatte daher von dem Konflikt nichts mitbekommen. Einmal war Squire in Seths Büro gegan gen, da hatte er den Kopf in die Hände gestützt und über Schwindel und Übelkeit geklagt. Als sie später miteinander gesprochen hatten, konnte sich Seth nicht mehr an die Einzelheiten des Vertrags erinnern. Er hatte Squire beschuldigt, einen zu niedrigen Preis vereinbart zu haben, was erneut zu einer Auseinandersetzung geführt hatte. Als Seth um drei Uhr ging, war das Geschäft beschlossene Sache gewesen, und Berring sollte letztendlich zehntausend Dollar damit verlieren. Soweit Squire wusste, hatte Seth Hubbard bei keinem anderen Kundenauftrag so viel Geld in den Sand gesetzt.
Er beschrieb seinen Chef als desorientiert und sprunghaft. Am folgenden Morgen hatte er das Forstland in South Carolina mit beträchtlichem Verlust verkauft.
Jake war durchaus bewusst, dass Wade Lanier jetzt gewaltig Druck machte, um die Sache noch vor dem Wochenende an die Geschworenen übergeben zu können. Jake musste Zeit gewinnen, daher legte er beim Kreuzverhör die Finanzdaten von Berring vor und ging sie mit Squire durch. 1988 war das erfolg reichste Geschäftsjahr der letzten fünf Jahre gewesen, obwohl die Gewinne im letzten Quartal, nach Seths Tod, eingebrochen waren. Während die Geschworenen zunehmend das Interesse verloren, sprachen Jake und Squire über die Performance des Unternehmens, Aufträge, Strategien, Kosten, Probleme mit Arbeitskräften, Anlagenabschreibung.
Zweimal mahnte Richter Atlee: »Kommen Sie zum
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