Die Erbin der Nacht: Roman (German Edition)
und der Sterne gegeben. Nach und nach haben sich die anderen verbliebenen Häuser auf die eine oder andere Seite gestellt: Die Krieger und die See bleiben bei der Nacht; die Priesterhäuser bei den Sternen – und das Haus der Rose hat sich in sich selbst zurückgezogen.
Haus gegen Haus, Krieger gegen Priester, darin liegt das Herz der Finsternis, die die Derai befallen hat. «
Der Graf schwieg. Plötzlich war der Wind sehr laut, wie eine fremde Präsenz, die weinte und stöhnte und dabei einen Eingang suchte. Rowan Birkenmond schwieg ebenfalls, als ob sie der wilden Stimme des Walls lauschte. » Das ist wirklich eine sehr finstere Geschichte « , sagte sie schließlich. » Bisher habe ich immer gedacht, dass eure Priester die Derai verraten hätten. Doch in deiner Geschichte war Aikanor derjenige, der den ersten Verrat beging, so wie er am Ende auch der Erste war, der die Friedensschwüre brach. «
Der Graf presste die Lippen aufeinander. » Offenbar hatte Aikanor selbst Priestermächte « , sagte er widerwillig. » Damals hatten viele Krieger Alte Kräfte, so wie Priester die Kriegskünste lernten. Aikanor war von den Kriegerpriestern ausgebildet worden, bevor er Erbe wurde. Man sagt, dass es unter seinen Wachen noch einige wie ihn gab. Deshalb schließt der Schwur insbesondere diejenigen vom Blut mit Priestermächten davon aus, jemals die Derai anzuführen. Dadurch sollen wir vor solchen wie Aikanor geschützt werden. «
» Also der Geschichte nach gab es eigentlich dreimal Verrat. « Rowan Birkenmond sprach langsam. » Die Verbrechen von Aikanor, mit denen alles begann, die darauf folgende Missachtung der Priester und schließlich die verhängnisvolle Tat Xerias. Der Verrat der Priester, die Xeria halfen – wenn man das Verrat nennen kann –, scheint noch die geringste dieser finsteren Taten. Dennoch werden diese durch den Schwur bestraft. «
Der Graf runzelte die Stirn. » Du verstehst es immer noch nicht « , sagte er. » Sie waren alle von der Priesterschaft, jeder Einzelne von ihnen: Aikanor, Xeria und diejenigen, die ihr Unterkunft gewährten. «
» Aber der Tempel tat doch sicherlich das Richtige, indem er Xeria Zuflucht gewährte? « , protestierte sie.
Der Graf schüttelte den Kopf. » Die Derai sind ein Waffenvolk. Die Grafen und ihre Erben sind zuallererst Kriegsführer, deren Befehle vom Haus und der Burg befolgt werden müssen. Alle anderen Erwägungen müssen zweitrangig sein. Es darf keine Ausnahmen oder Sonderfälle geben. «
» Aber wie kann es denn richtig sein « , fragte Rowan Birkenmond, » einen Befehl zu befolgen, der so offensichtlich falsch ist? Er verstößt gegen moralische Gesichtspunkte und gegen alle Werte der Derai, die auf ehrenhaftem Verhalten und Gastfreundschaft beruhen. Kann ein Graf seine Hauptleute anweisen, böse Taten zu vollbringen? Taten, die nicht einmal Bestandteil des Kriegs sind, wie du ihn führst? Und nur deswegen, weil die Derai zuerst eine Armee und dann Menschen sind? « Sie zögerte und fügte dann leise hinzu: » Glaubst du das wirklich, Tasarion der Nacht? «
Er schaute von ihr weg. Sein Mund war zu einer harten Linie geworden. Er liebte sie, aber wer war sie, dass sie die Derai infrage stellte? Das Wintervolk war kaum mehr als ein Haufen Nomaden; herumziehende Jäger, die weit weg vom Wall der Nacht hausten und niemals das Entsetzen des Schwarms kennengelernt hatten. Sie hatten auch nie die bitteren Opfer erlebt, die man bringen musste, wenn man sich ihm entgegenstellte. Doch auch, wenn sie es nicht wussten, es war allein der Derai-Wall, der all die ungefährdeten, selbstgefälligen Völker von Haarth davor schützte, vom Schwarm überrannt zu werden.
Der Graf mäßigte sich und hörte das Echo der Verachtung seines Vaters, wenn er von Außenstehenden sprach und sie Blutsauger nannte, die sich vom Blut der Derai ernährten. Es war immer irrelevant gewesen, ob der Alte Graf die Priester oder die Außenstehenden mehr verachtete. Dieser Gedanke wurde von einem kurzen Gewissensbiss begleitet, denn genau diese Nomaden und Jäger hatten ihn und seine Gefolgsleute vor drei Jahren vor dem Tod im Schnee bewahrt. Anschließend war Rowan aus Liebe und aus keinem anderen Grund mit ihm zum Wall der Nacht zurückgekehrt.
Er rief sich ins Gedächtnis, dass sie das Recht hatte, die Welt aus einem anderen Blickwinkel als die Derai zu sehen. Sein Ärger verflog. » Nein « , sagte er leise, » ich finde es nicht richtig, im Namen der Sache der Derai Böses zu
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