Die Erbin der Nacht: Roman (German Edition)
Gezeter des Verrats. Es ist, als ob sie willentlich blind und taub wären! «
» Sie haben Angst, Geliebter. « Ihre Stimme war weich. » Das hast du selbst gesagt. Sie suchen nach einem leichten Sieg, um sich besser zu fühlen. «
Er streichelte ihr Haar mit einer sanften Berührung. » Wie kommt es « , fragte er, » dass du so weise geboren wurdest? « Sie antwortete nicht. Nach einer Weile sprach er wieder in die Dunkelheit über ihrem Kopf. » Was denkst du gerade, Frau des Wintervolks? «
Ihre Stimme war bei ihrer Antwort ernst. » Ich denke, Mann der Derai, dass du von einem unversöhnlichen und unflexiblen Volk abstammst, wenn es seine Feindseligkeit über so viele Generationen nährt. «
» Ich nehme an « , sagte er in einem Aufflackern von Galgenhumor, » dass du die dunkle Seite der Eigenschaften siehst, die uns befähigt haben, dem Schwarm für weit länger als fünfhundert Jahre die Stirn zu bieten. Mag sein, dass wir Derai ein zweischneidiges Schwert geworden sind, das wir gegen uns selbst und unseren Feind einsetzen. «
» Vielleicht seid ihr das « , stimmte sie leise zu, » denn selbst du, mein Graf der Nacht, hast eine Ehefrau verloren, und nun wirst du deine Tochter und Erbin genau demselben Blutschwur opfern. «
Der Graf schüttelte den Kopf. Der Gedanke an Malian war immer noch ein schmerzhafter Splitter, der in sein gepanzertes Herz glitt. » Meine Tochter « , dachte er, » das Kind meiner Jugend und meiner Liebe. Wie kann ich es ertragen, dich loszulassen – doch ich muss es tun. «
» Der Schwur bindet uns alle « , sagte er schließlich. Dabei sprach er genauso zu sich wie zu der Frau an seiner Seite. » Letzten Endes muss ich zuerst der Graf der Nacht sein, bevor ich Ehemann oder Vater bin. « Oder Geliebter. Die Worte hingen zwischen ihnen in der Luft. » Das Haus der Nacht schaut zu seinem Grafen auf, um Gerechtigkeit zu erfahren, egal, was es den Einzelnen kostet. «
» Jawohl « , dachte er und verschränkte seine Arme unter dem Kopf. Er starrte in die Dunkelheit, als ob er dort die Antworten finden könnte. » Ich bin der Graf der Nacht, und ich werde tun, was ich tun muss. Ich bin noch nicht bereit, das Haus der Nacht fallen zu sehen und mit ihm die Derai-Allianz. Ebenso wenig werde ich dasitzen und darauf warten, dass meine Feinde sich nach Gutdünken zeigen. Ich werde sie aufspüren, jeden Einzelnen, ohne Pause. «
» Ich werde tun, was immer ich tun muss. « Er wiederholte die Worte laut und hoffte, dass sie der Wahrheit entsprachen – dass er die Kraft hatte, dieses Haus und die Derai-Allianz zusammenzuhalten, egal wie bitter der Weg war. Neben ihm drehte sich Rowan Birkenmond um.
» Das hast du doch immer, oder nicht? « , sagte sie. Der Wallwind tönte schrill und wurde zu einem Berserkerkreischen, als der Sturm ausbrach.
16 Winterfrau
Das Feuer auf dem Rost war heruntergebrannt. Der Atem des Grafen ging in den Rhythmus des Schlafes über. Rowan Birkenmond hielt ihn weiterhin fest und lauschte dem Toben des Sturms. » So viel Blut « , flüsterte sie, » so viel Kummer und Schmerz. Und du bist mitten darin, mein Mann des Friedens, gefangen im Maul des Krieges. «
Sie war voller Kummer für ihn. Doch sie war sich nicht sicher, was sie mehr entsetzte: die furchtbare Realität des Schwarmangriffs und seine Nachwirkungen oder die schreckliche Geschichte des Großen Verrats. Sie hatte die Bitterkeit seit dem Angriff auf so vielen Gesichtern gesehen und in einigen Fällen offene Feindseligkeit ihr gegenüber. Außenstehende, sagten diese unnachgiebigen Blicke, Feind. Das stand nicht in allen Augen zu lesen, doch sie hatte es oft genug bemerkt. Sogar Nhairin war dazu übergegangen wegzuschauen, statt ihrem Blick zu begegnen. Rowan waren auch die versteckten Blicke zwischen den herbeigerufenen Ratsmitgliedern, die Asantirs Bericht über die Vorgänge in der Alten Burg hören sollten, nicht entgangen. Sie rechneten sich rasch aus, dass der Graf schnell einen anderen Erben zeugen musste, wenn er seine Erbin ans Tempelviertel verlor.
» Und dann muss er die unerwünschte Geliebte loswerden, die eine Außenstehende ist « , murmelte Rowan. Als ob sie gerne hierhergekommen wäre zu diesem elenden, abstoßenden Wall. Sie erinnerte sich an die Derai-Überlebenden, die an der Grenze zum Winterland in ihr Lager gestolpert waren. Sie waren halb tot, weil sie der Kälte ausgesetzt gewesen waren, und erschienen ihr dennoch finster und eindrucksvoll. Es war ein Wunder, dass
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