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Die Erbin der Nacht: Roman (German Edition)

Die Erbin der Nacht: Roman (German Edition)

Titel: Die Erbin der Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Lowe
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Nhairin hat bereits darum gebeten, dass ich ihr erlaube, diese Reise mit dir zu machen « , sagte der Graf schließlich, »doch sie kann nicht bei dir im Tempel der Burg der See bleiben. « Seine Augen forschten erneut in ihrem Gesicht. Sie begegnete seinem Blick mit vorgetäuschter Ungezwungenheit. » Die Entscheidung, ob sie den Jungen gehen lassen oder nicht, wird beim Tempel liegen « , sagte er schließlich. » Ich werde ihnen nicht in einer Angelegenheit Befehle erteilen, die nicht das Wohlergehen des Hauses oder der Burg betrifft. Doch ich werde in deinem Namen fragen, und ich glaube, sie werden zustimmen. « Er zuckte mit den Schultern. » Wie ich höre, wird ohnehin darüber gesprochen, ihn in einen anderen Tempel zu schicken, da er einen störenden Einfluss ausüben könnte, wenn er hierbleibt. «
    » Genau wie ich « , dachte Malian. Sie fragte sich kurz, wie die Burg der See wohl reagierte, wenn man zwei ›störende Einflüsse‹ zu ihnen schickte. Doch vielleicht würde sich ihnen diese Frage ja gar nicht stellen. Sie blinzelte und merkte, dass ihr Vater sie eindringlich musterte, als ob er spürte, dass ihm etwas entgangen war. » Würde es dir gefallen, wenn Nhairin und dieser Junge mit dir gingen? « , fragte er.
    Malian fragte sich nicht ohne Bitterkeit, ob es einen Unterschied machte, wenn es ihr nicht gefiele.
    Doch sie sagte nur: » Es wird mir gefallen, wenn ich nicht alleine gehen muss. « Das entsprach teilweise der Wahrheit. Allerdings wäre es ihr viel lieber gewesen, wenn Nhairin nicht Teil ihrer Eskorte gewesen wäre. Die Hofmarschallin kannte sie zu gut. Es war schwer, sie zu täuschen. Ihre Anwesenheit würde die Flucht schwerer machen.
    » Derartige Reisen sind nie einfach « , stimmte der Graf zu. » Und noch schwieriger, wenn man sie alleine antreten muss. « Sein Ausdruck wurde finster und grübelnd. Malian beobachtete, wie der Feuerschein auf seinem Gesicht spielte, und fragte sich, ob irgendjemand wirklich seine Gedanken oder sein Herz kannte. Sie kannte beides jedenfalls nicht, auch wenn sie seine Tochter war. Es schien jetzt auch unwahrscheinlich, dass es ihr je vergönnt sein würde.
    Ihr Vater schaute ihr wieder in die Augen. » Da ist noch etwas, das du wissen solltest « , sagte er. Malian hörte den Ernst in seiner Stimme und richtete sich auf. » Es betrifft deine Mutter. Bisher habe ich dir immer gesagt, dass sie starb, als du klein warst. Obwohl das der Wahrheit entspricht – oder wir dachten, dass dies der Fall sei –, ist das nur ein Teil der Wahrheit. «
    Malians Herz fing an zu hämmern. Sie merkte, dass sie auf einen Rückschlag wartete, den sie lang vermutet, sich aber nie eingestanden hatte. » Es begann, als du weniger als ein Jahr alt warst « , sagte der Graf. » Deiner Mutter ging es nicht gut, und man entdeckte, dass der Grund für ihre Krankheit das plötzliche Auftreten der alten Kräfte war. Sie waren erst nach deiner Geburt aufgetreten. Anscheinend kann das passieren. Die Kraft schlummert, bis sie durch ein bedeutendes physisches oder emotionales Ereignis ins Leben gerufen wird. «
    Er zögerte, als ob er seine Gedanken ordnete. » Ich war zu der Zeit Erbe, und dein Großvater, mein Vater, war Graf. So lange ich zurückdenken kann, war er von großem Hass gegen diejenigen mit Priesterkräften erfüllt. Für ihn war es unerträglich, dass Nerion diesen Makel in unsere Blutlinie gebracht haben sollte, und er bestand darauf, sie aus diesem Haus zu verbannen, obwohl sie nicht dem Blut der Nacht angehörte. Das Exil, das er benannte, war die Festung des Hauses der Unnachgiebigkeit, das wahrscheinlich der älteste und mit Sicherheit der unnachgiebigste Gegner der Nacht ist. «
    Erneut zögerte der Graf. Zwischen seinen Augenbrauen erschien eine tiefe Falte, und er ballte die rechte Hand zur Faust. Als er fortfuhr, war seine Stimme rau. » Deine Mutter wurde zur Burg der Steine geschickt. Zwei Jahre lang hörten wir kein Wort darüber, wie es ihr ging. Selbst dann erhielten wir nur eine dürftige Botschaft, die uns mitteilte, dass sie gestorben war. Es gab keine Einzelheiten, keine Erklärung. Zu dem Zeitpunkt war ich Graf, doch es erforderte viel Mühe herauszufinden, dass sie Selbstmord begangen hatte. Offensichtlich war sie einfach während eines Wallsturms hinausgegangen. Es war einer dieser Stürme, die dir das Fleisch von den Knochen reißen. Noch später fanden wir heraus, dass sie in der Burg der Steine sehr schlecht behandelt worden war, und zwar so

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