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Die Erbin der Nacht: Roman (German Edition)

Die Erbin der Nacht: Roman (German Edition)

Titel: Die Erbin der Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Lowe
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im Gegenteil. Und falls sie recht hat, bist du verwundbar. Nerion gehörte dieser Burg an, bevor sie überlief. Sie kennt unsere Geheimnisse gut. Genau wie du ist sie als Kind dauernd in der Alten Burg herumgerannt. « Er zog eine Grimasse, als er ihren Ausdruck bemerkte. » Ich finde am Ende immer heraus, was in meiner Burg vor sich geht. Und selbst wenn nicht – es gibt kein Geheimnis, das du vor Asantir verbergen kannst. Sie kommt allem auf die Spur. « Er schüttelte den Kopf. » Doch in der Burg der See wirst du sicher sein. Nerion ist nie dorthin gegangen, obwohl sie von ihrem Blut abstammte. Sie wird die dortigen Gepflogenheiten nicht kennen. «
    » Ich verstehe « , sagte Malian. Sie hatte Halsschmerzen vor Anstrengung, weil sie vor ihm nicht weinen wollte. Also starrte sie unverwandt ins Feuer und kämpfte die Tränen nieder. Seine Worte hallten in ihrem Kopf wider. Sie kennt unsere Geheimnisse gut. Sie erinnerte sich auch an Yorindesarinens Worte jenseits des Tors der Träume: Was das Geheimnis deiner Abstammung betrifft, so schien es gut gehütet. Doch dieser Angriff kann nur bedeuten, dass der Feind es endlich erfahren hat. Der Verdacht der Priesterin Korriya würde auf jeden Fall erklären, wie der Schwarm zu seinem Wissen gekommen war. Allerdings erklärte das nicht, warum der Schwarm der Finsternis so lange gebraucht hatte, um zu handeln.
    Malian ließ ihren Kopf nach vorne fallen, bis ihr Gesicht auf den angezogenen Knien lag. Nach einer Weile spürte sie, wie ihr Vater die Hand auf ihre Schulter legte. Als er sprach, war sein Tonfall schwer. » Wenn Nerion bei dem Schwarm der Finsternis ist, wird sie weder die Jugendfreundin noch die Geliebte, die ich einst kannte, sein. Sie wird auch nicht mehr die Mutter sein, die du verloren hast. Die Götter allein wissen, welch verdrehte Kreatur der Schwarm aus ihr gemacht hat. «
    » Hat der Schwarm das getan « , weinte Malian schweigend, » oder war es der Verrat ihres Ehemanns, ihrer Freunde und ihres Hauses? «
    Sie sprach die Worte nicht aus, wegen der kurzen zärtlichen Geste ihres Vaters und weil sie den Schmerz in seiner Stimme hörte. Doch sie brachte es auch nicht fertig, ihre Arme um ihn zu schlingen und ihre Tränen in den Falten seiner Tunika zu ersticken, wie sie es so oft bei Haimyr getan hatte. Malian atmete tief durch und hob den Kopf.
    » Danke « , sagte sie, so ruhig sie konnte. » Ich musste das wissen. Doch jetzt habe ich über vieles nachzudenken … « Sie hielt inne. » Und ich würde es vorziehen, das allein zu tun. «
    » Ja « , sagte der Graf niedergeschlagen. Er zögerte. Malian dachte, er würde sie daran erinnern, dass er eigentlich mit ihr essen wollte. Doch schließlich seufzte er nur. » Ich werde dich wissen lassen, was der Tempel über den Jungen sagt. Und ich werde dir höchstpersönlich mitteilen, wenn alles für deine Abreise vorbereitet ist. «
    Nachdem er fort war, weinte Malian. Sie warf sich aufs Bett und schluchzte bitterlich. Sie fühlte sich, als ob sie für alles, was geschehen war, weinte: die Angst, die Einsamkeit, das Entsetzen, während sie in der Alten Burg war, die Trauer und Isolation nach ihrer Rückkehr – all das floss auf einer Flut Tränen heraus. Sie weinte auch wegen des grausamen Schicksals ihrer Mutter, und wegen der Möglichkeit, dass Nerion die Eindringlinge des Finsteren Schwarms, die versucht hatten, sie zu töten, angeführt haben könnte. Doch am meisten trauerte Malian um Doria und Nesta, die Trost, Stabilität und Wärme während ihrer einsamen Kindheit gespendet hatten.
    Nach dem großen Tränensturm war sie schlaff und ausgelaugt. Doch allmählich schlichen sich andere Erinnerungen der vergangenen Tage ein: Yorindesarinen auf der Lichtung zwischen den Welten, die Sterne im Haar trug. Die Wärme von Kalans Hand, der tief in der Finsternis ihre Hand hielt. Die unerwartete Freundschaft der Herolde. Und das Wunder des Goldenen Feuers, das sie alle gerettet und es ihr ermöglicht hatte, die anderen heil nach Hause zu bringen. Malians Finger suchten nach dem kalten Silber von Yorindesarinens Armreif. Für einen kurzen Moment sah sie das warme Lächeln der Heldin noch einmal und hörte ihre nachdenkliche Stimme: » Man versprach mir noch auf meinem Sterbebett, dass jemand anders kommen und die Derai einen würde. Diese Person würde sich dem nicht allein stellen müssen, sie würde nicht allein sein. «
    » Und ich bin nicht allein « , sagte Malian, setzte sich auf und wischte sich die

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