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Die Erbin der Nacht: Roman (German Edition)

Die Erbin der Nacht: Roman (German Edition)

Titel: Die Erbin der Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Lowe
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Tränen ab. Es gab Kalan und Haimyr und die Herolde und sogar Hylcarian irgendwo in den Tiefen der Alten Burg. Sie seufzte und sah sich um. Dann blinzelte sie den Wandbehang an der Wand an. Er war irgendwie nicht so wie das letzte Mal, als sie ihn angesehen hatte. Er hatte sich … » verändert « , sagte Malian und glitt auf die Füße. Sie näherte sich ihm und starrte ihn an.
    Der Wandbehang stellte immer noch eine Jagd dar, doch jetzt sah die Beute nicht mehr wie ein Reh aus, sondern wie ein Einhorn: ein kleines Einhorn mit einem schlanken Horn. Die Hunde hatten den Abstand zu ihrer Beute verringert und schienen größer und weißer zu sein. Ihre wilden Augen waren noch tiefroter. Malian konnte sie beinahe bellen hören. Auch die Jäger waren jetzt dichter beieinander und hielten ihre Gesichter abgewandt. Das wenige, das sie von ihren Gesichtern sah, wirkte irgendwie verschleiert und geheimnisvoll.
    Malian zitterte und fühlte sich zutiefst unwohl. Sie wagte es nicht, dem seltsamen Wandbehang den Rücken zu kehren. Sie hatte das Gefühl, als ob die Figuren darin jeden Moment sprechen und sich bewegen würden. Doch obwohl sie angestrengt hinstarrte, blieben sie alle an Ort und Stelle. Dennoch war sie sicher, dass sie sich bewegt hatten. Das Muster hatte sich auf jeden Fall verändert. Sie zwang sich wegzuschauen, wirbelte dann schnell herum und versuchte, die Jagd bei irgendeiner Bewegung oder einem Trick zu erwischen. Doch es gab keine weitere Veränderung.
    Malian schaute den Wandbehang finster an und fragte sich, ob sie sich einreden sollte, dass alles Lichteffekte gewesen waren. Oder ob sie sich wie eine nervöse Närrin vorkommen und die Burgwachen bitten sollte, nicht nur vor der Tür Wache zu halten, sondern auch im Zimmer. » Wegen ein paar Schatten das Stammeln anfangen « , murmelte sie und wiederholte den Satz ihres Vaters. Doch nach den Erlebnissen in der Alten Burg konnte sie nicht anders, als misstrauisch zu sein. Sie beobachtete weiter den Wandbehang und ging rückwärts auf die Doppeltür zu. Noch bevor sie die Hand nach der Klinke ausstrecken konnte, klopfte jemand. » Herein « , rief sie. Eine der Türen öffnete sich, und Nhairin trat mit einem abgedeckten Tablett ein.
    » Ich dachte, ich sollte dir dein Essen selbst bringen « , sagte die Hofmarschallin, » und nachsehen, wie es dir geht. «
    Malian ging zur Seite, um sie hereinzulassen. Dann schloss sie die Tür vor den Nasen der Wachen, die draußen standen. Nhairin stellte das Tablett auf dem Tisch ab, ging das Feuer schüren und ließ es wieder höher brennen. Malian knabberte derweil an den Sachen auf dem Tablett. » So « , sagte die Hofmarschallin schließlich und setzte sich nach hinten auf ihre Fersen. » Das dürfte die Nacht über reichen. « Sie hielt ihre Hände an die Wärme und warf Malian einen Seitenblick zu. Die alte Narbe wurde durch das Licht der Flammen zu einem plastischen Relief. » Also, ich nehme an, dass dein Vater dir von seinen Plänen erzählt hat? «
    Malian nickte. » Doch ich habe das Exil ohnehin erwartet. «
    » Nun « , sagte die Hofmarschallin, » ich habe mich dagegen ausgesprochen, falls das etwas zählt, sowohl privat als auch im Rat. «
    Sie zuckte mit den Schultern. » Nicht, dass das zu etwas geführt hätte. Dein Vater ist zu seinem Vorgehen wild entschlossen. «
    » Danke dir trotzdem « , sagte Malian langsam. » Er sagt « , fügte sie hinzu, » dass du meine Eskorte zur Burg der See anführen sollst. «
    Nhairin schnaubte leise. » Mit diesem Bein? Es wird wohl Lannorth oder eine der anderen Ehrenwachen sein, der die Eskorte führt. Doch ich soll in Ermangelung einer Gouvernante oder sonstigen geeigneten Anstandsdame mitreiten. «
    » Na, Nhairin « , sagte Malian, » du klingst bitter. Das ist sonst nicht deine Art. «
    Die Hofmarschallin seufzte. » Die letzten Tage haben mir die Wirklichkeit vor Augen geführt. Ich war vielleicht früher einmal eine Wache, doch wegen meines gelähmten Beins konnte ich die Eindringlinge nicht abwehren oder einen Rettungstrupp für die Alte Burg aufstellen. Und ich bin ganz sicher nicht geeignet, eine Gruppe in die Wildnis des Walls zu führen. Ich bin wie ein alter Hund, der nach seinen Narben schnappt und sonst zu nichts mehr zu gebrauchen ist. «
    Malian überlegte. » Du könntest mir jetzt helfen « , sagte sie ernst. » Ich würde lieber dich als eine von Lannorths Wachen bitten. «
    Das narbige Gesicht wandte sich ihr vollends zu. » Dir helfen? Wie,

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