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Die Erbin der Nacht: Roman (German Edition)

Die Erbin der Nacht: Roman (German Edition)

Titel: Die Erbin der Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Lowe
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Er nahm die Hand, die sie ihm reichte, und ließ sich von ihr auf die Füße ziehen. Dann sah er sie fragend an.
    » Ich habe gehört, was du sagtest, als Lira starb. Es war, als stündest du neben mir. «
    Jehane Mor wirkte nachdenklich. » Das war entweder ein Trick des Tors der Träume oder Jaransors. Als du aus dem Wachturm tratest, fühlte es sich an, als würde ich dich Schritt für Schritt begleiten. Ich habe deinen Schwur gehört. « Sie schüttelte den Kopf. » Ich war … ein wenig überrascht. Und ich spürte auch eine Veränderung im Muster der Ereignisse. «
    Er erwiderte ihren Blick ernst. » Sie sind beide einen schweren Tod gestorben. Ich dachte, du hättest nichts dagegen. «
    Sie lächelte verhalten. » Hätte es etwas verändert, wenn ich dagegen gewesen wäre? «
    Tarathan hielt ihrem Blick stand. » Natürlich, und das weißt du, aber wir haben diesen Weg vor langer Zeit betreten. Einer Sterbenden mein Wort zu geben verstärkt nur, was wir bereits begonnen haben. Und was die Veränderungen im Muster angeht … « Er hob die Schultern. » Wenn man die Mächte bedenkt, die hier im Spiel sind, wie könnte es anders sein? «
    » Die Veränderung liegt sowieso im Zentrum eines jeden Musters « , bemerkte Jehane Mor. Ihr Gesichtsausdruck war ruhig, aber nicht unbesorgt. » Und wir sind immer noch geeint in diesem Unterfangen, so wie es immer war. «
    Sie zog ihre Hand zurück und stieg in den Sattel. » Nun müssen wir losreiten. Ich werde tun, was ich kann, um unseren Weg durch Jaransor abzuschirmen, aber unsere beste Waffe ist die Geschwindigkeit, wenn wir sie finden wollen, bevor der Sturm losbricht … oder Schlimmeres geschieht. «
    Ihr Pferd hob den Kopf und wieherte den Himmel herausfordernd an, als wolle es ihre Worte unterstreichen. Sie redete beruhigend auf es ein. Tarathan saß ebenfalls auf und lenkte sein Pferd neben das ihre. Sie wandten sich nach Norden, dem Telimbras und Jaransor entgegen. Sie sah zu, als er seinen gekrümmten Reiterbogen aus der Schutzhülle hinter seinem Sattel nahm und ihn über seinen Rücken schlang.
    » Bereit? « , fragte er.
    Ihr Lächeln beantwortete das seine, Stahl traf auf Stahl.
    » Ich reite in deinem Schatten « , sagte sie, dann sprangen beide Pferde gleichzeitig vor, hinein in den Wind.

30 Der Schildring
    Schnee fiel aus einem dunklen Himmel und bedeckte die Mitternachtswelt von Jaransor mit einer weißen Schicht. Er berührte die reglosen, ihm zugewandten Gesichter von Kyr und Lira und trieb fein wie Spitze über die Hügelkuppe, auf der er einen perfekten Kreis rund um die Ruine des Wachturms bildete. Um die abgebrochene Turmspitze wirbelten die Schneeflocken dichter als am Boden. Sie fielen in seinen Schatten, der sich schwarz über den Winterboden ausdehnte. Hunde hechelten und riefen einander mit wildem Bellen, das von der Erde und vom Himmel widerhallte.
    Kalan warf sich unruhig hin und her. Er schlief halb und wachte halb. Seine schmerzende Wunde und das Gefühl herannahender Gefahr zerrten an ihm. Er wusste, dass die Perle an seiner Hand leuchtete, und er hörte die Stimmen der Hunde. Sie bellten in seinen Träumen und versuchten, ihn zu wecken, zum Handeln zu bringen. Langsam kam er auf die Füße. Er verzog das Gesicht, als die Schmerzen unter seinem Arm zunahmen. Egal, ob er nun wach war oder noch schlief, das zumindest war wirklich. Er warf einen Blick auf Malian, die auf der anderen Seite des Feuers an die Wand gelehnt eingeschlafen war. Dann lenkte ihn das Leuchten des Rings wieder ab. Es lenkte seinen Blick auf den Tunnel. Kalan zögerte kurz, dann folgte er der Aufforderung. Mit langsamen Schritten, sich mit einer Hand an der Wand abstützend, ging er auf den Ausgang zu.
    Er blieb im Schatten des Torbogens stehen. Die Welt war erfüllt von sanft herabgleitendem Weiß. Doch noch etwas anderes war dort draußen. Es schlich am Rand seines Schildes entlang, verwirrt, aber suchend, forschend. Kalan sah das wilde Funkeln seiner Augen wie zwei Viridian-Laternen im Herzen tiefster Schwärze. Die Kreatur gab keinen Laut von sich, noch nicht, aber er wusste, welchen Laut er hören würde, wenn sie es tat – und das dazu passende Bild sah er ebenfalls in seinen Gedanken, heraufbeschworen von all den Schriften, die er im Tempel über den Schwarm der Finsternis gelesen hatte.
    » Nachtmahr « , flüsterte er.
    » Vorsichtig, Junge! « Eine schwere Hand legte sich auf seine Schulter. » Benenne eine solche Kreatur nicht laut. Allein die Erwähnung

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