Die Erbin der Nacht: Roman (German Edition)
er. » Nicht so wild wie bei unserer ersten Begegnung. « Er dachte daran, dass der Jagdmeister diesen Ort als das Zuhause der Jagd bezeichnet hatte. » Ihr habt das gewusst. Deshalb habt Ihr mir erlaubt, sie zu rufen. «
Die Maske war reglos. » Deine Not hat uns gerufen « , sagte der Jagdmeister schließlich. » Und wir haben geantwortet, weil du das Symbol trägst. «
Kalan war sich immer noch nicht sicher, ob er den wahren Grund für die Hilfsbereitschaft des Jagdmeisters kannte, aber er war ihm trotzdem dankbar. Er begann zu zittern, und der schwarze Handschuh legte sich wieder auf seine Schulter. » Du hast dich verausgabt, nicht wahr? « , fragte die harte Stimme des Jagdmeisters. » Es ist gut, dass du schon jetzt lernst, dass Geisteskräfte nicht anders sind als körperliche Fähigkeiten. Du kannst sie verbessern und verstärken, aber du kannst dich auch verausgaben. Sei vorsichtig, Junge – Kalan. Erkenne deine Grenzen ebenso wie die Stärken deiner Feinde. «
Die Krähe krächzte, als Kalan nickte.
» Ja, er sollte sich wirklich ausruhen « , sagte der Jagdmeister, als antworte er auf etwas, das Kalan nicht hören konnte. Er nahm seinen Speer und wandte sich dem verschneiten Hang zu. » Geh jetzt, Junge. Schlafe. Ich werde hier wachen. «
Kalan blinzelte und spürte, wie das Gewicht seines Körpers ihn zurück in den Keller zog, der Wärme des Feuers entgegen. Langsam sank er tiefer in den Schlaf hinab. Erst als er ganz unten angekommen war, hörte er die harte Stimme in seinem Geist. » Das war sehr gut, Symbolträger. Du hast einen Schild erschaffen, der die Jagd von Mayanne festhalten konnte. «
31 Der verborgene Turm
Hunde jaulten tief in Malians Träumen, doch eine andere Stimme, geprägt von Dunkelheit und Licht, übertönte sie: » Auserwählte von Mhaelanar, innig Geliebte der Neun. «
» Ich bin hier « , sagte Malian. » Wer ist dort? «
Nur die Nacht antwortete ihr, das Seufzen des Windes zwischen den schroffen Felsen und das Flüstern des fallenden Schnees, so sanft wie der Tod und ebenso leise. In dem Tunnel unter der Hügelkuppe gab es nur Dunkelheit und die unaufhörlich knirschende Stimme des Steins innerhalb der Erde. Ärger mahlte in dieser Stimme, eine langsam brennende Wut, die im Bellen der Hunde, die eine Gestalt durch die Schatten hetzten, widerhallte. Malian lief mit der rotäugigen Meute und versuchte, sich nicht abhängen zu lassen. Der Tunnel verwandelte sich in die Gänge der Neuen Burg. Die Winkel, aus denen sie alles betrachtete, wirkten seltsam, so als hinge sie von der Decke oder bewegte sich durch die Wände. Sie hasste das Licht und dürstete mit einer Gier, die nicht die ihre war, nach Blut und Tod.
Vergeltung. Das Wort hallte durch Säle und Gänge, als die Hunde erneut heulten. Sie spürten Zerstörung und Verderben. Furcht kroch durch die stillen Räume, und Malian sah, wie Diener und Pagen angsterfüllt über ihre Schultern blickten und die Schatten anstarrten. Rache.
Die Hunde heulten und rannten durch die Schatten, aber ihre Beute wich ihnen aus und verschwand in der Dunkelheit. Blut.
Still wie ein fallendes Blatt trieb Malian durch die vertrauten Säle und betrachtete die Spur der Gefallenen: Zwei Wächter lagen im Hof in ihrem eigenen Blut, einen dritten fand sie auf der Treppe, die zu den Stallungen führte. Ein junger Priester verharrte in Totenstarre auf der Schwelle zu Mayannes Tempel. Entsetzen hatte sich in sein Gesicht gegraben.
Die Toten, das erkannte Malian, als sie von den Kuppeldächern blickte und wie ein Geist durch Torbögen schlich, waren diejenigen, die gegen den Sirenenwurm gekämpft hatten. In ihrem Kopf wechselten sich Bilder ab: Räume, Menschen, sprechende Stimmen.
» Vergeltung und Rache « , sagte Schwester Korriya mit einem Blick auf das uralte Buch, das vor ihr lag. » Er wird uns holen, so wie er Torin und die Wachen geholt hat. Selbst die Wyrhunde können ihn nicht finden. « Die Gesichter, die sie anstarrten, waren jung und voller Furcht. Sie gehörten all denen, die mit der Priesterin zur rotweißen Suite gegangen waren – allen, außer Torin, der bereits tot war.
Der Graf der Nacht hob sein hartes, düsteres Gesicht und starrte Asantir an. Sie standen in der kleinen Kammer.
» Findet den Dämon und tötet ihn. Wie viele müssen wir denn noch verlieren? «
Zu einer späteren Stunde in einem anderen Raum betrachtete Asantir die schwarzen und weißen Figuren auf einem Schachbrett. » Blutfehde « , sagte sie leise.
Weitere Kostenlose Bücher