Die Erbin der Nacht: Roman (German Edition)
nicht auf diesen Klauen; er trieb über das Wasser wie Rauch. Sein pferdeartiger Kopf wandte sich Malian zu. Er öffnete sein samtschwarzes Maul, und Kalan sah zwei Reihen rasiermesserscharfer Fänge darin.
Dann entdeckte er fünf Reiter, die ein kurzes Stück hinter der Furt warteten. Vier von ihnen trugen Rüstungen und geschlossene Helme, die wie groteske Vögel oder Bestien geformt waren, der fünfte trug einen schwarzen Umhang und saß reglos auf einem schwarzen Botenpferd.
Der Nachtmahr, erkannte Kalan, musste sich selbst und die Reiter hinter einem Zauber verborgen haben. Zu spät fielen ihm die Worte des Jagdmeisters ein. Er hatte ihn vor dem Geruchssinn des Dämons, der bei Tag praktisch blind war, gewarnt. Die stumpfen Augen richteten sich nun auf Malian. Die Entfernung zwischen ihr und dem Nachtmahr war so gering, dass es aussah, als könne er sie mit einem Sprung überwinden. Der Dämon streckte seinen schrecklichen Kopf vor, und die Mähne aus Schlangen zischte und schnappte erwartungsvoll.
Kalan zwang sich, auf den Fluss zuzugehen, obwohl sich seine Glieder wie Blei anfühlten und Übelkeit in seinem Magen aufstieg, als er den Verwesungsgestank des Nachtmahrs roch. Er hielt an, würgte Galle, bückte sich und hob einen großen Stein auf. Das war albern, das wusste er – ein Stein gegen gepanzerte Krieger und einen Dämon des Schwarms, aber er hielt ihn trotzdem fest und zwang sich weiterzugehen.
Malian wich nicht mehr zurück, so als habe sie erkannt, dass ein Rückzug ihr nicht gegen den Nachtmahr helfen würde. Stattdessen blieb sie mit erhobenem Kopf stehen und richtete ihren Blick auf die Reiter hinter dem Nachtmahr. » Was macht ihr mit Nhairin? « , fragte sie laut. » Sie gehört zum Gefolge des Hauses der Nacht. Gebt sie sofort frei! «
Kalan fragte sich, wieso er nicht sofort gesehen hatte, dass es sich bei der Gestalt mit dem Umhang um Nhairin handelte. Ihr Botenpferd wirkte unruhig und nervös. Einer der anderen Reiter hielt seine Zügel fest. Aus dem breiten Maul tropfte Schaum. Nhairin blieb reglos im Sattel sitzen.
» Was habt ihr mit ihr gemacht? « , fragte Malian mit rauer Stimme.
» Deine Lage erlaubt es dir nicht, Forderungen zu stellen, Erbin der Nacht. « Eine Stimme aus Rauch und Schrecken, erfüllt von Echos, hallte durch Kalans Geist. Er erschauerte, nahm den Stein fester in die Hand und fragte sich, wie Malian dem Nachtmahr gegenübertreten konnte, ohne zu würgen oder vor dem entsetzlichen Gestank zurückzuweichen. Doch zumindest von hinten – er konnte ihr Gesicht nicht sehen – wirkte sie entschlossen.
» Die Nacht hält treu zu den ihren, Ausgeburt der Finsternis. Was auch immer ihr Nhairin angetan habt, ihr werdet sie nicht bekommen. «
» Ehrenhafte Worte « , sagte die Gedankenstimme ironisch, » aber wie du sehen wirst, ist nicht mehr viel von ihr übrig, was man bekommen könnte. Doch zuerst sollten wir herausfinden, was du gegen mich ausrichten kannst, kleine Erbin. «
Malian ballte die Fäuste. » Vielleicht nichts « , sagte sie, » aber ich werde es versuchen. «
Der Nachtmahr hob seinen schrecklichen Kopf, und die stumpfen Augen glitzerten. Macht schlug wie eine Axt in Kalans Geist. Er taumelte und hätte beinahe den Stein fallen lassen. Boshaftes Gelächter hallte in ihm wider, als Malian ebenfalls taumelte.
Der Nachtmahr stieß eine graue, stinkende Wolke aus, die über das Wasser auf Malian zukroch. Und dann geschah alles gleichzeitig.
Malian stieß einen Kampfschrei aus, hob die Wasserschläuche, die neben ihr lagen, auf und schleuderte sie dem Nachtmahr entgegen. Der Dämon knurrte, als sie seine weichen Nüstern trafen; die Wolke wurde dichter und bewegte sich schneller. In diesem Moment ertönte ein heiserer Schrei von oben, und ein gewaltiger Falke stieß aus dem Himmel und landete auf dem Gesicht des Nachtmahrs. Mächtige Schwingen schlugen nach der Schlangenmähne, während Klauen sich in die stumpfen Augen bohrten.
Der Nachtmahr knurrte und zog sich zurück. Die Krieger fluchten und griffen nach ihren Bogen. Einer von ihnen zielte nach dem Falken, der emporgeflattert war und nun zu einem zweiten Angriff ansetzte.
» Nein! « , schrie Kalan. Er nahm Anlauf und warf den Stein mit all der Kraft, die er in seiner Verzweiflung aufbringen konnte. Er flog über den Fluss und schlug gegen den Ellenbogen des Kriegers. Der Pfeil verfehlte sein Ziel. Der Helm drehte sich in Kalans Richtung, dann rückten die Krieger vor, um in den Kampf
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