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Die Erbin der Nacht: Roman (German Edition)

Die Erbin der Nacht: Roman (German Edition)

Titel: Die Erbin der Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Lowe
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Verbot wurde von jeder Festung entlang des Derai-Walls durchgesetzt.
    Malian kannte natürlich die Geschichte. Jedes Derai-Kind musste sie von klein auf lernen. Es geschah am Ende des Bürgerkriegs, etwa fünfhundert Jahre zuvor, während des Festmahls, das einen lang anhaltenden Waffenstillstand besiegeln sollte. Der Friedensbecher wurde herumgereicht. Doch einige der Anwesenden tranken nicht daraus, sondern ergriffen ihre Waffen und metzelten ihre Gäste nieder. Der Schatten dieser Nacht des Todes hing immer noch über der Derai-Allianz und verfolgte die Neun Häuser mit seinem Vermächtnis von Blutfehde und Misstrauen. Die Spaltung wurde von einer Generation an die nächste weitergereicht und ließ Haus gegen Haus, Krieger gegen Priester und Familienangehörige gegen ihre Familien kämpfen.
    Malian sah, dass sie trotz allem der Gruppe ihres Vaters voraus war und blieb im Schatten der Hallentür stehen. Sie betrachtete das große Banner, das direkt über dem leeren Stuhl des Grafen hing. Das geflügelte Pferd der Nacht wurde während des Absprungs in die Luft dargestellt. Es war mit Silberfäden und Diamanten in den schwarzen Stoff eingewebt, und seine entfalteten Schwingen glänzten im Licht. Malians Herz schlug schneller, wie immer, wenn sie das Banner ihres Hauses sah. Sie wusste, diese Flagge führte die Derai-Allianz seit jeher an, denn die Fäden der alten Standarte wurden mit äußerster Sorgfalt herausgezogen und in das neue Material eingewoben. Die Helden Telemanthar und Kerem hatten in ihrem Schatten gekämpft, und dieses geflügelte Pferd war Yorindesarinen gefolgt, als sie die Derai anführte.
    Leise ging Malian zum Sitz des Erben, der auf halbem Wege durch die Halle auf seinem eigenen, überdachten Podest stand. Die Krieger und Bewahrer der Nacht versammelten sich um sie herum. Die Spannung stieg. Natürlich gab es keine weiteren Heiler. Die Burg der Winde hatte ihr eigenes Tempelviertel. Doch jene, die dort dienten, waren vom Alltagsleben der Burg ausgeschlossen, wie es seit fünfhundert Jahren der Fall war.
    Ebenfalls vor fünfhundert Jahren waren die Wände der Burg zum letzten Mal vom Goldenen Feuer erhellt worden, das einst das Herz und die Stärke der Derai-Allianz gewesen war. Man redete jetzt nicht mehr viel über den Verlust des Feuers, und wenn, dann nur flüsternd. Allerdings behaupteten einige, dass es lediglich tief im Herzen der Neun Burgen schlief. In der Stunde der größten Not der Derai würde es wieder erscheinen.
    Das war eine tröstliche Geschichte. Malians Zweifel waren jedoch gewachsen, als sie älter wurde und lernte, dass das Goldene Feuer nur von den Derai herbeigerufen und benutzt werden konnte, die man als » Das Blut « kannte. Das Blut schloss die Grafen der Neun Häuser und ihre Blutsverwandten ein. Diese waren aber im Laufe der Generationen seit dem Bürgerkrieg immer weniger geworden und damit auch die Fähigkeit der Derai, das Goldene Feuer zu führen – sollte es jemals zurückkehren. Malians Unbehagen hatte sich noch verstärkt, als sie nachts wachgelegen und den Unterhaltungen der Wachen und Bediensteten in den äußeren Räumen gelauscht hatte. » Was, wenn es in der Nacht des Todes zu grauer, kalter Asche verbrannt ist? Was wird dann aus der Derai-Allianz, wenn der Schwarm sich wieder erhebt und die Flut seiner Finsternis stark und kalt über den Wall hinweg hereinbricht? «
    » Tja, was wird dann? « , fragte sich Malian und erschauerte. Der Konflikt zwischen den Derai und dem Schwarm war seit ihrer Ankunft auf dieser Welt zwar auf Eis gelegt, doch die Geschichte lehrte sie, dass solch ein Stillstand niemals von Dauer war. Außerdem hatte sie die Berichte der Späher der Nacht gesehen, die vermuten ließen, dass sich die dunkle Macht des Schwarms wieder rührte. Dennoch hielt dieser Stillstand jetzt schon so lange, dass viele in der Allianz die Existenz des Schwarms in Frage stellten. Die Finsternis entlang des Walls, so behaupteten diese Derai, war schlicht ein natürliches Phänomen dieser Welt. Gleichzeitig seien die widerlichen Kreaturen, die entlang der Pässe und Schluchten des Walls hausten, Eingeborene von Haarth und keine Aasfresser oder Plünderer des Schwarms. Das wahre Problem, so die Zweifler, bestehe nicht in diesen Plagen, sondern in den internen Feindseligkeiten, die seit dem Bürgerkrieg die Derai-Häuser erfüllten.
    Malians Vater hatte ihr diese Situation an einem der wenigen Tage, an denen er die Ruhe fand, mit ihr auf den Mauerzinnen

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