Die Erbin der Nacht: Roman (German Edition)
an Krankheiten oder irgendwelchen Unfällen. «
» Das könnte Zufall gewesen sein « , sagte Malian. Yorindesarinen zuckte lächelnd mit den Schultern.
» Ein glücklicher Zufall für den Schwarm. Was das Geheimnis deiner Abstammung betrifft, so schien es gut gehütet. Doch dieser Angriff kann nur bedeuten, dass der Feind es endlich erfahren hat. Täusche dich nicht, auch der Schwarm glaubt, dass du die Auserwählte bist, die Die-da-kommen-soll. « Ein kurzes Aufflackern echter Belustigung ersetzte das dünne Lächeln. » Der Schwarm der Finsternis und ich können uns natürlich irren, doch du hast letzte Nacht das Goldene Feuer zum ersten Mal seit fünfhundert Jahren erweckt. Oder es erhob sich, um dich zu beschützen. Das spricht für sehr große Macht, Malian der Nacht. «
Malian schauderte. » Sogar damit habe ich nur haarscharf überlebt. «
Yorindesarinen nickte, und ihr Gesicht verdüsterte sich wieder. » Und jetzt wird der Schwarm nicht ruhen, bis du tot bist. Dieser Angriff war nur der Anfang. Die Derai-Allianz ist nach so vielen Jahren des Aderlasses nicht mehr stark genug, um dich zu beschützen. « Sie seufzte. » Zu spät wird den Derai der bittere Preis für die Torheit, ihre einst so großen Kräfte verkümmern zu lassen, bewusst werden. Doch du, meine Liebe, darfst kein Teil dieser bitteren Rechnung werden. Du musst vor dem Feind fliehen und dich verstecken – und außerhalb der Derai nach Hilfe suchen, um deine Kräfte weiterzuentwickeln. «
» Bei so etwas wie der Gilde? « , fragte Malian. Sie erinnerte sich an die Kraft, die sie bei den Herolden gespürt hatte, denen sie in der Hohen Halle begegnet war, und an ihren durchdringenden Blick.
» Vielleicht « , sagte die Heldin. » Doch obwohl die Derai angefangen haben, Gesandte mit Geschenken und süßen Worten in die Städte entlang des Stroms zu schicken, gibt es in dieser Welt noch mehr Kräfte, als die Derai vermuten – oder als auch der Schwarm vermutet. «
Malian schüttelte den Kopf. » Aber den Wall verlassen … Und ich kenne diese anderen Kräfte nicht. Wie soll ich zwischen Feinden und Freunden unterscheiden? «
» Du musst lernen, sie zu erkennen « , sagte Yorindesarinen. » Genau darum geht es. Nicht alle Kräfte, die sich bewegen und sich um dich sammeln, sind Feinde. Es gibt auch viele Freunde; einige offen und einige verborgen. Doch du musst gut versteckt bleiben, bis du deine volle Kraft erreicht hast. Ihr beide « , fügte sie hinzu und sah von einem zum anderen, » müsst gut versteckt bleiben. «
Sie verfiel in Schweigen und starrte ins Feuer, als ob sie die beiden aus ihren Gedanken verbannt hätte. Malian starrte ebenfalls ins Feuer und begann allmählich, sich zu entspannen. Die rasenden Kopfschmerzen, die sie in der Alten Burg handlungsunfähig gemacht hatten, waren irgendwann in der Zeit zwischen ihrem Eintauchen in den Nebel der goldenen Tür und ihrem Auftauchen in dem dunklen Wald vergangen. Jetzt legte sich auch ihre Erschöpfung. Sie sah, wie die Spuren der Anspannung in Kalans Gesicht ebenfalls nachließen. Sie seufzte tief und verschränkte die Arme um ihre angezogenen Knie.
Das Feuer war nicht groß, aber es brannte sehr hell. Die Wellen der Flammen waren flüssig und veränderten sich ständig. Malian fühlte sich von dem Muster aus Weiß, Lavendel und blassem Safran, das im Herzen des Feuers flackerte, angezogen. Sie starrte in den Glanz, bis sie sich selbst wie aus Feuer gemacht fühlte. Sie ließ ihre Wahrnehmung mit dem weißglühenden Kern verschmelzen. Genau wie in ihrem Traum brannten die Flammen heftig, verschlangen sie aber nicht, und das Feuer wurde zu einem Fenster. Doch diesmal sah sie nicht in einen vom Feuer erleuchteten Raum, sondern Malian schaute aus großer Höhe auf eine Welt hinunter, die sie nicht kannte.
Die Landschaft bestand aus flachen, abgerundeten Hügeln und gezackten, aufragenden Felsen unter einem merkwürdig purpurnen Himmel. Eine Reihe Krieger ritt in Zweierformation durch einen engen Bergpass. Der Himmel über ihnen verdunkelte sich von lavendel- zu pflaumenfarben. Angreifer schienen sich aus dem Boden zu erheben, stürmten vorwärts und schlugen wild um sich. Schwerter schwangen auf und nieder. Malian, die nichts tun konnte, außer zuzusehen, hörte die Schreie der sterbenden Männer und Pferde. Die Reiter versuchten, sich um ihren Anführer zu scharen, um einen Fluchtweg für ihn offenzuhalten, aber es waren zu viele Angreifer. Ein Reiter nach dem anderen fiel, bis
Weitere Kostenlose Bücher