Die Erbin der Nacht: Roman (German Edition)
Du musst deine Pflicht tun. Das Feuer heißt Hylcarian. Er ist der älteste Verbündete der Nacht und seit Anbeginn an euer Haus gebunden. «
» War er nicht schon einmal hier « , sagte Malian skeptisch , » um den Priestern im Kampf zu helfen? «
» Das war nicht Hylcarian « , erklärte Yorindesarinen immer noch geduldig, » sondern ein Überbleibsel des Feuers, das vor langer Zeit in ihre Kegel eingebunden wurde, um genau so einer Situation zu begegnen, der sie ausgesetzt waren. Das Restfeuer reichte aus, um das Irrlicht zu bekämpfen, aber nicht, um den Schwarm der Finsternis zu vernichten, da nur das Blut das Goldene Feuer herbeirufen kann, damit es tötet oder verschlingt. Jetzt rufe Hylcarian, solange noch Zeit ist! «
Der ganze Leichenhaufen zuckte jetzt und wand sich wie Maden. Genauso widerlich waren die Leichen auch für die entsetzten Beobachter. » Die Neun mögen uns behüten! « , murmelte Sarus. » Wie im Namen aller Neun sollen wir etwas töten, das bereits tot ist? «
Malian trat vor und schüttelte Asantirs Hand von ihrer Schulter ab. » Ihr sollt das nicht « , sagte sie leise, » aber ich werde es tun. «
Sie strich ihr verfilztes Haar zurück und rollte die Ärmel auf. Auf ihrem Arm brannte der Armreif mit kaltem Feuer. Jetzt, da der erste Schritt gemacht war, schien sie instinktiv zu wissen, was sie zu tun hatte. Sie öffnete ihren Geist für die Weite der Alten Burg, Steinschicht für Steinschicht, von ihrem geheimen Innersten bis zu ihrer verlassenen Krone mitten in den windgepeitschten Gipfeln des Walls. Sie spürte Kalans Geist wie einen Anker hinter sich. Er war so unerschütterlich wie die Steine, aus denen die Burg gebaut war. Dann schickte sie ihren Geist hinaus, um das Goldene Feuer herbeizurufen. » Hylcarian! Ich, Malian vom Blut der Nacht, rufe dich mit dem Recht der uralten Bande zwischen deinesgleichen und den Derai! Erhöre mich, Hylcarian, und antworte! «
Sie schloss die Augen und blendete die Gesichter um sich herum aus. Einige davon waren verwirrt, andere ungläubig. Sie betete, dass Hylcarian nicht lange für eine Antwort brauchte. Das Feuer war schließlich nicht die einzige Macht, die so einen unwiderstehlichen Ruf hören konnte. » Hylcarian! « , rief sie erneut. Dabei konnte sie ein Aufflackern von Erregung nicht unterdrücken. Dies war das erste Mal seit einem halben Millennium, dass der Name des Feuers von jemandem aus dem Haus der Nacht gerufen wurde.
» Herbeigerufen, komme ich; gerufen, antworte ich! « Die lichterfüllte Stimme donnerte in dem Raum ebenso wie in Malians Geist. Sie öffnete ihre Augen und sah, dass Erstaunen die Ungläubigkeit auf den Gesichtern in ihrer Umgebung verdrängte. Licht floss in Malian hinein wie in einen goldenen Strom; ein Strudel aus geschmolzenem Feuer, der durch jede Ader raste. Sie lebte damit auf, loderte wie eine Fackel und lief Gefahr, selbst verbrannt zu werden, wenn sie die Energie und die Kraft nicht umleiten konnte. Malian hob ihre Arme, und das Feuer knisterte wie Blitze um sie herum. Es war weißgolden und blendend, als es aus ihren Fingerspitzen strömte. Sie spürte, dass die Umstehenden sich abwendeten und die Arme vor die Augen rissen. Sie streckte ihre feurigen Hände nach den zuckenden Leichen des Finsteren Schwarms aus. Sie allein musste den Blick nicht abwenden und konnte beobachten, wie das Feuer die Leichen umfing und sie zu feiner Asche verbrannte.
Sie sah noch etwas anderes. Ein blasser Lichtfaden huschte von der Stelle fort, wo die Asche lag, und floh in die Finsternis. Malian verfolgte ihn mit ihrem Geist und sah eine große Gestalt, die am anderen Ende des Fadens stand und von einem Machtwirbel umgeben war. Die Gestalt war so unheimlich wie das Licht, aber unverwechselbar ein Mann. Sein Gesicht war eher wie ein Schädel denn aus Fleisch und Blut. Es hatte scharfe Gesichtszüge und hohle Augen, umrahmt von verfilztem Haar. Dennoch, fand Malian, hatte er eine gewisse Ähnlichkeit mit den Derai. In seinen Händen hielt er eine lange, blasse Angelrute, auf der Hieroglyphen und Runen eingeschnitzt waren. Allein bei dem Anblick wurde es Malian übel.
» Komm da weg, Kind der Nacht « , Hylcarians Stimme war unerbittlich . » Sorg dafür, dass er dich nicht wahrnimmt, denn er ist mächtig und grausam. Bis du deine volle Kraft entwickelt hast, reicht es, dass du seine Arbeit hier zerstörst. «
Widerwillig drehte Malian sich um. Hylcarian schickte noch eine letzte Flammenzunge an dem blassen Faden
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