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Die Erbin Der Welt erbin1

Die Erbin Der Welt erbin1

Titel: Die Erbin Der Welt erbin1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: jemisin
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bringen?«, fragte Nahadoth hinter mir.
    »Nach Hause?« »Elysium.«
    Ah, ja. Das Zuhause der Arameri.
    »Dann mal los«, sagte ich.
    Dunkelheit umfing mich. Als sie sich lichtete, waren wir wieder im Vorhof von Elysium, diesmal aber im Garten der Hunderttausend und nicht am Pier. Ein Pfad polierter Steine wand sich durch ordentliche Blumenbeete, und an jedem stand ein anderer exotischer Baum. Zwischen den Blättern hindurch konnte ich in der Ferne den Sternenhimmel und die Berge, die bis zu ihm aufragten, sehen.
    Ich ging durch den Garten, bis ich einen Fleck mit freier Sicht unter einem winzigen Satinglockenbaum fand. Meine Gedanken drehten sich in langsamen, trägen Kreisen. Allmählich gewöhnte ich mich daran, die Kälte Nahadoths hinter mir zu spüren.
    »Meine Waffe«, sagte ich zu ihm.
    »So wie du meine bist.«
    Ich nickte und seufzte in eine Brise hinein, die meine Haare hochhob und die Blätter des Satinglockenbaums zum Rauschen brachte. Als ich mich umdrehte, um Nahadoth anzusehen, zog ein Wolkenfetzen vor der Sichel des Mondes her. Sein Umhang schien während dieses kurzen Moments einzuatmen. Er wuchs unglaublich, bis er fast den Palast durch schwarze Wellen verfinsterte. Dann war die Wolke vorüber, und er war wieder einfach nur ein Umhang.
    Ich fühlte mich plötzlich wie dieser Umhang — wild, außer Kontrolle, schwindlig und lebendig. Ich hob meine Arme und schloss meine Augen, als eine weitere Brise wehte. Es fühlte sich so gut an.
    »Ich wünschte, ich könnte fliegen«, sagte ich.
    »Ich kann dir diese Magie für eine Weile schenken.«
    Ich schüttelte den Kopf, schloss meine Augen und wiegte mich im Wind. »Magie ist falsch.« Ich wusste das jetzt nur zu gut.
    Er sagte nichts dazu, was mich überraschte, bis ich näher darüber nachdachte. Nachdem er die Scheinheiligkeit so vieler Arameri-Generationen erlebt hatte, war es ihm wahrscheinlich inzwischen egal, denn er beschwerte sich nicht mehr.
    Es war verlockend, so sehr verlockend, sich auch nicht mehr darum zu scheren. Meine Mutter, Darr, die Nachfolge — was machte das alles schon? Ich könnte all das so leicht vergessen und den Rest meines Lebens — die ganzen vierTage — einfach nur mit Vorlieben oder Vergnügungen, die mir gefielen, verbringen.
    Jedes Vergnügen, außer einem.
    »Letzte Nacht«, sagte ich und nahm meine Arme wieder herunter. »Warum hast du mich nicht getötet?«
    »Du bist nützlicher, wenn du lebst.«
    Ich lachte. Ich fühlte mich leichtsinnig und unbekümmert. »Heißt das, dass ich die einzige Person in Elysium bin, die keine Angst vor dir haben muss?« Ich wusste, dass das eine dumme Frage war, noch bevor ich sie ganz ausgesprochen hatte, aber ich glaube, ich war in dem Moment nicht ganz bei Verstand.
    Glücklicherweise antwortete der Lord der Finsternis nicht auf meine dumme, gefährliche Frage. Ich warf ihm einen Blick zu, um seine Stimmung auszuloten, und sah, dass sein Umhang sich wieder verändert hatte. Diesmal hatten sich die Strähnen lang und dünn weitergewebt und schwebten wie Lagerfeuerrauch durch den Garten. Diejenigen, die mir am nächsten waren, drehten sich nach innen und umgaben mich von allen Seiten. Sie erinnerten mich an bestimmte Pflanzen in meiner Heimat, denen Zähne oder klebrige Tentakel wuchsen, damit sie Insekten einfangen konnten.
    Im Herzen dieser dunklen Pflanze befand sich mein Köder: sein glühendes Gesicht, seine lichtlosen Augen. Ich ging auf ihn zu, tiefer in seinen Schatten hinein, und er lächelte.
    »Du hättest mich nicht töten müssen«, sagte ich leise. Ich zog meinen Kopf ein, sah durch meine Wimpern hindurch zu ihm auf und krümmte meinen Körper als schweigende Einladung. Mein Leben lang hatte ich gesehen, wie hübschere Frauen als ich das taten, aber ich hatte es nie selbst gewagt. Ich hob eine Hand und bewegte sie auf seine Brust zu. Fast erwartete ich, nichts zu berühren und in die Finsternis gesogen zu werden. Aber diesmal war dort ein Körper in den Schatten, dessen Festigkeit erschreckend war. Ich konnte ihn und meine Hand, die ihn berührte, nicht sehen, aber ich spürte weiche, kühle Haut unter meinen Fingerspitzen.
    Nackte Haut. Götter.
    Ich leckte mir über die Lippen und schaute ihm in die Augen. »Du hättest sehr viel tun können, ohne meine ... Nützlichkeit zu beeinträchtigen.«
    Er zog überrascht die Augenbrauen hoch. Etwas in seinem Gesicht veränderte sich — wie eine Wolke, die vor dem Mond entlangzieht: der Schatten des Raubtiers. Seine Zähne

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