Die Erbin Der Welt erbin1
der Menge, die ich erkannte. Einige der Diener, die auf der Feuertagsparty gewesen waren. Einige von Dekartas Höflingen. T'vril, mit blutleeren Lippen und steif; sein Blick hatte sich irgendwie warnend auf mich geheftet. Viraine stand ein Stück vor dem Rest der Menge. Er hatte die Arme verschränkt und starrte gelangweilt in die Ferne.
Zhakkarn und Kurue. Warum waren sie hier? Sie beobachteten mich ebenfalls. Zhakkarns Ausdruck war hart und kalt. Ich hatte sie noch nie so deutlich Ärger zeigen sehen. Kurue war auch wütend — ihre Nasenflügel bebten, und sie hielt die Hände an ihre Seite gedrückt. Der Ausdruck in ihren Augen hätte mich zerfetzt, wenn sie gekonnt hätte. Aber Scimina zerfetzte bereits jemanden, also konzentrierte ich mich erst einmal auf die größere Bedrohung.
»Setz dich hin!«, brüllte Scimina, und der alte Mann zuckte hoch, als ob er an Fäden hinge. Ich konnte jetzt sehen, dass auf seinem Körper weniger Schnitte waren. Aber während ich hinsah, ging Scimina an ihm vorbei, machte eine kurze Bewegung mit dem Stab, und ein weiterer langer, tiefer Schnitt öffnete sich am Bauch des alten Mannes. Er schrie erneut auf, seine Stimme war heiser. Dann öffnete er die Augen, die er vorher instinktiv als Reaktion auf den Schmerz geschlossen hatte. In dem Moment stockte mir der Atem, weil die Augen des alten Mannes grün waren. Dann dämmerte es mir, dass die Form des Gesichtes mir bekannt vorkommen würde, wenn es sechzig Jahre jünger wäre ... Liebste Götter, liebster Elysiumvater — es war Si'eh.
»Ah«, sagte Scimina, die mein Keuchen richtig interpretierte. »Das spart Zeit. Du hattest recht, T'vril, sie ist hingerissen von ihm. Hast du einen deiner Leute geschickt, um sie zu holen? Sag dem Narren, er soll nächstes Mal schneller sein.«
Ich starrte T'vril wütend an, der offensichtlich nicht nach mir geschickt hatte. Sein Gesicht war noch blasser als sonst, aber die seltsame Warnung stand immer noch in seinen Augen. Ich hätte beinahe verwirrt die Stirn gerunzelt, aber ich spürte Sci- minas Blick wie einen Geier, der über meinem Gesichtsausdruck schwebte und bereit war, über die Gefühle, die ans Licht kamen, herzufallen. Also übte ich mich in Ruhe, wie meine Mutter es mir beigebracht hatte. Ich erhob mich aus der Kampfhaltung, aber ich senkte das Messer nur und steckte es nicht wieder in die Scheide zurück. Scimina wusste das wahrscheinlich nicht, aber unter Darre war das ein Zeichen von Respektlosigkeit — ein Zeichen, dass ich ihr nicht zutraute, sich wie eine Frau zu benehmen.
»Ich bin jetzt hier«, sagte ich zu ihr. »Also sag, was du willst.«
Scimina stieß ein kurzes, scharfes Lachen aus. Sie blieb die ganze Zeit nicht stehen. »Sagen, was ich will. Sie klingt so kämpferisch, nicht wahr?« Sie schaute sich in der Menge um, aber niemand antwortete ihr. »So stark. Winziges, schlecht erzogenes, lächerliches kleines Ding — was DENKST du denn, was ich will, du Närrin?« Das Letzte schrie sie mir entgegen. Sie hatte ihre Fäuste geballt, und der seltsame Stab zitterte. Ihre Haare lösten sich allmählich aus der aufwändigen Frisur, die aber immer noch schön anzusehen war. Sie sah auf exquisite Weise verrückt aus.
»Ich denke, dass du Dekartas Erbin sein willst«, sagte ich leise, »und mögen die Götter der ganzen Welt helfen, sollte das eintreten.«
Blitzschnell wandelte Scimina sich von der kreischenden Irren zu lächelndem Charme. »Stimmt. Und ich wollte mit deinem Land anfangen und es gründlich vom Angesicht der Erde löschen. Ich hätte damit inzwischen sogar schon angefangen, wenn das Bündnis, das ich in dieser Region so sorgfältig eingefädelt hatte, nicht gerade dabei wäre, zu zerfallen.« Sie marschierte weiter, warf mir über die Schulter einen Blick zu und drehte den Stab vorsichtig in ihren Händen. »Ich dachte zunächst, das Problem wäre die alte Hochnordfrau, die du im Salon getroffen hast. Aber ich habe das nachgeprüft — sie hat dir nur Informationen gegeben, die meisten davon unnütz. Also hast du etwas anderes angerichtet. Würdest du mir das erklären?«
Mir gefror das Blut in den Adern. Was hatte Scimina mit Ras Onchi gemacht? Dann schaute ich Si'eh an, der sich ein wenig erholt hatte, obwohl er immer noch schwach und von Schmerzen benebelt wirkte. Er heilte nicht, was keinen Sinn ergab. Ich hatte Nahadoth mitten ins Herz gestochen, und das war für ihn kaum ein Ärgernis gewesen. Trotzdem hatte es eine Zeit gedauert, bis er heilte,
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