Die Erbin Der Welt erbin1
hörte ich ein leises, enttäuschtes Seufzen. Weiter entfernt diesmal; er war zur anderen Seite des Zimmers zurückgekehrt. Langsam erlaubte ich meinen Muskeln, sich zu entspannen.
Es war gefährlich, diese Fragenkette jetzt weiterzuverfolgen. Es gab so viele Geheimnisse aufzudecken und so viele emotionale Fallgruben. Ich schob die Gedanken an Viraine mit großer Anstrengung beiseite.
»Meine Mutter wollte meinen Vater retten«, sagte ich. Ja. Das zu verstehen war etwas Gutes. Sie musste sich nach und nach in ihn verliebt haben, egal, wie seltsam die Beziehung begonnen hatte. Ich wusste, dass er sie liebte. Ich hatte es in seinen Augen gesehen.
»Ja«, sagte Nahadoth. Seine Stimme war wieder so ruhig wie vor meinem Ausrutscher. »Ihre Verzweiflung machte sie verletzlich. Natürlich haben wir daraus Vorteil gezogen.«
Beinahe wäre ich ärgerlich geworden, fing mich aber gerade rechtzeitig.
»Natürlich. Also habt ihr sie überredet, Enefas Seele in ihrem Kind aufzunehmen. Und ...« Ich atmete tief durch, hielt inne und versammelte meine Kraft. »Mein Vater wusste es?«
»Ist mir nicht bekannt.«
Wenn die Enefadeh nicht wussten, was mein Vater von der Sache gehalten hatte, dann wusste es niemand hier. Ich wagte nicht, nach Darr zurückzukehren, um Beba zu fragen.
Also zog ich es vor, daran zu glauben, dass mein Vater es wusste und mich trotzdem geliebt hatte. Dass Mutter nach ihren anfänglichen Zweifeln sich entschieden hatte, mich zu lieben. Dass sie die grässlichen Geheimnisse ihrer Familie in der vergeblichen Hoffnung vor mir verborgen hatte, dass ich ein einfaches, friedliches Leben in Darr vor mir hatte ... wenigstens so lange, bis die Götter zurückkehrten, um zu verlangen, was ihnen gehörte.
Ich musste ruhig bleiben, aber ich konnte nicht alles zurückhalten. Ich schloss meine Augen und fing an zu lachen. So viele Hoffnungen ruhten auf mir.
»Darf ich keine für mich haben?«, flüsterte ich.
»Was würdest du wollen?«, fragte Nahadoth.
»Was?«
»Wenn du frei sein könntest.« Etwas lag in seiner Stimme, das ich nicht verstand. Schwermut? Ja, und noch mehr. Güte? Zuneigung? Nein, das war unmöglich. »Was würdest du für dich selbst wollen?«
Bei dieser Frage schmerzte mein Herz. Ich hasste ihn, weil er das gefragt hatte. Es war seine Schuld, dass meine Wünsche nie in Erfüllung gehen konnten — seine Schuld und die meiner Eltern, Dekartas und sogar Enefas.
»Ich habe genug davon, nur das zu sein, was andere aus mir gemacht haben«, sagte ich. »Ich will ich selbst sein.«
»Sei nicht kindisch.«
Ich sah erschreckt und ärgerlich hoch, obwohl es natürlich nichts zu sehen gab. »Was?«
»Du bist das, was deine Schöpfer und deine Erfahrungen aus dir gemacht haben, wie jedes andere Wesen in diesem Universum auch. Akzeptiere das und fertig; dein Gejammer ermüdet mich.«
Hätte er das in seiner üblichen kalten Stimme gesagt, wäre ich beleidigt hinausgegangen. Aber er klang wirklich müde, und ich erinnerte mich an den Preis, den er für meine Selbstsucht gezahlt hatte.
In meiner Nähe bewegte sich die Luft erneut, sanft, beinahe wie eine Berührung. Als er sprach, war er näher bei mir. »Die Zukunft kannst du allerdings selbst gestalten, sogar jetzt noch. Sag mir, was du willst.«
Darüber hatte ich — über meine Rache hinausgehend — nie wirklich nachgedacht. Ich wollte ... all die Dinge, die eine junge Frau möchte. Freunde. Familie. Dass diejenigen, die man liebte, glücklich waren.
Und außerdem ...
Ich erschauerte, obwohl es nicht kalt im Zimmer war. Die Fremdartigkeit dieses neuen Gedankens machte mich misstrauisch. War das ein Zeichen von Enefas Einfluss?
Akzeptiere das und fertig.
»Ich ...« Ich schloss meinen Mund, schluckte und versuchte es erneut. »Ich möchte ... etwas anderes für die Welt.« Ah, aber die Welt würde tatsächlich eine andere sein, wenn Nahadoth und Itempas damit fertig waren. Ein Haufen Geröll, unter dem die Menschlichkeit als Ruine begraben lag. »Etwas Besseres.«
»Was?«
»Ich weiß es nicht.« Ich ballte meine Fäuste. Ich hatte Schwierigkeiten, das auszudrücken, was ich sagen wollte, und war über meine eigene Frustration erstaunt. »Jeder hat im Augenblick ... Angst.« Das war schon näher dran. Ich ließ nicht locker. »Wir sind der Gnade der Götter unterworfen und gestalten unser Leben nach euren Launen. Selbst wenn eure Streitigkeiten nichts mit uns zu tun haben, sterben wir. Wie wäre es, wenn ... wenn ihr einfach ...
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