Die Erbin Der Welt erbin1
stellte mich vor einen einfachen weißen Sockel, der auf dem Boden stand und ungefähr brusthoch war. In seiner Oberfläche war ein Loch von der Größe einer Handfläche — der Schacht, der aus dem Verlies hier hoch führte. Einige Zoll darüber schwebte ein winziger, dunkler Gegenstand ohne Halterung in der Luft. Er war verwittert, unförmig und sah sehr nach einem Klumpen Dreck aus. Das war der Stein der Erde? Das hier?
Ich tröstete mich mit der Tatsache, dass wenigstens die arme Seele aus dem Verlies jetzt tot war.
Dekarta hielt inne und starrte wütend die Enefadeh hinter mir an. »Nahadoth, du kannst deine angestammte Position einnehmen. Was den Rest von euch angeht — ich habe eure Anwesenheit nicht befohlen.«
Zu meiner Überraschung antwortete Viraine. »Ihre Anwesenheit könnte gute Dienste leisten, Mylord. Der Elysiumvater wäre möglicherweise erfreut, seine Kinder zu sehen, sogar diese Verräter.«
»Kein Vater freut sich, Kinder zu sehen, die sich gegen ihn gewandt haben.« Dekartas Blick schwenkte zu mir. Ich fragte mich, ob er mich sah oder nur Kinneths Augen in meinem Gesicht.
»Ich möchte, dass sie hier sind«, sagte ich.
Er zeigte keine Reaktion, außer dass er seine ohnehin schon sehr dünnen Lippen noch mehr zusammenkniff. »Das müssen gute Freunde sein, wenn sie kommen, um dich sterben zu sehen.«
»Es wäre schwieriger, sich dem hier ohne ihre Unterstützung zu stellen, Großvater. Sagt mir, habt Ihr Ygreth eine Begleitung erlaubt, als Ihr sie ermordet habt?«
Er richtete sich auf, was er selten tat. Zum ersten Mal sah ich einen Schatten des Mannes, der er einmal gewesen war, groß und hager wie jeder Amn und so großartig wie meine Mutter. Es war erschreckend, diese Ähnlichkeit auf einmal zu sehen. Er war allerdings zu dünn für seine Größe, was seine ungesunde Hagerkeit nur betonte. »Ich werde meine Handlungen nicht vor dir rechtfertigen, Enkelin.«
Ich nickte. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie die anderen mich beobachteten. Relad sah ängstlich aus, Scimina verärgert. Viraine — ich konnte seinen Ausdruck nicht deuten, aber er beobachtete mich mit einer plötzlichen Intensität, die mich verwirrte. Aber ich konnte dafür keinen weiteren Gedanken erübrigen. Dies war vielleicht meine letzte Chance, herauszufinden, warum meine Mutter gestorben war. Ich glaubte immer noch, dass Viraine die Tat verübt hatte, auch wenn das immer noch keinen Sinn ergab, weil er sie geliebt hatte. Aber wenn er auf Geheiß von Dekarta gehandelt hatte ...
»Ihr müsst mir nichts erklären«, antwortete ich. »Ich kann es erraten. Als Ihr jung wart, wart Ihr wie diese beiden...« Ich zeigte auf Relad und Scimina. »Selbstverliebt, vergnügungssüchtig und grausam. Aber Ihr wart nicht so herzlos wie sie, nicht wahr? Ihr habt Ygreth geheiratet, und Euch muss wirklich etwas an ihr gelegen haben, sonst hätte Eure Mutter sie nicht als Euer Opfer auserwählt, als die Zeit reif war. Aber Ihr habt Macht noch mehr geliebt, und so seid Ihr auf den Handel eingegangen. Ihr wurdet Familienoberhaupt. Und Eure Tochter wurde Eure Todfeindin.«
Dekartas Lippen zuckten, und ich konnte nicht sagen, ob das ein Zeichen von Gefühlen war oder die Schüttellähmung, die ihn hin und wieder heimzusuchen schien. »Kinneth liebte mich.«
»Ja, das tat sie.« Weil das die Art Frau war, die meine Mutter gewesen war. Sie konnte lieben und hassen gleichzeitig; sie konnte das eine benutzen, um das andere zu verbergen und zu nähren. Sie war, wie Nahadoth gesagt hatte, eine wahre Arameri gewesen. Nur waren ihre Ziele andere.
»Sie liebte Euch«, sagte ich, »und ich denke, dass Ihr sie getötet habt.«
Diesmal war ich sicher, dass Schmerz über das Gesicht des alten Mannes huschte. Es befriedigte mich für einen Augenblick, aber auch nicht länger. Der Krieg war verloren — dieses Scharmützel hatte keinen Einfluss auf das große Ganze. Ich würde sterben. Und obwohl mein Tod die Sehnsüchte so vieler erfüllen würde — die meiner Eltern, die der Enefadeh, meine eigenen —, konnte ich ihn unter diesen unpersönlichen Umständen nicht ertragen. Mein Herz war voller Angst.
Trotzdem drehte ich mich um und sah die Enefadeh an, die hinter mir aufgereiht standen. Kurue konnte mir nicht in die Augen schauen, aber Zhakkarn tat es, und sie nickte mir respektvoll zu. Si'eh stieß ein leises, katzenartiges Jammern aus, das zwar nicht menschlich, aber dadurch nicht weniger gepeinigt klang. In meinen Augen brannten Tränen. Welch
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