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Die Erbin Der Welt erbin1

Die Erbin Der Welt erbin1

Titel: Die Erbin Der Welt erbin1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: jemisin
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wir haben dich gestärkt«, sagte Nahadoth. Er sprach in meine Haare hinein, einer seiner Arme glitt von hinten um mich herum und zog mich dichter an ihn heran. Unwillkürlich lehnte ich mich entspannt an ihn.
    Ich drehte mich in dem Halbkreis seines Arms herum und hielt überrascht an. Der Mann, der auf mich herunterblickte, sah nicht wie Nahadoth aus — in keiner seiner Formen, in denen ich ihn gesehen hatte. Er sah menschlich aus, Amn, und sein Haar war dunkelblond und fast so kurz wie meins. Sein Gesicht war recht gutaussehend, aber es war nicht das Gesicht, das er benutzte, um mich zufriedenzustellen, und auch nicht das Gesicht, das Scimi- na erschaffen hatte. Es war nur ein Gesicht. Und er trug Weiß. Das schockte mich noch mehr als alles andere und ließ mich verstummen.
    Nahadoth — denn er war es, ich spurte das, egal, wie er aussah — sah belustigt aus. »Der Lord der Finsternis ist bei den Feiern der Diener des Itempas nicht willkommen.«
    »Ich hätte nicht gedacht ...« Ich berührte seinen Ärmel. Er bestand nur aus edel verarbeitetem Stoff und war Teil einer Jacke, die entfernt militärisch aussah. Ich streichelte ihn und war enttäuscht, als er sich nicht zur Begrüßung um meine Finger ringelte.
    »Ich habe das Material, aus dem das Universum besteht, hergestellt. Dachtest du, dass weiße Fäden für mich eine Herausforderung wären?«
    Ich lachte auf und verfiel im nächsten Moment in erschrecktes Schweigen. Ich hatte noch nie gehört, dass er einen Witz machte. Was hatte das zu bedeuten?
    Er hob eine Hand und legte sie ernüchtert an meine Wange. Es kam mir in den Sinn, dass er, obwohl er versuchte, sich wie ein Mensch zu benehmen, gar nichts mit seinem Tages-Ich gemeinsam hatte. Nichts an ihm außer seiner Erscheinung war menschlich — nicht seine Bewegungen, nicht die Geschwindigkeit, mit der er von einem Ausdruck zum anderen wechselte, und ganz besonders nicht seine Augen. Eine menschliche Maske reichte einfach nicht aus, um seine wahre Natur zu verbergen. In meinen Augen war es so offensichtlich, dass ich staunte, warum die anderen Leute auf dem Balkon nicht schreiend vor Angst wegrannten, weil sich der Lord der Finsternis in ihrer Nähe befand.
    »Meine Kinder denken, dass ich den Verstand verliere«, sagte er und steichelte mein Gesicht äußerst zärtlich. »Kurue sagt, dass ich all unsere Hoffnungen deinetwegen aufs Spiel setze. Sie hat recht.«
    Ich stutzte verwirrt. »Mein Leben gehört immer noch euch. Ich werde mich an unsere Abmachung halten, obwohl ich den Wettbewerb verloren habe. Ihr habt in gutem Glauben gehandelt.«
    Er seufzte und beugte sich zu meiner Überraschung nach vorne, um seine Stirn an meine zu legen. »Sogar jetzt sprichst du von deinem Leben wie von einer Ware, die für unseren >guten
    Glauben< verkauft wurde. Was wir dir angetan haben, ist ekelerregend.«
    Ich wusste nicht, was ich darauf erwidern sollte, ich war zu verblüfft. Plötzlich flackerte in mir die Einsicht auf, dass es genau das war, wovor Kurue Angst hatte — Nahadoths flatterhafter, leidenschaftlicher Sinn für Ehre. Er war in den Krieg gezogen, um seiner Trauer über Enefa Ausdruck zu verleihen; er hatte sich und seine Kinder aus reiner Sturheit in der Sklaverei belassen, anstatt seinem Bruder zu vergeben. Er hätte anders mit seinem Bruder umgehen können, damit nicht das ganze Universum und so viele Leben auf dem Spiel gestanden hätten. Aber das war das Problem: Wenn der Lord der Finsternis etwas mochte, dann wurden seine Entscheidungen unvernünftig und seine Handlungen drastisch.
    Und entgegen aller Vernunft fing er an, mich zu mögen.
    Schmeichelhaft. Beängstigend. Ich konnte nicht erraten, was er unter solchen Umständen tun würde. Aber was noch wichtiger war, ich erkannte, was das kurzfristig bedeutete. In einigen Stunden würde ich sterben, und er würde erneut trauernd zurückbleiben.
    Wie seltsam, dass dieser Gedanke mein Herz ebenfalls schmerzen ließ.
    Ich legte meine Hände um das Gesicht des Lords der Finsternis und seufzte. Ich schloss meine Augen, damit ich die Person hinter der Maske spüren konnte. »Es tut mir leid«, sagte ich. Und so war es auch. Ich hatte nie beabsichtigt, ihm Schmerzen zuzufügen.
    Er bewegte sich nicht und ich auch nicht. Es fühlte sich gut an, sich an ihn zu lehnen und in seinen Armen auszuruhen. Es war eine Illusion, aber zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte ich mich sicher.
    Ich weiß nicht, wie lange wir so dastanden, aber wir hörten es beide,

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