Die Erbin Der Welt erbin1
Verwirrtheitspause. »Ich könnte Nachforschungen anstellen, wenn Ihr es wünscht.«
»Nein«, sagte ich ganz leise. »Nicht nötig.«
Ich dankte der Dienerin für ihre Hilfe, lobte ihre Geschicklichkeit und ließ sie wissen, dass ich während meines weiteren Aufenthaltes in Elysium keine Ankleidezofe mehr benötigen würde.
Ein weiterer Diener erschien kurz darauf und überbrachte mir eine Nachricht von T'vril: Wie erwartet hatte Relad meine Bitte, sich zu treffen, abgelehnt. Da wir Ruhetag hatten und keine Konsortiumssitzung stattfand, bestellte ich Frühstück und eine Abschrift der neuesten Finanzberichte aus den mir unterstellten Nationen.
Während ich die Berichte las, aß ich rohen Fisch und gedünstete Früchte. Eigentlich mochte ich das Essen der Amn, aber sie schienen nie zu wissen, was man kochen sollte und wovon man lieber die Finger ließ. Dann schaute Viraine vorbei. Angeblich, um zu sehen, wie es mir ging, aber ich hatte immer noch das Gefühl, dass er etwas von mir wollte. Dieses Gefühl verstärkte sich, als er in meinem Zimmer auf und ab ging.
»Es ist interessant, dass Ihr ein so aktives Interesse an Regierungsgeschäften zeigt«, sagte er, als ich einen Stapel Papiere beiseitelegte. »Die meisten Arameri machen sich nicht einmal die Mühe, die Grundbegriffe der Wirtschaft zu erlernen.«
»Ich herrsche — herrschte — über eine arme Nation«, sagte ich und deckte die Reste meines Frühstücks mit einem Tuch ab. »Diesen Luxus konnte ich mir nie erlauben.«
»Ah ja. Aber Ihr habt doch bereits Schritte unternommen, um diese Armut abzustellen, nicht wahr? Ich hörte, wie Dekarta heute Morgen darüber einen Kommentar verlor. Ihr habt die Euch unterstellten Königreiche angewiesen, die Handelsbeziehungen mit Darr wieder aufzunehmen.«
Ich hielt mitten im Teetrinken inne. »Er beobachtet, was ich tue?«
»Er beobachtet all seine Erben, Lady Yeine. Es gibt zurzeit kaum etwas anderes, das ihn unterhält.«
Ich dachte an die magische Kugel, die man mir gegeben hatte und mit der ich am Abend zuvor Kontakt zu meinen Ländern aufgenommen hatte. Ich fragte mich, wie schwer es wohl wäre, eine Kugel zu erschaffen, die sich bei der beobachteten Person nicht bemerkbar machte.
»Habt Ihr jetzt schon Geheimnisse?« Viraine zog wegen meines Schweigens amüsiert die Augenbrauen hoch. »Besucher in der Nacht, geheime Verabredungen, Verschwörungen im Gange?«
Ich hatte nie ein angeborenes Talent zum Lügen gehabt. Als meine Mutter das erkannte, brachte sie mir glücklicherweise andere Taktiken bei. »Das wäre hier doch scheinbar völlig normal«, sagte ich. »Obwohl ich bisher noch nicht versucht habe, jemanden zu töten. Ich habe die Zukunft unserer Zivilisation nicht zu meinem Vergnügen zu einem Gladiatorenkampf gemacht.«
»Wenn diese Kleinigkeiten Euch beunruhigen, Lady, dann werdet Ihr hier nicht lange durchhalten«, sagte Viraine. Er ging zu einem Sessel mir gegenüber, setzte sich hinein und legte die Fingerspitzen aneinander. »Möchtet Ihr einen Rat? Von jemandem, der hier auch einmal ein Neuankömmling war?«
»Eure Beratung ist mir willkommen, Schreiber Viraine.«
»Lasst Euch nicht mit den Enefadeh ein.«
Ich wusste nicht, ob ich ihn anstarren sollte oder ob es besser wäre, Unwissenheit vorzutäuschen und ihn zu fragen, was er damit meint. Ich blieb beim Anstarren.
»Si'eh scheint Zuneigung für Euch entwickelt zu haben«, sagte er. »Er tut das manchmal, wie ein Kind. Und wie ein Kind ist er anhänglich, er bereitet Freude und Ärger, und es ist leicht, ihn zu lieben. Tut es nicht.«
»Mir ist klar, dass er nicht wirklich ein Kind ist.«
»Ist Euch klar, dass er im Laufe der Jahre ebenso viele Menschen getötet hat wie Nahadoth?«
Ich konnte nicht verhindern, dass ich zusammenzuckte. Viraine lächelte.
»Er ist ein Kind, wohlgemerkt nicht vom Alter, aber vom Gemüt her. Er handelt impulsiv. Er hat die Kreativität eines Kindes ... und die Grausamkeit eines Kindes. Und er ist von Nahadoths Geblüt und hat seine Seele. Denkt darüber einmal nach, Lady. Der Lord der Finsternis, die Verkörperung all dessen, was wir, die wir Bright dienen, fürchten und verachten. Si'eh ist sein erstgeborener Sohn.«
Ich dachte darüber nach. Aber seltsamerweise stand nur eins klar vor meinem geistigen Auge: Si'ehs völlige Zufriedenheit, als ich meinen Arm in der ersten Nacht um ihn legte. Erst später wurde mir klar, dass ich bereits begonnen hatte, Si eh zu lieben, vielleicht sogar in genau dem
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