Die Erbin Der Welt erbin1
unter ihrem Niveau zu lieben. Aber dass die beiden Vorgänge zusammenhingen ... »Offenbar hatte sie Erfolg.«
»Nein. Als sie ging, um nach Darr zurückzukehren, war sie zornig. Dekarta war so wütend, wie ich ihn noch nie erlebt hatte; ich dachte, es würde Tote geben. Aber er ordnete lediglich an, dass man Kinneth aus den Familienpapieren streichen sollte, nicht nur als seine Erbin — das war bereits geschehen —, sondern auch als Arameri. Er befahl mir, ihr Blutsiegel zu verbrennen, was auch aus der Entfernung möglich ist, und ich tat es. Er machte sogar eine öffentliche Mitteilung. Die ganze Gesellschaft sprach davon — das erste Mal, dass ein Vollblut-Arameri verstoßen wurde seit, oh, Jahrhunderten.«
Ich schüttelte langsam den Kopf. »Und mein Vater?«
»Soweit ich es sagen kann, war er immer noch krank, als sie uns verließ.«
Aber mein Vater hatte den Wandelnden Tod überlebt. Ein Überleben war nicht ausgeschlossen, obgleich sehr selten, besonders dann, wenn jemand bereits das dritte Stadium erreicht hatte.
Vielleicht hatte Dekarta seine Meinung geändert? Auf seine Anordnung hin wären die Palastärzte der Kutsche nachgeritten, hätten sie eingeholt und zurückgebracht. Dekarta hätte sogar die Enefadeh dazu ...
Moment.
Moment.
»Deshalb kam sie her«, sagte Viraine. Er wandte sich vom Fenster ab und schaute mich ernüchtert an. »Seinetwegen. Es gibt keine große Verschwörung und auch kein Geheimnis — jeder Diener, der lange genug hier ist, hätte Euch das erzählen können. Also warum wart Ihr so darauf erpicht, es zu erfahren, dass Ihr mich gefragt habt?«
»Weil ich dachte, dass Ihr mir mehr sagen würdet als ein Diener«, antwortete ich. Ich hatte Schwierigkeiten, meiner Stimme einen gleichmäßigen Klang zu verleihen, damit er nicht hinter meinen Verdacht kam. »Sofern ich Euch entsprechend motivieren konnte.«
»Habt Ihr mich deswegen provoziert?« Er schüttelte seinen Kopf und seufzte. »Nun ja. Gut zu wissen, dass Ihr wenigstens ein paar Eigenschaften der Arameri geerbt habt.«
»Die scheinen hier nützlich zu sein.«
Er neigte sarkastisch seinen Kopf. »Sonst noch etwas?«
Ich brannte darauf, noch mehr zu erfahren, aber nicht von ihm. Trotzdem würde es mir nicht gut zu Gesicht stehen, einen eiligen Eindruck zu machen.
»Stimmt Ihr Dekarta zu?«, fragte ich, um die Unterhaltung in Gang zu halten. »Dass meine Mutter diesen Ketzer härter behandelt hätte?«
»O ja.« Ich blinzelte überrascht, und er lächelte. »Kinneth war wie Dekarta, eine der wenigen Arameri, die unsere Rolle als Auserwählte von Itempas ernst genommen hat. Sie brachte Ungläubigen den Tod. Sie brachte jedem den Tod, der den Frieden bedrohte — oder ihre Macht.« Er schüttelte seinen Kopf, und sein Lächeln war wehmütig. »Ihr denkt, dass Scimina böse ist? Sci- mina hat keinen Weitblick, keine Vorstellungskraft. Eure Mutter war die leibhaftige Zielgerichtetheit.«
Er hatte wieder seinen Spaß, als er das Unbehagen sah, das wie ein Siegel auf meinem Gesicht stand. Es mag ja sein, dass ich jung genug war, um sie durch die verehrenden Augen der Kindheit zu sehen, aber so, wie man meine Mutter seit meiner Ankunft in Elysium beschrieben hatte, passte das nicht zu meinen Erinrierungen. Ich erinnerte mich an eine sanfte, warme Frau mit trockenem Humor. Sie konnte unbarmherzig sein, das schon — aber das stand der Gemahlin eines Herrschers auch zu, besonders, wenn man die Umstände in Darr zu dem Zeitpunkt berücksichtigt. Aber zu hören, dass sie auf einer Stufe mit Scimina stand und von Dekarta gelobt wurde ... das war nicht die Frau, die mich aufgezogen hatte. Das war eine andere Frau mit dem Namen meiner Mutter und ihrem Hintergrund, aber einer völlig anderen Seele.
Viraine spezialisierte sich auf die Magien der Seele. Habt Ihr etwas mit meiner Mutter gemacht?, wollte ich fragen. Aber die Erklärung wäre viel, viel zu einfach gewesen.
»Ihr solltet wissen, dass Ihr Eure Zeit verschwendet«, sagte Viraine. Er sprach leise, und sein Lächeln war während meines langen Schweigens verschwunden. »Eure Mutter ist tot. Ihr seid noch am Leben. Ihr solltet mehr Zeit darauf verwenden, dass das auch so bleibt, und weniger Zeit damit, Euch zu ihr zu gesellen.«
War es das, was ich tat?
»Guten Tag, Schreiber Viraine«, sagte ich und ging.
Danach verlor ich die Orientierung — im übertragenen und im wörtlichen Sinne.
Eigentlich ist es schwer, sich in Elysium zu verlaufen. Sicher, die Flure
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