Die Erbin Der Welt erbin1
Augen zusammen. »Ich verstehe. Er wird Euch töten. Es ist seine Lieblingsbeschäftigung, mit den Arameri zu spielen, die töricht genug sind, ihn zähmen zu wollen.«
»Scimin...«
»Hat nicht die Absicht ihn zu zähmen. Je abscheulicher er wird, desto glücklicher ist sie. Wie ich höre, hat er die letzte Närrin, die sich in ihn verliebt hat, quer über den Innenhof verteilt.«
Ich erinnerte mich an Nahadoths Lippen an meiner Kehle und versuchte, einen Schauer zu unterdrücken, aber es gelang mir nur zum Teil. Ich hatte mir nicht ausgemalt, dass der Tod die Folge sein könnte, wenn man einem Gott beiwohnte, aber es überraschte mich nicht. Die Stärke eines sterblichen Mannes hatte Grenzen. Er verausgabte sich und schlief. Er konnte ein guter Liebhaber sein, aber selbst seine besten Fähigkeiten beruhten nur auf Vermutungen — denn für jede Liebkosung, mit der er eine Frau in den siebten Himmel hob, konnte er zehn ausprobieren, mit denen er sie zurück auf die Erde holte.
Nahadoth würde mich in den siebten Himmel heben und mich dort behalten. Er würde mich immer tiefer in die kalte, luftlose Dunkelheit seines wahren Herrschaftsbereichs ziehen. Und wenn ich dort erstickte, wenn mein Fleisch zerplatzte oder meine Seele zerbrach ... na ja. Viraine hatte recht — das wäre allein meine Schuld. Ich lächelte Viraine reuevoll zu und zeigte ihm meine sehr echte Angst. »Ja, Nahadoth wird mich wahrscheinlich töten — wenn Ihr Arameri ihm nicht zuvorkommt. Wenn Euch das beunruhigt, gibt es noch die Möglichkeit, dass Ihr mir helft, indem Ihr meine Fragen beantwortet.«
Viraine schwieg lange, seine Gedanken waren hinter der Maske seines Gesichts unergründlich. Schließlich überraschte er mich erneut, stand von seinem Arbeitstisch auf und ging zu einem der riesigen Fenster. Von diesem aus konnte er die ganze Stadt und die Berge dahinter sehen.
»Ich kann nicht sagen, dass ich mich gut an jene Nacht erinnere«, sagte er. »Das ist zwanzig Jahre her. Ich war gerade erst frisch von der Schreiberakademie hierher versetzt worden.«
»Bitte erzählt mir alles, an das Ihr Euch erinnert«, sagte ich.
Schreiber lernen als Kinder verschiedene Sprachen der Sterblichen, bevor sie damit beginnen, die Sprache der Götter zu erlernen. Das hilft ihnen, die Flexibilität der Sprache und auch des Geistes zu verstehen, da es in einigen Sprachen Begriffe gibt, die in anderen nicht einmal annähernd umgesetzt werden können. So funktioniert auch die Sprache der Götter, sie erlaubt die Begriffsbildung des Unmöglichen. Und deshalb kann man den besten Schreibern nicht trauen.
»In der Nacht regnete es. Ich erinnere mich daran, weil Elysium nicht oft von Regen berührt wird; die schwersten Wolken regnen meistens schon früh ab. Aber Kinneth wurde auf dem kurzen Weg von ihrer Kutsche zum Eingang völlig durchnässt. Sie zog eine Wasserspur durch jeden Flur, den sie entlangging.«
Was bedeutete, dass er sie beobachtet hatte, als sie vorbeiging. Entweder hatte er in einem Seitenflur gelauert, als sie vorbeiging, oder er war ihr gefolgt, als das Wasser noch nicht getrocknet war.
Hatte Si'eh nicht gesagt, dass Dekarta die Flure in jener Nacht hatte räumen lassen? Viraine musste den Befehl missachtet haben.
»Jeder wusste, warum sie gekommen war, oder zumindest dachten sie das. Niemand hatte erwartet, dass die Ehe halten würde. Es schien unfassbar, dass eine so starke Frau, eine Frau, die zum Regieren erzogen worden war, alles für nichts aufgeben würde.« Durch die Reflexion des Glases sah Viraine mich an. »Nichts für ungut.«
Für einen Arameri war das geradezu höflich. »Schon gut.«
Er lächelte dünn. »Aber es war für ihn, wisst Ihr. Der Grund, warum sie in der Nacht herkam. Ihr Mann, Euer Vater; sie war nicht gekommen, um ihre Position zurückzuverlangen, sie kam, weil er vom Wandelnden Tod befallen war und sie wollte, dass Dekarta ihn rettet.«
Ich starrte ihn an und fühlte mich, als ob ich eine Ohrfeige bekommen hätte.
»Sie hatte ihn sogar mitgebracht. Einer der Bediensteten im Vorhof spähte in die Kutsche und sah ihn darin, schweißgebadet und fiebernd, wahrscheinlich im dritten Stadium. Allein die Reise musste ihn körperlich beansprucht und die Krankheit beschleunigt haben. Sie setzte alles auf Dekartas Hilfe.«
Ich schluckte. Ich wusste, dass mein Vater irgendwann am Tod erkrankt war. Ich wusste, dass meine Mutter auf dem Höhepunkt ihrer Macht aus Elysium geflohen war, verbannt für das Verbrechen,
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