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Die Erbsünde

Titel: Die Erbsünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barnard Christiaan
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nicht in den Schlamassel mit hineinzog.
    Die Genauigkeit der Einzelheiten bewies, daß der Informant seine Fakten aus erster Hand erhielt. Leider hatte er es unterlassen, etwas über den Zweck der Experimente auszusagen, wahrscheinlich, um ein möglichst verzerrtes Bild zu zeichnen. Der Journalist behauptete, verschiedene führende Wissenschaftler konsultiert zu haben, von denen keiner sich vorstellen konnte, welchen wissenschaftlichen Zwecken diese Experimente dienen konnten. Daher hatte er sich seine eigene Auslegung dieses satanischen Eingreifens in den göttlichen Schaffensprozeß erlaubt: Künstliches Leben wurde geschaffen, und zwar aus keinem anderen Grunde als dem, daß ein so genannter Wissenschaftler der Allmacht Gottes die Stirn bot und aus persönlichen Ruhmgelüsten dem Schöpfer ins Handwerk pfuschte.
    Ich muß mich da auf alle Fälle raushalten, dachte Deon. Wenn sie auch nur den leisesten Verdacht schöpfen, daß ich die Finger dabei im Spiel habe …
    Wenn die Idioten sich doch wenigstens über das eigentliche Ziel dieser Experimente orientiert hätten. Aber das wäre ja nicht sensationell genug gewesen. Lieber glaubte man einem x-beliebigen infamen Lügner.
    Wer konnte es sein? Offenbar jemand mit einem oberflächlichen medizinischen Wissen, der eine alte Rechnung zu begleichen hatte.
    Er mußte sofort zu Philip, um ihn daran zu hindern, weitere Informationen aus der Hand zu geben. Er mußte versuchen, ihm zu helfen. Allem Anschein nach war seine Hautfarbe der springende Punkt, der diese Reaktion ausgelöst hatte. Philip mußte vor der kläffenden Meute beschützt werden, die sich schon witternd an seine Fersen heftete. Philip war zu stolz, die Flucht zu ergreifen. Er würde ihnen mit Todesverachtung entgegensehen, bis sie ihn zerfleischten. Man mußte ihm helfen. Natürlich nicht offen, sondern hinter den Kulissen.
    Deon startete den Motor. Er wollte Philip warnen und ihm gleichzeitig einschärfen, daß seine Hilfe um so wertvoller wäre, je mehr er sich im Hintergrund hielt.
    Deon traf Elizabeth in der Diele, als er mit seinem Zeitungspacken unterm Arm ins Haus trat. »Ich muß einen Anruf erledigen«, sagte er, »ich gehe in mein Arbeitszimmer.«
    »Willst du dein Frühstück dort haben?«
    »Nein, danke, ich frühstücke nicht.«
    Sie nickte kühl und wandte sich ab. Er zögerte. Sollte er die Sache ihr gegenüber erwähnen? Lieber nicht.
    Er ging in das kleine, mit Büchern voll gestopfte Hinterzimmer, das ursprünglich als Bügelzimmer gedacht war, das er sich aber statt des vielfenstrigen, für ihn als Studio vorgesehenen Raumes mit dem Kamin als Arbeitszimmer eingerichtet hatte. Er wählte Philips Nummer, blieb vor Eile mit dem Finger im falschen Loch hängen, begann fluchend von vorn. Das Amtszeichen summte im Hörer wie ein gefangenes Insekt. Deon thronte auf dem Schreibtisch und legte sein langen Beine über die Armlehnen des ledergepolsterten Sessels. Keine Antwort. Er tippte mit den Fingern auf die Gabel, wartete auf das Rufzeichen und versuchte es noch einmal. Wieder nichts. Nach einer halben Minute legte er den Hörer auf die Gabel, ließ sich vom Schreibtisch gleiten und ging ein paar Mal im Zimmer auf und ab, hier und da ein Buch, ein Bild an der Wand oder ein Foto berührend, wie um sich zu vergewissern, daß diese Dinge existierten, daß es außer dem Aufruhr in seinem Innern noch eine andere Realität gab, daß das Leben nach einem immer wiederkehrenden Muster verlief, das man nur erkennen konnte, wenn man genügend Abstand davon hatte.
    Das Telefon schrillte, und er nahm augenblicklich den Hörer ab in der Erwartung, Philips Stimme zu hören. Statt dessen sagte eine fremde Frauenstimme mit einem Anflug von Überraschung ob seiner prompten Antwort: »Professor Van der Riet?«
    »Ja«, sagte er kurz.
    »Winifred Anderson von der ›Mail‹. Entschuldigen Sie bitte, daß ich Sie am Sonntag belästige, Herr Professor. Sie erinnern sich wahrscheinlich nicht, aber ich habe Sie einmal zusammen mit Professor Davids interviewt. Es war zu Beginn des Jahres bei einem Vortrag, den Professor Davids …«
    Mondgesicht und Dutt im Nacken. Aufdringlicher Typ.
    »Ich erinnere mich«, sagte er schroff.
    »Nun, die ›Afrikaans Sunday‹ hatte heute Morgen einen sehr interessanten Artikel über ein Experiment von Professor Davids, und wir dachten, ein Kommentar von Ihnen wäre …«
    »Tut mir leid, ich weiß nichts über Professor Davids' Arbeit.« Vielleicht war er zu grob, aber er konnte

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