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Die Erbsünde

Titel: Die Erbsünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barnard Christiaan
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Stirn. Was gab es denn jetzt noch? Aber Moolman war unbeirrbar. Ernsthaft zog er eine gefaltete Zeitschrift aus der Kitteltasche und schlug sie an der Stelle auf, die er durch ein Eselsohr markiert hatte. »Haben Sie schon den Artikel in ›Thorax‹ gesehen, Sir? Ich fürchte, die Franzosen haben Sie überholt, Sir.« In seiner Stimme klang echtes Mitgefühl.
    Ein Blick auf die Abbildungen genügte, Deon brauchte den Text gar nicht erst zu lesen. Vor sich hatte er die genaue Darstellung der Methode zur Operation einer Trikuspidalatresie, die er in mühevoller Kleinarbeit ausgeknobelt und im Labor entwickelt hatte. Er kannte den Namen eines der Autoren. Sie hatten sich bei einem Kongress in London kennen gelernt.
    »Haben sie schon jemand operiert?«
    »Nein, Sir.« Moolman blätterte um. »Hier steht, daß sie schon einige Fälle auf der Warteliste haben, aber operiert ist noch keiner.«
    Deon versuchte ein Lächeln. »Also wissen wir immer noch nicht, ob es bei Menschen durchführbar ist.«
    Moolman nickte langsam. »Pech, Professor.«
    »Darauf kommt es doch nicht an, oder?« Deon hoffte, daß seine Worte aufrichtig klangen.
    Man durfte es nicht zeigen. Die Regeln der Männlichkeit schrieben vor, daß man es nicht zeigen durfte. Man hatte eine Inspiration, schwitzte Blut und Wasser, bis man die Idee bis ins kleinste vervollkommnet hatte, und dann kam jemand vom anderen Ende der Welt, der die gleiche Idee gehabt hatte, nur etwas eher, und ging vor einem durchs Ziel. Und statt allen natürlichen Instinkten zu folgen, mußte man ihm lächelnd zu seinem Sieg gratulieren. Ein guter Verlierer gewinnt alle Herzen – nur wird sein Name sehr bald vergessen.
    »Wir machen doch trotzdem weiter, Sir?« fragte Moolman unsicher.
    »Aber natürlich.«
    »Klasse«, sagte er und errötete, da er seine Gedanken verraten hatte. Moolmans Enttäuschung über die Tatsache, daß er nun doch nicht den Ruhm für die Teilnahme an einem bahnbrechenden Experiment ernten sollte, war verflogen. Möglicherweise hatte ihm auch von vornherein einzig das Experiment mit seinem Endergebnis am Herzen gelegen, ohne daß er an seinen persönlichen Vorteil dachte.
    Deon betrachtete ihn heimlich von der Seite und fragte sich: War ich früher auch so idealistisch? Er sah sich als junger Assistent, wie er Snyman flehentlich fragte: Was kann ich tun?, und der alte Herr ihm antwortete: Das können nur Sie entscheiden. Und wo war es jetzt, das Mitgefühl mit der leidenden Menschheit, die Empörung über das Unrecht, die Entschlossenheit, die Welt zu verbessern, und die unerschütterliche Zuversicht, daß die Medizin dies erreichen konnte? Früher war sein einziges Anliegen gewesen, die Kranken zu heilen. Das war jetzt anders. Gewiß, er empfand noch Mitleid, auch einen ohnmächtigen Zorn, wenn die Nacht zu früh einbrach, aber seine Gefühle waren stark verdünnt und hielten nie lange vor. Hatte er mit zunehmendem Alter seine Begeisterungsfähigkeit verloren? Doch klammerte er sich mit Leidenschaft ans Leben, oder war es Gier? Er mußte alles besitzen, konnte nichts abgeben, sei es eine Frau oder der Applaus der Kollegen. Der Bach, der früher klar sprudelte, war trüb geworden. Deon konnte die Kiesel auf seinem Grund nicht mehr sehen.
    Er ging in sein Büro. Während der nächsten Stunden versuchte Jenny pausenlos, Philip ausfindig zu machen – ohne Erfolg. Deon vertiefte sich in den Artikel über das französische Experiment, aber er konnte sich nicht konzentrieren. Wiederholt ertappte er sich dabei, wie er ins Leere starrte. Am frühen Nachmittag summte die Sprechanlage.
    »Ja?«
    »Gespräch für Sie, Herr Professor. Der Herr wollte seinen Namen nicht nennen«, sagte Jenny leicht missbilligend. »Er sagte, es sei vertraulich und sehr dringend.«
    Das konnte nur Philip sein. Endlich.
    »Stellen Sie durch.«
    »Deon? Was, zum Teufel, spielt sich ab?« sagte eine atemlose Stimme, ohne jede Einleitung. Deon erkannte sie mit einer bösen Vorahnung.
    »Ach, hallo, Barry.«
    »Hallo. Du hast mich angelogen. Einen schönen Bären hast du mir aufgebunden mit deinen Eierstöcken für hormonelle Versuche. Weißt du auch, was du mir da eingebrockt hast?«
    Deon hielt den Hörer vom Ohr weg und schnitt eine angewiderte Grimasse. Das Quäken ging in nun verminderter Lautstärke weiter. Als es verstummte, legte Deon den Hörer wieder ans Ohr. Besorgt rief der andere: »Hallo?«
    »Schon gut, Barry«, sagte Deon mit absichtlich gleichgültig schleppender Stimme. »Du

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