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Die Erde ist nah

Die Erde ist nah

Titel: Die Erde ist nah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludek Pesek
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dauernd das physisch schwächste Mitglied der Expedition. Ich glaube, daß ihm damals das unbezwingbare Verlangen, »es zu überwinden«, am Leben erhalten hat. Und so beginnt, wenn auch unglaublich langsam, aus den düsteren Schatten der Psychosen das Ziel unserer Fahrt in helleren Umrissen emporzutauchen. Zwei Monate trennen uns noch vom Ende des langen Flugs. Wir wissen alle, daß nur der Glaube an das Gelingen der Expedition den schwachen Puls unserer Herzen stärken kann. Das klingt pathetisch. Doch es gibt Augenblicke, in denen der Mensch etwas Großes braucht, an das er glauben kann. Den Glauben an ein Größeres, in dessen Glanz er selbst erstrahlen kann. Es begann an den urzeitlichen Feuern beim Anblick der untergehenden Sonne. Es hieß: Das Große Unbekannte; dann Der Große Geist, dann Der Große Gott; später Die Große Liebe, Die Große Sehnsucht, Die Große Erkenntnis, Die Große Energie - aber immer war es etwas Großes.Auf allen Schiffen des Konvois war Alarm dritten Grades. Alle Mitglieder der Besatzung mußten die schweren Raumanzüge anziehen. Die Meteor-Radars hatten im Raum unserer Bahn einen unbekannten Körper von bedeutenden Ausmaßen entdeckt. Wahrscheinlich ein großer Meteorit. Nach den Aufzeichnungen auf dem Bildschirm konnte vorläufig nicht festgestellt werden, ob es sich um einen großen Meteoriten oder um eine Gruppe kleinerer Bruchteile handelte. Die Entfernung war zwar sehr groß, doch in Anbetracht unserer Bewegungsgeschwindigkeit und der des Körpers konnte sie sich in kurzer Zeit wesentlich verringern. Endlose Minuten aufreibender Spannung folgten. Was wäre das doch für eine Bosheit des Schicksals, die die Bahn unseres Konvois und die Bahn des unbekannten Meteors so berechnete, daß sie im Bruchteil einer Sekunde, ja, in einem einzigen Aufblitzen diesen einen Traum der Menschheit zunichte machte. Die Führerkabine meldete die Bewegungsrichtung des Himmelskörpers. Theoretisch kreuzte sie unsere Bahn in einem spitzen Winkel. Es stand bereits fest, daß es sich um einen Schwärm von großen Meteoriten handelte. Obwohl in Anbetracht der ungeheuren Größe des Raums und der verhältnismäßig unbedeutenden Größe der Raumschiffe die Wahrscheinlichkeit eines Zusammenstoßes fast ausgeschlossen war, genügte doch der Rest der Möglichkeit, um uns die Ruhe zu rauben. Wir wußten sehr gut, daß ein Meteoritenschwarm von kleinen Absprengsein begleitet war. Eine solche Wolke von Meteorstückchen kann einen Durchmesser von einigen Dutzend Kilometern haben. Und ein einziges Teilchen in der Größe eines Kirschkerns konnte mit seiner kinetischen Kraft den Panzer des Schiffes wie ein Atomgeschoß durchschlagen.
    Es folgten zwei endlose Stunden in den schweren Raumanzügen mit angeschlossenen Sauerstoffgeräten. Der Zähler der Mikrometeoriten steigerte seine Tätigkeit. Ich kam mir wie in einem Unterseeboot vor, gegen das ein todbringendes Torpedo zielt. Dann zeigte der Mikrometeoritenzähler Normalstand, und die Signale des Radars verstummten. Die Zentrale meldete das Ende des Alarms.
    Wie Silcott, der während des Alarms Dienst am Radargerät hatte, später errechnete, flog der Meteoritenschwarm in einer Entfernung von ungefähr dreißig Kilometern an uns vorbei. Das ist nach kosmischen Verhältnissen so nah, daß er uns - wie Silcott sagte - beinahe die Haut vom Rücken geschürft hätte. McKinley behauptete, daß der sogenannte Meteoritenschwarm ein Entenschwarm vom Mars war, und er ersuchte den Kapitän, Silcott wegen absoluter Untauglichkeit seiner Funktion zu entheben. Jetzt konnten wir wieder scherzen. Jetzt schon.
    In den folgenden Tagen war ich mit einer neuen Krankheit wieder vollauf beschäftigt. Morphy kam und teilte mir erregt mit, daß er durch den Sehschlitz gelbleuchtende Funken gesehen habe, die um den Konvoi flogen. Weil Morphy nicht zu den Typen gehörte, die zu Psychosen neigten, und weil seine Teste die ganze Zeit hindurch zu den ausgeglichensten gehörten, war ich sehr überrascht. Er konnte mir diese Erscheinung nicht vernünftig erklären. Sachlich gesehen, waren fliegende gelbe Funken ein ausgesprochener Unsinn. Ich forderte ihn auf, sofort zu mir zu kommen, falls sich diese Erscheinung wiederholen sollte.
    Am folgenden Tag sahen auch Williams, Briggs und Trott diese fliegenden Funken. Das deutete wieder auf eine verrückte Psychose hin. McKinley machte sich über alle drei lustig und fragte, ob sie nicht auch weiße Mäuse gesehen hätten. Noch am selben Tag kam er

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