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Die Erde ist nah

Die Erde ist nah

Titel: Die Erde ist nah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludek Pesek
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Ausstattung von wissenschaftlichen Instrumenten. Eine Schwäche war vielleicht darin zu sehen, daß niemand abschätzen konnte, wie sich die technische Ausrüstung im Gelände bewähren würde. Der scheinbar leichteste Weg, das für die wissenschaftlichen Forschungen wichtige Gebiet zu erreichen, war die Verwendung der Libelle. Leider betrug ihr Aktionsradius nur drei Flugstunden. Bei einer Geschwindigkeit von zweihundert Kilometern pro Stunde konnte höchstens, und zwar noch um den Preis des Verlustes jedweder Sicherheitsreserve für die Rückkehr, der Rand des Gebietes Sinus Sabaeus erreicht werden, der ungefähr in der Mitte der Entfernung bis zum Gebiet Deucalionis Regio liegt. Das lehnte natürlich der Kapitän entschieden ab. Die einzige Möglichkeit bestand in der Errichtung von vorgeschobenen Hilfsstützpunkten. Aus allem ging zum Schluß hervor, daß wir alle bisherigen Pläne umarbeiteten, vor allem aber, daß wir den Bau der Hauptbasis beenden mußten.
    13
    Das Wetter, das wir für ganz außergewöhnlich hielten, dauerte volle sechsundzwanzig Tage an. Endlich schwand die schwere körperliche Schlaffheit, und es begann Optimismus zu keimen, der auf den Gesundheitszustand der Besatzung einen wunderwirkenden Einfluß hatte. Auch der Bau der Basis ging rascher vor sich. Das elektrische Aggregat war bereits in Betrieb, und bei der Montage des großen Radioteleskops entstanden keine außerordentlichen Schwierigkeiten. Selbstverständlich gab es Probleme genug, doch die waren normal. So gab es an den Aggregaten des Elektrizitätswerkes einige Mängel. Der Frost beschädigte die Isolationen, und feiner Staub verstopfte die Filter. Bei einem Nachtfrost von achtzig Grad unter Null fror die Rohrleitung der Pumpen ein, weil bei der Montage die Wärmeisolierung beschädigt worden war. Doch das waren geringe Schwierigkeiten im Verhältnis zu denen, die beim Projekt Alfa regelrecht geplant worden waren, völlig bedeutungslose übrigens, gemessen an denen, die später wirklich noch entstehen sollten.
    Der einzige Schatten dieser Tage war der Gesundheitszustand des Kapitäns. Jeden Abend hatte er hohes Fieber, dessen Ursache weder Watts noch ich ermitteln konnte. Das machte uns um so größere Sorgen, je mehr sich der Gesundheitszustand der übrigen Expeditionsmitglieder besserte. Der Kapitän betrachtete jedoch seine Krankheit dauernd als eine »sogenannte«, und ich glaubte, daß er an ihrer Langwierigkeit nicht unschuldig war; an sich ordnungsliebend, ja sogar pedantisch streng, hielt er selbst die vorgeschriebene Ruhe nicht ein. O'Brien war völlig mit der Umarbeitung des Plans für die wissenschaftlichen Forschungen beschäftigt. Oft erschien er mir wie geistesabwesend.
    Auch der Meteorologe Morphy beendete schließlich den Bau seiner kleinen, mit automatischen Aufzeichnungsgeräten ausgestatteten Station. Die runde Stahlkabine steht auf einem Felsenvorsprung abseits der Basis, damit das Anemometer nicht von etwaigen Wirbeln der Atmosphäre beeinflußt wird; es sieht aus wie ein roter Miniaturleuchtturm. Innen ist nur Platz zum Sitzen, doch Morphy ist glücklich, als er endlich alle Geräte in Betrieb setzen und die Nadeln beobachten kann, die mit geheimnisvoller Schrift auf das endlose Papierband Gedichte schreiben, die nur er versteht. Er nennt die Kabine poetisch Aurora und ärgert sich, als McKinley erklärt, daß ihm die Sache wie ein ländliches WC vorkomme. Wir waren bereits fünfunddreißig Tage auf der Basis. Der
    Umkreis, in den wir vorläufig vorgedrungen waren, ließe sich mit einigen Dutzend Metern umgrenzen. Diese scheinbare Kuriosität ließ sich einfach erklären; in den ersten Tagen unseres Aufenthaltes war der physische Zustand der Expeditionsmitglieder so, daß jeder Schritt im schweren Geländeanzug zu kostbar war. Die Raupenschlepper wurden nur zur Arbeit beim Bau der Basis eingesetzt. Das bedeutet jedoch nicht, daß uns der endlose Raum der unberührten Wüste um uns nicht gelockt hätte. Im Gegenteil. Die schönsten Augenblicke dieses Zeitabschnittes waren die Abende im Klub, auch wenn wir manchmal im Dunkeln saßen; denn aus Ersparnisgründen lief die elektrische Kraftanlage auf Minimalleistung. In diesen Abendstunden voller erregter Debatten erwachte von neuem der Zauber der Einmaligkeit unserer Erlebnisse. Niemand von uns ahnte, welch kostbare Sekunden abliefen.
    Am einundvierzigsten Tag trübt sich die Atmosphäre von neuem zu einem gelblichen Nebel. Bei der Morgenkontrolle der

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