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Die Erde ist nah

Die Erde ist nah

Titel: Die Erde ist nah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludek Pesek
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kleinen Schlepper bewähnen sich gleich beim ersten Einsatz; mit ihrer Hilfe waren die montienen Masten in kurzer Zeit aufgestellt. Nach dem Anschluß der Antenne gelang es, die Verbindung mit der Erdzentrale wieder herzustellen. Sie war jetzt ausgezeichnet. Jenkins lebte wieder auf.
    Die große Antenne stand also, die Verbindung mit der Erdzentrale war gesichen. Eine weitere Quelle der Unruhe war die Bestimmung unseres Landeplaztes auf der Karte. Ich bemerkte, daß zwischen dem Kapitän und dem Haupttechniker Glennon bei diesbezüglichen Beratungen eine eigenanige Spannung herrschte, die ich mir nicht erklären konnte. Ich fragte deshalb einmal ganz privat O'Brien um seine Meinung. Er sagte mir, daß zwischen dem Haupttechniker und dem Kapitän ein Meinungsunterschied entstanden sei über die Größe der Abweichung vom Nullpunkt, der für die Landung bestimmt worden war. »Der Kapitän ist überzeugt, daß beim Landungsmanöver ein Fehler unterlaufen ist. Wissen Sie, Cosby«, fuhr O'Brien fort, »entweder glaube ich einem Menschen ganz oder gar nicht. Glennon kennt das Mißtrauen des Kapitäns und hat Angst, auch nur den geringsten Fehler zu machen. Das ist bei ihm schon ein Komplex. Und das ist die beste Voraussetzung dafür, einen großen Fehler zu machen.«
    Mehr wollte er darüber nicht sagen. O'Brien war der wissenschaftliche Leiter der Expedition, und in letzter Zeit hatte ich den Eindruck, daß er sich von allem zurückzog, was nicht unmittelbar mit seiner Befugnis als Stellvertreter des Kapitäns zusammenhing.
    Der wirkliche Landungspunkt konnte nur mit Hilfe unseres kleinen, zweisitzigen Düsenhubschraubers genau bestimmt werden, der noch im Innern des dritten Lastschiffes ruhte. Wegen der schlechten Sicht konnten wir ihn bisher nicht einsetzen. Nebel - das war das Symbol dieser Tage. Die Montage des Elektrokraftwerkes machte verzweifelt langsame Fortschritte. Der Meteorologe Morphy hatte mit dem Kapitän eine kleine Auseinandersetzung, denn er brauchte zwei Männer, die ihm beim Bau der meteorologischen Station helfen sollten, doch der Kapitän wollte niemanden freigeben. Wer physisch arbeiten konnte, mußte bei den lebenswichtigen Aufgaben für die Basis mithelfen. Das mußte Morphy schließlich einsehen. Vorläufig mußte er sich seine fünfzig Meter von der Basis entfernte zylindrische Stahlkabine mit Thermometern, Barometern und anderen Geräten nur vorstellen.
    Ich grübelte dauernd darüber nach, warum sich die Wirklichkeit so grundsätzlich von allen Planungen unterscheidet. Sind wir noch dieselben Menschen, die vor einem Jahr die Landung auf dem Mars perfekt vorausgeplant haben? Bei einer der üblichen Untersuchungen stellte ich beim Kapitän merklich erhöhte Temperatur fest. Den Vorschlag, sich einer gründlicheren Untersuchung zu unterziehen, wies er schroff zurück mit dem Hinweis, daß er sich ganz wohl fühle. Ich konnte mich nicht mehr beherrschen. »Kapitän«, platzte ich heraus, »in diesem Raum entscheide und befehle ich!« Ich war über die Wirkung dieses Satzes auf ihn überrascht: Er ließ sich ohne weiteren Widerspruch untersuchen. Die Ursache der erhöhten Temperatur konnte ich leider nicht feststellen. Ich konnte nichts anderes tun, als das Fieber mit Pharmazeutika und Körperruhe herunterzudrücken. Andere Ruhe als körperliche konnte ich ihm nicht verordnen. Als der Kapitän die Ordination verließ, entschuldigte er sich wegen seiner Grobheit.Am nächsten Tag in der Frühe herrschte große Erregung. Alle Luken waren besetzt. Der Nebel hatte sich in der Nacht aufgelöst, und wir erblickten zum erstenmal das Panorama der umliegenden Landschaft. Vom Observatorium, das sich am höchsten Punkt der Basis befand, sah man ein endloses Meer von Staub, aus dem stellenweise niedrige, von Korrasion zernagte und abgeschliffene Felsen herausragten. Die von der Sonne beleuchteten Staubwehen warfen lange Schatten. Der westliche Horizont hob sich in scharfem orangegefärbtem Ton von dem dunklen Ultramarin des Firmaments ab, während am fernen südwestlichen Horizont der grelle rosafarbene Kamm einer Hochebene leuchtete. Das Bild strahlte die Majestät einer unbezwungenen Wüste aus. In der Navigationskabine fand eine Beratung statt. Der Kapitän, dessen Fieber zurückgegangen war, studierte mit McKinley und Compton die Marskarten. Als ich eintrat, um zu protestieren, daß er sein Lager verlassen hatte, nahm er mich überhaupt nicht zur Kenntnis. Er bewahrte eine eisige, ruhige Miene. Die Maske

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