Die Erde ist nah
Eidechse aus dem feinen Sand befreit werden konnte. Aus der Höhe des Observatoriums war die durch Millionen von Jahren vom Wind geformte Gliederung der Wüstenoberfläche gut zu sehen; Streifen nackten Bodens unterschieden sich von rosaroten Dünen aus feinerem Sand, der stellenweise von graugelben Staubschichten überdeckt war. Die Windseite der Dünen aus schwerem Material war anders gefärbt als die vom Wind abgewendete Seite. Theoretisch waren die Windseiten der Kämme der Sanddünen das beste Gelände für die Raupenschlepper.
Wie es aber in der Praxis aussah, das zeigte sich bald; beide Eidechsen verschwanden hinter einer großen Düne - und tauchten nicht mehr auf. Ich ging rasch in die Zentrale. Jenkins hatte schon mit beiden Besatzungen Verbindung und erfuhr soeben, daß beide Eidechsen in eine tiefe Staubschicht eingesunken waren.
Die Fahrer forderten einen dritten Schlepper an, der sie herausziehen sollte. Dieser Auftrag war nicht sehr ermunternd. Als alle drei Eidechsen zur Basis zurückkehrten, war mit O'Brien, der sich an der Probefahrt beteiligt hatte, nicht zu reden. Ich ahnte, was ihn bedrückte: sechshundert Kilometer hinterhältige Wüste, die uns von Deucalionis Regio trennte. Die Fahrer behaupteten jedoch, das alles sei eine Sache der Erfahrung. Wichtig sei, auf dem nackten Boden zu fahren - auch um den Preis von Umwegen - und die gelben Dünen hintereinander zu durchfahren, und zwar so, daß der zweite Schlepper nicht in die Düne fahre, bevor der vordere Schlepper nicht durchgekommen wäre. Die Expeditionen in die Tiefen der Wüste Edom versprachen also nichts Angenehmes. Noch am gleichen Tag vormittags starteten Lawrenson und McKinley mit der Libelle. Sie erhob sich senkrecht über die Basis, steuerte dann direkt nach Osten und verschwand bald am dunkelvioletten Horizont. Das Wetter war ausgezeichnet. Die reglose, von der fast senkrecht stehenden Sonne beschienene Wüste in der Umgebung der Basis erweckte den Eindruck eines hellen Meeres, dessen Wellen wie das Bild eines gestoppten Filmes erstarrten. Das Bild eines steinernen Meeres, an dessen südwestlichem Horizont die strahlende Insel des Gebirges Edom Promotorium leuchtete. Endlich, nach eineinhalb Stunden, rief Lawrenson die Zentrale an. Die Verständigung war nicht gerade ideal. Er meldete, daß sie an einem geeigneten Platz gelandet wären, fast genau nach dem Plan. Er beschrieb die Umgebung als einen Hügel mit einem schrecklichen Gewirr von Steinblöcken und zerklüfteten Felsen. Auf einen der Felsen wollten sie den Radiomast hinauftragen und fest gegen Stürme sichern. Dann wurde die Verbindung unterbrochen. Nach drei Uhr nachmittags erhob sich ein schwacher Wind. Von den Dünen stieg feiner Staub auf, wie Rauch aus vulkanischem Boden. Der Horizont nebelte sich ein und verschwamm mit dem Firmament. Wir begannen, um die Libelle zu bangen. Zwar sprach keiner davon, doch zweifellos konnten sich alle die Folgen einer starken Einnebelung durch Staub oder gar durch einen Staubsturm vorstellen. Um drei Uhr meldeten sich Lawrenson und McKinley. Sie hatten sich mit der Montage des Radiopeilsystems verspätet; der ursprünglich ausgewählte Ort hatte sich als nachteilig erwiesen. Der Felsen war verwittert und bröckelte ab, kaum daß sie eine Klammer für das Sicherungsseil eingeschlagen hatten. Sie mußten deshalb das Gerät auf einen kompakteren Felsen bringen. Sie meldeten, daß aus der Wüste Staub aufsteige und daß sie startbereit seien. Nach einer Stunde erschien die Libelle über der Basis. Sie schwebte herab und landete einige Meter vor dem Schuppen im Dreierschiff. Es war höchste Zeit. Der Wind wurde stärker, und die Masten der großen Antenne verschwanden schon im Nebel.
O'Brien wollte das fahrbare Laboratorium im Gelände erproben. Er fragte den Kapitän. Der Vorschlag wurde abgelehnt. Der Bau des Hilfslagers sei noch nicht beendet. Er könne keinen der Mechaniker freigeben, die in der Führung des schweren Fahrzeugs ausgebildet seien. Er vertröstete O'Brien, das Hilfslager werde in spätestens drei Tagen fertig sein, und drei Tage seien kein wesentlicher Verlust für die Wissenschaft. O'Brien nahm die Entscheidung des Kapitäns nicht schweigend hin und sagte: »Die Beurteilung dessen, was für die Wissenschaft wesentlich ist, überlassen Sie mir.« Das Lager war wirklich in drei Tagen fertig. Ich hoffte, daß damit die Reibungsfläche zwischen der technischen Sicherung der Expedition und ihrer wissenschaftlichen Bestimmung
Weitere Kostenlose Bücher