Die Erde ist nah
Libelle betrifft, einigermaßen das Gewissen quält. Er hat offenbar das Bedürfnis, sich auf eine neutrale Autorität zu berufen, und erwähnt Beratungen mit der Erdzentrale, die den Einsatz der Libelle für Fernflüge ebenfalls nicht billige.
O'Brien erwidert gereizt: »Was wissen die von den hiesigen Verhältnissen? Diese Bürokraten!« Das Gespräch endet mit beiderseitiger Verstimmung. Am späten Nachmittag meldet sich wieder die Basis. Der Kapitän bewilligt den Start der Libelle, wenn sich die Befahrbarkeit des Geländes am nächsten Tag nicht wesentlich bessert. Voraussetzung ist selbstverständlich einwandfreies Wetter. Nach einer wohltuenden Ruhepause stärkt diese Nachricht unseren erschlafften Optimismus.
Von meiner Liegestätte sehe ich durch den Sehschlitz die von der niedrigen Sonne rot angestrahlte Wüste. Dieses Bild großartiger Bewegungslosigkeit und erhabener Stille erfüllt mich mit einem süßen Gefühl der Ruhe. Da weckt mich ein Schrei. Ich begreife nicht, was los ist. In der Kabine ist es finster. Als ich mich aber endlich besinne, erkenne ich, daß jemand zwischen den Klappbetten umhergeht und die Schlafenden weckt. An der Stimme erkenne ich Compton. Verwirrt erzählt er etwas von einem blauen Licht. Was sind denn das wieder für Visionen? Vielleicht träumt er, vielleicht ist es ein Anfall von Schlafwandeln. Da aber bemerke auch ich' an der Decke der Kabine seltsame, blinkende blaue Lichter. Ich wende mich dem Sehschlitz zu, sehe hinaus und erstarre vor Staunen: die dunkle Silhouette der unweit im Sand stehenden, matt beleuchteten Eidechse ist mit blinkenden blauen Flämmchen bedeckt, als hätte jemand das Fahrzeug mit blauleuchtenden Kerzen bespickt. Gleichzeitig sehe ich Leuchtblitze über dem Horizont. In der Kabine, in der man sich bei niedergeklappten Liegestätten nicht rühren kann, herrscht Verwirrung. Alle drängen sich zu den Luken an der nordöstlichen Seite.
Die Erregung steigert sich, als auf dem Kamm einer Staubdüne eine hellviolett leuchtende Kugel erscheint, die langsam über das gewellte Gelände in Richtung zu uns schwebt. Fasziniert verfolgen wir, wie sich der Lauf in eine Zickzackbahn wie die eines Spürhundes verwandelt, sich beschleunigt und Gräben überspringt. Unwillkürlich weichen wir von den Sehschlitzen zurück, als die Lichtkugel mit rasender Geschwindigkeit direkt auf unsere fahrbare Kabine zusteuert. Ein blendendes Licht erfüllt die Kabine. Ich habe das Gefühl, daß die Feuerkugel das Panzerglas der Luke berührt, und ich glaube, knisternde Geräusche elektrischer Entladungen zu hören. Dann verschwindet die Kugel, und vom Dach des Fahrzeugs sind prasselnde Geräusche zu hören.Ich weiß nicht - und es weiß niemand von uns wie viele Sekunden diese Spannung dauerte. Dann springt das flammende Licht auf eine der Eidechsen über. Die kleinen blauen Lichter erlöschen augenblicklich, die Kugel leuchtet noch stärker und verschwindet so plötzlich wie sie erschien. Alle sind von dieser Naturerscheinung, die an einen Kugelblitz erinnert, höchst erregt. O'Brien schaltet die Radioverbindung ein und versucht vergeblich, mit der Basis Verbindung aufzunehmen. Man hört nur das ununterbrochene Prasseln von Störungen.
O'Brien ordnet für die gesamte Besatzung Bereitschaft an. Wir kriechen in die Raumanzüge und gehen hinaus, um die Befestigung der Ladungen zu kontrollieren. Die Sterne am nordöstlichen Himmel verschwinden allmählich. Gleichzeitig vernehmen wir ein Rauschen, das einem riesigen, entfernten Wasserfall gleicht. O'Brien will einen der kleinen Schlepper verlegen, doch das Rauschen verstärkt sich so schnell, daß er diesen Befehl widerruft. Schleunigst suchen wir die Kabine der Astra auf. Nach den Erfahrungen, die wir bereits haben, ist es nicht ratsam, sich außerhalb einer festen Deckung aufzuhalten. Ein sicherer Aufenthalt?
Der erste Anprall des Staubsturms ist so gewaltig, daß die Kabine erbebt. Ich befürchte, daß das schwere Fahrzeug umkippt. Das Gebrüll des Windes, der ganze Berge von Staub mit sich trägt, ist betäubend. Ich fühle absolute Hilflosigkeit. Die Kabine der Astra schwankt und wird erschüttert, und das vom Sand gepeitschte Metall kreischt, als fühlte es Schmerzen. Die Kraft des menschlichen Gehirns ist gigantisch, doch in Augenblicken, wenn die Natur ihre Faust zeigt, bleibt dem Menschen nur Demütigung, Angst und Hoffnung.
18
Um sieben Uhr morgens ist draußen eine undurchdringliche Finsternis. Die Kabine wird dauernd
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