Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Erde

Die Erde

Titel: Die Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
Vom Netzwerk:
Anspielungen, daß sich Patoir dadurch gekränkt fühlte. Er kam angerannt, blieb jedoch anstandshalber an der Tür stehen.
    »Hört mal, ich habe euch ja Bescheid gesagt ... Ihr habt mich angefleht, ich soll eure Kuh retten ... Ich kenne euch nämlich, ihr Luder! Daß ihr mir ja nicht herumerzählt, ich hätte euer Kalb umgebracht! Verstanden?«
    »Klar, klar«, murmelte Geierkopf, der mit ihm in den Stall zurückkehrte. »Immerhin haben Sie ja das Kalb zerschnitten.«
    Lise, die zwischen ihren drei Stühlen auf der Erde lag, wurde von einer Dünung durchströmt, die von den Seiten aus unter der Haut abwärts verlief, um tief zwischen den Schenkeln in ein unausgesetztes Weiten des Schoßes auszulaufen. Und Françoise, die bis dahin in ihrer Betrübnis nicht hingeschaut hatte, blieb auf einmal verdutzt vor ihrer Schwester stehen, deren Scham ihr gleichsam verkürzt vorkam: nichts als die Ecken der hochgereckten Knie rechts und links von der Kugel des Bauches, in dem sich eine runde Vertiefung aushöhlte. Dies war so unerwartet, so verunstaltet, so ungeheuerlich, daß sie sich dadurch nicht einmal peinlich berührt fühlte. Niemals hätte sie sich so etwas vorgestellt: das gähnende Loch einer eingestoßenen Tonne, die weit offene Luke des Heubodens, durch die das Heu hinausgeworfen wird und die von buschigem schwarzem Efeu starrt. Als sie dann merkte, daß eine zweite, kleinere Kugel, der Kopf des Kindes, bei jeder Wehe herauskam und wieder hineinging in einem ewigen Versteckspiel, überkam sie eine so heftige Lachlust, daß sie husten mußte, damit man nicht auf den Verdacht kam, sie sei herzlos.
    »Ein bißchen Geduld noch«, erklärte die Frimat. »Das wird gleich soweit sein.« Sie kniete zwischen den Beinen und spähte nach dem Kinde aus, bereit, es aufzufangen.
    Aber es machte Umstände, wie die Bécu sagte; eine Weile ging es ganz weg, man hätte meinen können, es sei wieder tief in den Leib zurückgekehrt.
    Da erst riß sich Françoise von dem Bann dieses auf sie gerichteten Ofenloches los; und eine Verwirrung ergriff sie sogleich, sie nahm die Hand ihrer Schwester und war von Mitleid gerührt, seit sie die Augen abgewandt hatte.
    »Meine arme Lise, du hast aber was auszustehen!«
    »Oh, ja, oh, ja, und niemand bedauert mich ... Wenn man mich wenigstens bedauern würde ... Oh, das fängt wieder an! Kommt's denn nicht endlich!«
    Das konnte noch lange so weitergehen; da tönten plötzlich aus dem Stall Rufe des Erstaunens herüber. Das war Patoir, der, verwundert darüber, daß die Coliche immer noch strampelte und muhte, das Vorhandensein eines zweiten Kalbes vermutet hatte; und die Hand wieder hineintauchend, zog er tatsächlich eines heraus, diesmal ohne irgendwelche Schwierigkeit, als hätte er ein Taschentuch aus der Tasche geholt. Die Freude dieses dicken spaßigen Mannes war so groß, daß er jeden Anstand vergaß und mit seinem Kalb in die Stube zu Lise rannte; Geierkopf hinterdrein, der ebenfalls Witze machte.
    »Na, Dicke, du wolltest eins haben ... Da ist es!«
    Und er barst schier vor Lachen, war splitternackt unter seiner Schürze, hatte die Arme, das Gesicht und den ganzen Körper mit Kuhfladen beschmiert und hielt sein noch nasses Kalb, das einen Rausch zu haben schien, so schwer und verwundert war sein Kopf.
    Inmitten des allgemeinen Jubels wurde Lise beim Anblick des Kalbs von einem tollen, unwiderstehlichen, nicht enden wollenden Lachanfall erfaßt.
    »Oh! Ist das drollig! Oh, wie dumm, mich so zum Lachen zu bringen ... Oh, was hab ich auszustehen! Das spaltet mich auseinander. Nein, nein, bringt mich nicht mehr so zum Lachen, ich geh dabei drauf.«
    Das Lachen kollerte tief in ihrer üppigen Brust, rutschte in ihren Bauch hinab, wo es mit Sturmesatem preßte. Sie wurde davon aufgebläht, und der Kopf des Kindes hatte sein Pumpenspiel wieder aufgenommen, wie eine Kanonenkugel, die drauf und dran ist loszufliegen.
    Und das Tollste war, als sich der Tierarzt, der das Kalb vor sich hingelegt hatte, mit dem Handrücken den Schweiß abwischen wollte, der ihm von der Stirn lief. Er machte sich eine breite Kuhmistschmarre ins Gesicht, alle wälzten sich vor Lachen, Lise blieb die Luft weg; sie preßte unter schrillen Schreien wie eine Henne, die Eier legt:
    »Ich sterbe, hört auf, ich komme um! Verflixter Spaßvogel, der mich so zum Lachen bringt, daß ich abkratze. Mein Gott, mein Gott, das bringt mich um.«
    Das klaffende Loch rundete sich noch mehr, daß man glauben konnte, die immer noch davor

Weitere Kostenlose Bücher