Die Erde
mit angehaltenem Atem.
»Ich fühle die Füße«, murmelte die Frimat, »aber der Kopf ist nicht da ... Es ist nicht gerade gut, wenn man den Kopf nicht findet.« Sie mußte ihre Hand rausziehen. Die Coliche, die von einem heftigen schneidenden Schmerz durchschüttelt wurde, stieß so stark, daß die Füße zum Vorschein kamen. Das war immerhin etwas! Geierkopfs stießen einen Seufzer der Erleichterung aus: sie glaubten bereits etwas von ihrem Kalbe zu haben, als sie diese Füße sahen, die hervorguckten; und von da an setzte ihnen ein einziger Gedanke zu, ziehen, um es sofort zu bekommen, als hätten sie Angst, daß es steckenbleibe und nicht mehr rauskönne.
»Es ist besser, es nicht zu drängeln«, sagte die Frimat weise. »Es wird schon schließlich rauskommen.«
Françoise teilte diese Ansicht. Aber Geierkopf regte sich auf, betastete alle Augenblicke die Füße und wurde böse, daß sie nicht länger wurden. Auf einmal nahm er einen Strick, den er mit einem handfesten Knoten daran festband, wobei ihm seine Frau half, die ebenso zitterte wie er; und da gerade die Bécu, von ihrem Spürsinn hergeführt, in den Stall trat, zogen sie, alle vor den Strick gespannt, zuerst Geierkopf, dann die Frimat, die Bécu, Françoise und sogar Lise, die mit ihrem dicken Bauch dahockte.
»Hau ruck!« rief Geierkopf. »Alle auf einmal! Ach, das Kamel ist nicht einen Zoll weitergerutscht, es ist festgeklebt da drin! – Hü hott! Hü hott! Du Luder!«
Schwitzend, atemlos wiederholten die Frauen:
»Hau ruck! – Hü hott! Du Luder!«
Aber es gab eine Katastrophe. Der Strick, der alt und halb verfault war, riß, und unter Schreien und Flüchen purzelten alle übereinander in die Streu.
»Das macht nichts, es hat mir nichts geschadet«, erklärte Lise, die bis an die Wand gerollt war und die man schleunigst aufhob.
Aber kaum stand sie auf den Beinen, so flimmerte es ihr vor den Augen, sie mußte sich setzen. Eine Viertelstunde später hielt sie sich den Bauch; die Schmerzen von gestern abend setzten wieder ein, waren heftig und kamen in regelmäßigen Abständen. Und sie glaubte, daß sie sich das verkniffen hatte! Was für ein verflixtes Pech immerhin, daß die Kuh nicht schneller machte, und nun erfaßte es sie so sehr, daß sie wohl imstande war, die Kuh einzuholen. Man entwischt seinem Schicksal nicht, es war so bestimmt, daß sie beide zusammen kalben sollten. Sie stieß ein lautes Stöhnen aus, ein Streit brach los zwischen ihr und ihrem Mann.
Himmelsakrament, warum hatte sie auch mitgezogen? Ging sie der Wanst der andern denn etwas an? Sie sollte zuerst mal ihren eigenen ausleeren!
Sie antwortete mit Beschimpfungen, so sehr litt sie.
Schwein! Saukerl! Wenn er ihr den Wanst nicht vollgefüllt hätte, würde der sie nicht so sehr behindern.
»Das alles sind Redereien, die zu nichts führen«, bemerkte die Frimat.
Und die Bécu fügte hinzu:
»Das schafft immerhin Erleichterung.«
Glücklicherweise hatte man den kleinen Jules zum Schwager Delhomme geschickt, damit man ihn los war. Es war drei Uhr, man wartete bis sieben Uhr. Nichts kam, das Haus war eine Hölle: hier Lise, die starrköpfig auf einem alten Stuhl sitzen blieb und sich winselnd krümmte; da die Coliche, die überhaupt nicht mehr aufhörte zu brüllen bei den immer bedenklicher werdenden Schauern und Schweißausbrüchen. Die zweite Kuh, die Rougette, hatte vor Angst angefangen zu muhen. Da verlor Françoise den Kopf, und fluchend und schnauzend wollte Geierkopf noch mal ziehen. Er holte zwei Nachbarn, es zogen sechs Leute, als wollten sie eine Eiche entwurzeln, mit einem neuen Strick, der diesmal nicht riß. Aber die Coliche geriet ins Wanken, stürzte auf die Seite und blieb, keuchend und jammervoll, ausgestreckt im Stroh liegen:
»Das Luder kriegen wir nicht!« erklärte Geierkopf, in Schweiß gebadet. »Und die Alte geht mit ihm drauf!«
Françoise rang flehend die Hände:
»Oh, hol Herrn Patoir! – Soll's kosten, was es kosten will, hol Herrn Patoir!«
Er war düster geworden. Nach einem letzten Kampf fuhr er das Wägelchen heraus, ohne ein Wort zu antworten.
Die Frimat, die sich absichtlich nicht mehr mit der Kuh befaßte, seit wieder vom Tierarzt die Rede war, kümmerte sich nun um Lise. Sie war auch bei Entbindungen gut, alle Nachbarinnen waren durch ihre Hände gegangen. Und sie wirkte sehr besorgt, sie machte der Bécu gegenüber aus ihren Befürchtungen kein Hehl, und die rief Geierkopf, der eben anspannte.
»Hört! – Eure Frau hat
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