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Die Erde

Die Erde

Titel: Die Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Essen bei uns sein ... Ich lade Euch ein; wenn Françoise Euch mag, könnt Ihr Euern Antrag Vater Fouan vorbringen, der ist ja der Vormund.«
    »Abgemacht!« rief er. »Bis heute abend.«
    Und er kehrte in großen Sprüngen zu seinen Pferden zurück, trieb sie den ganzen Tag an und ließ dabei seine Peitsche sausen, deren Knallen loskrachte wie Flintenschüsse am Morgen eines Festtags.
    Bei Geierkopfs war nach vielen Verschiebungen tatsächlich Kindtaufe. Zuerst hatte Lise darauf bestanden, daß sie wieder fest beieinander sein müsse, weil sie beim Festmahl mitessen wollte. Dann hatte sie sich, von einem ehrgeizigen Gedanken besessen, darauf versteift, Herrn und Frau Charles als Patenonkel und Patentante zu bekommen; und als diese herablassend eingewilligt hatten, mußte man auf Frau Charles warten, die eben nach Chartres abgereist war, um im Geschäft ihrer Tochter ein wenig zu helfen; es war gerade September Jahrmarkt, und das Haus in der Rue aux Juifs wurde nicht leer. Übrigens würde, wie Lise zu Jean gesagt hatte, die Familie ganz unter sich sein: Fouan, die Große und die Delhommes, abgesehen vom Patenonkel und von der Patentante.
    Aber im letzten Augenblick gab es große Schwierigkeiten mit Abbé Godard, dessen Zorn auf Rognes sich überhaupt nicht mehr legte. Er hatte sich bemüht, sein Leid geduldig zu ertragen, die sechs Kilometer, die ihm bei jeder Messe sauer ankamen, die nörgelnden Ansprüche eines Dorfes ohne wahre Religion, weil er so sehr gehofft hatte, der Gemeinderat werde sich schließlich den Luxus einer Pfarrei leisten. Er war am Ende mit seiner Schicksalsergebenheit, er konnte sich nicht länger in Hoffnungen wiegen, der Gemeinderat lehnte jedes Jahr die Instandsetzung des Pfarrhauses ab, der Bürgermeister Hourdequin erklärte, die Gemeinde habe schon zuviel Ausgaben, allein der Stellvertretende Bürgermeister Macqueron behandelte aus dumpfen ehrgeizigen Absichten die Priester schonend. Und der Abbé, der hinfort keine Rücksicht mehr zu nehmen hatte, verfuhr hart mit Rognes, gewährte ihm nur den unumgänglich notwendigen Gottesdienst, ohne es mit zusätzlichen Gebeten, Kerzen und zum Vergnügen verbranntem Weihrauch zu verwöhnen. Deshalb lebte er in unausgesetzten Streitereien mit den Frauen. Vor allem im Juni war anläßlich der Erstkommunion eine regelrechte Schlacht ausgetragen worden. Fünf Kinder, zwei Mädchen und drei Jungen, besuchten den Katechismusunterricht, den er jeden Sonntag nach der Messe abhielt; und da er hätte wiederkommen müssen, um ihnen die Beichte abzunehmen, hatte er verlangt, daß sie selber zu ihm nach BazochesleDoyen kämen. Dies führte zu einer ersten Aufsässigkeit der Frauen. Danke schön! Dreiviertel Meilen hin, ebensoviel zurück! Wisse man denn, wie das ausgehe, wenn die Jungen und Mädchen zusammen losliefen? Furchtbar brach dann das Gewitter los, als der Pfarrer rundheraus ablehnte, in Rognes die heilige Handlung vorzunehmen, das feierliche Hochamt zu zelebrieren, und was noch dazu gehörte. Er beabsichtigte, sie in seiner Pfarrei vorzunehmen, den fünf Kindern stünde es frei, sich dorthin zu begeben, wenn sie das Verlangen danach hätten. Vierzehn Tage lang stammelten die Frauen am Brunnen vor Zorn: Was denn! Er taufte sie, er traute sie, er beerdigte sie in ihrem Dorf, und er wollte ihnen dort nicht ordentlich die Erstkommunion geben? Er wurde halsstarrig, las nur eine stille Messe, fertigte die fünf Kommunionkinder im Handumdrehen ab, machte überhaupt nichts her, kein einziges »Oremus«59 mehr, als vorgeschrieben war; roh sprang er mit den Frauen um, als sie, weinend vor Ärger über diese so hingepfuschte Feier, ihn anflehten, die Vesper zu singen. Nichts da! Er gab ihnen, was er ihnen schuldete, in Bazoches hätten sie das Hochamt, die Vesper, kurzum, alles gehabt, wenn sie ihr Dickkopf nicht gegen Gott aufsässig gemacht hätte. Seit diesem Zwist drohte stets ein Bruch zwischen Abbé Godard und Rognes, der geringste Anlaß würde die Katastrophe herbeiführen.
    Als sich Lise wegen der Taufe ihrer Kleinen zum Pfarrer begab, sprach er davon, sie für Sonntag nach der Messe anzusetzen; aber sie bat ihn, am Dienstag um zwei Uhr wiederzukommen, denn die Patin kehre erst an diesem Tage im Laufe des Vormittags aus Chartres zurück; und er willigte schließlich ein und legte ihr ans Herz, pünktlich zu sein, denn er sei entschlossen, schrie er, nicht eine Sekunde zu warten.
    Am Dienstag Punkt zwei Uhr war Abbé Godard in der Kirche, noch außer Atem

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