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Die Erde

Die Erde

Titel: Die Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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während Fouan und Delhomme, die sehr ernst waren, Ehrfurcht vor der Wäsche an den Tag legten, vor dem wahren Reichtum nächst der Erde.
    »Was die Hemden betrifft«, fuhr Frau Charles fort und faltete nun auch diese einzeln auseinander, »seht mal, die sind überhaupt nicht abgenutzt ... An Rissen fehlt's freilich nicht, ein wahres Gemetzel, und da man das nicht immer stopfen kann, weil das schließlich dicke Stellen macht und nicht gerade fein aussieht, wirft man sie lieber zur alten Wäsche. Aber du, Lise, kannst noch allerhand daraus machen.«
    »Ich werde sie tragen!« rief Lise. »Mir macht das nichts aus, wenn meine Hemden geflickt sind.«
    »Und ich«, erklärte Geierkopf augenzwinkernd mit seiner pfiffigen Miene, »ich würde mich tüchtig freuen, wenn du mir Taschentücher daraus machst.«
    Diesmal ging man unverhohlen auf seinen Spaß ein; da rief die kleine Elodie, die jedem Bettuch, jedem Hemd mit den Augen folgte:
    »Oh, dieser komische Geruch! Wie stark das riecht ... Ist das alles Mamas Wäsche?«
    Frau Charles ließ sich nicht in Verlegenheit bringen.
    »Aber sicher, mein Liebling ... Das heißt, es ist die Wäsche der Ladenfräuleins. Man braucht viel Wäsche im Geschäft, das kann ich dir sagen.«
    Sobald Lise mit Françoises Hilfe alles in ihren Schränken verstaut hatte, stieß man endlich miteinander an, man trank auf das Wohl des Täuflings, dem die Patin ihren eigenen Vornamen, Laure, gegeben hatte. Dann verweilte man noch einen Augenblick plaudernd; und man hörte, wie Herr Charles, der sich auf den Koffer gesetzt hatte, seine Frau ausfragte, ohne in seiner Ungeduld, zu erfahren, wie die Dinge dort liefen, auch nur so lange zu warten, bis sie beide allein waren; er nahm immer noch leidenschaftlichen Anteil an allem, er träumte stets von diesem Haus, das er einst so tatkräftig gegründet hatte und nach dem er sich seitdem so sehr zurücksehnte. Die Auskünfte waren nicht günstig. Sicher, ihre Tochter Estelle griff tüchtig zu und hatte Verstand; aber Vaucogne, der Schwiegersohn, dieser Waschlappen Achille, war ihr bestimmt keine Hilfe. Er verbrachte den ganzen Tag mit Pfeiferauchen, ließ alles verschmutzen, alles entzweigehen; so hatten die Vorhange der Zimmer Flecke, der Spiegel im kleinen roten Salon war gesprungen; auf allen Zimmern waren die Wasserkrüge und die Waschbecken angeschlagen, ohne daß er auch nur etwas dagegen unternahm; und der Arm eines Mannes war so notwendig, damit mit der Einrichtung des Hauses achtsam umgegangen wurde! Bei jedem neuen Schaden, von dem Herr Charles so erfuhr, seufzte er, seine Arme hingen herab, er wurde noch blasser. Aber eine letzte, mit leiserer Stimme geflüsterte Klage gab ihm den Rest.
    »Kurzum, er geht selber mit der aus Nummer fünf aufs Zimmer hoch, mit einer Dicken ...«
    »Was sagst du da?«
    »Oh, ich bin mir dessen sicher, ich habe es gesehen.«
    Zitternd ballte Herr Charles die Fäuste in einer Anwandlung fassungsloser Entrüstung:
    »Der Elende, sein eigenes Personal zu ermüden, seine Einrichtung durchzubringen! – Oh, das ist das Ende von allem!«
    Mit einer Handbewegung brachte ihn seine Frau zum Schweigen, denn Elodie kam vom Hof zurück, wo sie sich die Hühner angesehen hatte. Man leerte noch eine Literflasche; der Koffer wurde wieder auf das Wägelchen geladen, dem Herr Charles und seine Frau zu Fuß bis nach Hause folgten. Und jeder brach nun auf, um bis zum Essen kurz nach seinem Hause zu sehen.
    Sobald Geierkopf allein war, zog er, mißvergnügt über diesen verlorenen Nachmittag, seine Jacke aus und begann in der gepflasterten Ecke des Hofes zu dreschen, denn er brauchte einen Sack Getreide. Aber es langweilte ihn bald, allein zu dreschen; ihm fehlte, um richtig in Rage zu kommen, der doppelte Rhythmus der im Takt schlagenden Dreschflegel, und er rief Françoise, denn sie half ihm oft bei dieser Arbeit, hatte sie doch kräftige Lenden und Arme, die so hart waren wie die eines Burschen. Trotz der Langwierigkeit und der Anstrengung dieses primitiven Dreschens hatte er es stets abgelehnt, eine Göpeldreschmaschine zu kaufen, und sagte wie alle kleinen Besitzer, er dresche lieber nur von einem Tag zum andern, soviel er gerade brauche.
    »Hei Françoise, kommst du?«
    Lise, die die Nase über ein Kalbsragout mit Mohrrüben hielt und ihre Schwester beauftragt hatte, auf einen Rippenspeer aufzupassen, wollte Françoise nicht gehen lassen.
    Aber Geierkopf, der schlecht aufgelegt war, sagte, er werde sie beide

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