Die Erde
er stammelte, es war ihm sehr zuwider, daß die Sache in dieser Weise und so schnell vor allen begann.
Übrigens unterbrach ihn Geierkopf heftig, weil der lächelnde Blick, den seine Frau auf Françoise warf, genügt hatte, ihn aufzuklären: »Du scherst dich wohl den Teufel um uns? Die ist nicht für deinen Schnabel, häßlicher Vogel!«
Dieser rohe Empfang gab Jean seinen Mut zurück. Er drehte ihm den Rücken zu und wandte sich an den Alten:
»Die Sache ist die, Vater Fouan, das ist ganz einfach ... Da Ihr Françoises Vormund seid, muß ich mich an Euch wenden, um sie zu kriegen, nicht wahr? – Wenn sie mich mag, ich mag sie schon. Einen Heiratsantrag mach ich halt.«
Françoise, die noch den Dreschflegel hielt, ließ ihn vor Schreck fallen. Sie hätte sich allerdings darauf gefaßt machen müssen; aber nie hätte sie gedacht, daß Jean wagen würde, auf diese Weise und so ohne weiteres um ihre Hand anzuhalten. Warum hatte er nicht zuerst mit ihr gesprochen? Das brachte sie ganz durcheinander, sie hätte nicht sagen können, ob sie vor Hoffnung oder vor Furcht zitterte. Sie bebte noch am ganzen Leibe von der Arbeit, und unter ihrem aufgegangenen Mieder wogte ihr Busen; so stand sie zwischen den beiden Männern, heiß unter einem solchen Andrang des Blutes, daß die beiden fühlten, wie diese Hitze bis zu ihnen ausstrahlte.
Geierkopf ließ Fouan keine Zeit zu antworten. Mit wachsender Wut versetzte er:
»He? Du besitzt die Frechheit! – Ein Alter von dreiunddreißig Jahren ein junges Ding von achtzehn zu heiraten! Bloß fünfzehn Jahre Unterschied! Ist das nicht zum Kotzen? – Man wird dir schon geben, von wegen Puttchen für deinen dreckigen Riemen!«
Jean begann böse zu werden.
»Was schert's dich, wenn ich sie mag und sie mag mich?« Er drehte sich zu Françoise um, damit sie ihre Meinung sage.
Aber sie stand verstört, steif und starr da und schien nicht zu begreifen. Sie konnte nicht nein sagen, sie sagte jedoch auch nicht ja.
Geierkopf sah sie übrigens an, als wolle er sie umbringen, als wolle er ihr das Ja in die Kehle zurückstoßen. Wenn sie sich verheiratete, verlor er sie und verlor auch die Erde. Der jähe Gedanke an diese Folgen versetzte ihn vollends in Raserei.
»Aber, Vater, wie könnt Ihr nur! Aber, Delhomme, wie könnt Ihr nur! Findet ihr das nicht zum Kotzen, diese Göre diesem alten Kerl zu geben, der nicht mal von hier ist, der wer weiß woher kommt, nachdem er sich überall rumgetrieben hat? – Ein mißratener Tischler, der auf Bauer umgesattelt hat, weil er todsicher irgendeine dreckige Geschichte verheimlichen muß.«
All sein Haß gegen den Arbeiter aus der Stadt brach hervor.
»Und was weiter? Wenn ich sie mag und sie mag mich?« wiederholte Jean, der sich zusammennahm und sich vorgenommen hatte, es ihr zu überlassen, zuerst zu erzählen, was zwischen ihnen vorgefallen war. »Na los, Françoise, rede du mal!«
»Aber er hat doch recht!« rief Lise, die sich von dem Verlangen hinreißen ließ, ihre Schwester zu verheiraten, um sie loszuwerden. »Was hast du denn dagegen, wenn sie einander recht sind? Sie braucht deine Zustimmung nicht; sie ist schön dumm, daß sie dir nicht übers Maul fährt ... Du fällst uns mit der Zeit auf die Nerven!«
Da sah Geierkopf ein, daß die Sache klappen würde, sobald das junge Mädchen redete. Vor allem befürchtete er, daß man bei Bekanntwerden des Verhältnisses die Heirat für richtig halten wurde. Da kam gerade die Große auf den Hof und Herr und Frau Charles hinterdrein, die mit Elodie zurückkehrten. Und er winkte sie heran, ohne noch zu wissen, was er sagen sollte. Dann fiel ihm etwas ein, sein Gesicht war aufgedunsen, und seiner Frau und einer Schwägerin mit der Faust drohend, brüllte er:
»Himmelsakrament, solche Vetteln! – Jawohl, Vetteln, Schlampen alle beide! – Wollt ihr's wissen? Ich schlafe mit beiden! Und deshalb scheren sie sich den Teufel um mich! – Mit den beiden, sage ich euch, mit den beiden Huren!«
Familie Charles, die mit offenem Munde dastand, bekam die Worte in vollem Schwünge mitten ins Gesicht geworfen. Frau Charles stürzte vor, um Elodie, die aufmerksam zuhörte, mit ihrem Leibe zu decken, und die Kleine nach dem Gemüsegarten schiebend, rief sie ebenfalls sehr laut:
»Komm, wir wollen uns den Salat ansehen, komm, wir wollen uns den Kohl ansehen ... Oh! Die schönen Kohlköpfe!«
Geierkopf redete weiter, erfand Einzelheiten, erzählte, wenn die eine ihr Teil weghabe, sei die andere dran, sich
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