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Die Erde

Die Erde

Titel: Die Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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das nimmt ein schlimmes Ende!«
    Seit Lises Niederkunft und der Schlägerei mit Jean war Geierkopf wieder rasend hinter Françoise her. Er hatte gewartet, bis sein gebrochener Arm wieder kräftig war, nun sprang er in allen Winkeln des Hauses auf sie, war sicher, daß er sie einmal kriegen werde, und dann würde sie ihm gehören, sooft er wollte. War das nicht die beste Art, die Heirat hinauszuschieben, das Mädchen zu behalten und die Erde dazu? Diese beiden Leidenschaften verschmolzen sogar mit der Zeit, die Starrköpfigkeit, nichts loszulassen von dem, was er hielt, das wütende Besitzen dieses Feldes, die durch den Widerstand aufgepeitschte, ungestillte Brunst des Mannestiers. Seine Frau wurde riesig, ein Fleischhaufen war da zu bewegen; und sie stillte noch, sie hatte immerzu die kleine Laure an den Zitzen hängen, während die andere, die kleine Schwägerin, so gut nach jungem Fleisch roch, mit ihrem Busen, der ebenso elastisch und fest war wie das Euter einer Färse. Übrigens verschmähte er weder die eine noch die andere: da hätte er zwei gehabt, eine weiche und eine harte, jede angenehm in ihrer Art. Er war Hahn genug für zwei Hennen, er erträumte das Leben eines Paschas, der gepflegt, gestreichelt und mit Sinnengenüssen genudelt wurde. Warum sollte er nicht beide Schwestern heiraten, wenn sie einwilligten? Ein gutes Mittel, die Freundschaft enger zu schließen, die Teilung des Besitzes zu vermeiden, vor der er Angst und Schrecken empfand, als drohe man, ihm ein Glied abzuschneiden.
    Und von da an kam es im Stall, in der Küche, überall, sobald die beiden eine Minute allein waren, immer wieder zu jähem Angriff und Gegenwehr, wobei sich Geierkopf auf Françoise stürzte und sie dreinschlug. Und immer derselbe kurze und wütende Auftritt: er fuhr ihr mit der Hand unter den Rock, kriegte sie dort, wo sie nackt war, an Haut und Mähne zu packen wie eine Stute, auf der man reiten will; sie biß die Zähne zusammen, ihre Augen waren schwarz, und mit einem tüchtigen Faustschlag mitten zwischen die Beine zwang sie ihn, die Beute fahrenzulassen. Und kein Wort, nichts als beider brennendheißer Atem, ein ersticktes Schnaufen, der gedämpfte Lärm des Ringens: er unterdrückte einen Schmerzensschrei, sie strich ihr Kleid glatt, ging hinkend davon mit zerrupftem und zerquetschtem Unterleib und mit dem Gefühl, als seien die fünf Finger, die sie durchlöcherten, noch immer an dieser Stelle. Und das geschah, selbst wenn Lise im Nebenraum, ja sogar, wenn sie im selben Raum war, ihnen den Rücken zukehrte, um die Wäsche in einem Schrank zu ordnen, als hätte die Gegenwart seiner Frau Geierkopf gereizt, der des stolzen und starrköpfigen Schweigens der Göre sicher war.
    Seit der alte Fouan sie allerdings auf den Kartoffeln gesehen hatte, brachen Streitereien los. Er war zu seiner Schwiegertochter gegangen und hatte ihr unverblümt die Sache erzählt, damit sie ihren Mann hindere, noch mal anzufangen; und nachdem Lise ihn angeschrien hatte, er solle sich um seine Angelegenheiten scheren, brauste sie gegen die jüngere Schwester auf. Da sei ihr eben nicht zu helfen, wenn sie die Männer reize; denn so viele Männer, so viele Schweine, darauf müsse man gefaßt sein! Abends hatte sie jedoch Geierkopf eine solche Szene gemacht, daß sie am nächsten Tage mit einem halbzugeschwollenen und blau gehauenen Auge, weil sich ein Faustschlag während der Aussprache verirrt hatte, aus der Schlafstube kam. Von dem Augenblick an hörten die Wutausbrüche nicht mehr auf, der eine löste sofort den anderen aus: es lagen sich immer zwei in den Haaren, der Mann und die Frau, die Schwägerin und der Mann oder die beiden Schwestern, wenn sie sich nicht alle drei samt und sonders zerfleischten.
    Jetzt wurde der träge, unbewußte Haß schlimmer zwischen Lise und Françoise. Ihre große Zärtlichkeit von einst wurde dabei mit der Zeit zu einer augenscheinlich grundlosen Feindschaft, die es von früh bis spät zu Reibereien zwischen ihnen kommen ließ. Im Grunde war die einzige Ursache der Mann, dieser Geierkopf, der dort wie ein zersetzender Gärstoff hereingefallen war. Françoise wäre in der Verwirrung, in die er sie zu ihrer Verzweiflung versetzte, seit langem erlegen, hatte sich nicht jedes Mal, wenn Geierkopf sie anfaßte, ihr Wille aufgebäumt gegen den Drang, es mit sich geschehen zu lassen. Sie strafte sich hart dafür, war starrköpfig in ihrer einfachen Vorstellung vom Rechten, nichts von sich zu verschenken, nichts von

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