Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Erde

Die Erde

Titel: Die Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
Vom Netzwerk:
anderen zu nehmen; und sie wurde zornig, als sie spürte, daß sie eifersüchtig war, ihre Schwester nicht ausstehen konnte, weil der dieser Mann gehörte, neben dem sie lieber vor Verlangen umgekommen wäre, als daß sie ihn mit einer anderen geteilt hätte. Wenn er ihr nachstellte mit offenen Hosen und vorgestrecktem Bauch, spuckte sie wütend auf sein Glied und schickte ihn mit dieser Spucke zu ihrer Schwester; das verschaffte ihrem niedergekämpften Verlangen Erleichterung, als habe sie ihrer Schwester ins Gesicht gespuckt in der schmerzvollen Verachtung des Vergnügens, an dem sie nicht teilhatte.
    Lise war nicht eifersüchtig, sie hatte die Gewißheit, daß Geierkopf aufgeschnitten hatte, als er brüllte, daß er sich beider Schwestern bediene; nicht daß sie ihn für unfähig dazu hielt, aber sie war überzeugt, daß die Kleine mit ihrem Stolz nicht nachgeben würde. Und sie nahm es ihr einzig übel, daß ihre Weigerungen das Haus in eine wahre Hölle verwandelten. Je dicker sie wurde, um so phlegmatischer wurde sie mit all ihrem Fett, war zufrieden, zu leben, war von habsüchtiger, egoistischer Fröhlichkeit und suchte alle Freude ringsum zu sich heranzuziehen. War das denn die Möglichkeit, daß man sich so stritt, daß man sich das Dasein versaute, während man alles hatte zum Glücklichsein! Ach, so ein Luder, diese Göre, deren verdammter Charakter die einzige Ursache aller Widerwärtigkeiten war.
    Jeden Abend schrie sie Geierkopf beim Schlafengehen an:
    »Sie ist meine Schwester, aber sie soll nicht wieder anfangen, mich auf die Palme zu bringen, oder ich schmeiß sie dir raus!« Er hörte nicht auf diesem Ohr.
    »Ein hübscher Streich! Die ganze Gegend würde über uns Herfallen ... Himmelsakrament, diese Weiber. Ich werde euch beide in den Tümpel stecken und euch den Kopf waschen, damit ihr euch vertragt.«
    Noch zwei Monate verstrichen, und Lise, die immerzu von Geierkopf angerempelt wurde und außer sich war, hätte ihren Kaffee zweimal zuckern können, wie sie zu sagen pflegte, und er hätte ihr doch nicht geschmeckt. An den Tagen, da ihre Schwester einen neuen Angriff ihres Mannes abgeschlagen hatte, erriet sie am Wiederausbrechen der schlechten Laune, was geschehen war, so daß sie nun in der Furcht vor diesen Fehlschlägen Geierkopfs lebte, bangte, wenn er tückisch hinter Françoises Rock herschlich, weil sie gewiß war, er werde brutal wieder auftauchen, alles kurz und klein schlagen und die Familie quälen. Das waren gräßliche Tage, die sie dem verflixten starrköpfigen Ding nicht verzieh, das nichts tat, um die Sachen in die Reihe zu bringen.
    Besonders an einem Tage wurde es furchtbar. Geierkopf, der mit Françoise in den Keller hinuntergegangen war, um Zider abzuziehen, kam so übel zugerichtet, so rasend wieder nach oben, daß er wegen einer Lappalie, wegen seiner Suppe, die er zu heiß fand, den Teller an die Wand schmiß und dann auf und davon ging, wobei er Lise mit einer Backpfeife umwarf, die einen Ochsen hätte töten können.
    Weinend und blutend rappelte sie sich mit geschwollener Wange wieder hoch. Und sie fiel über die Schwester her, sie schrie: »Schlampe! Schlaf doch endlich mit ihm! – Ich hab's satt, ich rücke aus, wenn du so verstockt tust, damit ich verprügelt werde!«
    Verdutzt und ganz blaß hörte Françoise ihr zu.
    »So wahr Gott mich hört, das wäre mir lieber! – Dann läßt er uns vielleicht in Frieden!« sagte Lise. Sie war auf einen Stuhl gesunken, sie weinte mit stoßweisem Schluchzen; und ihre ganze fette Gestalt zerrann, erzählte von ihrem Sichgehenlassen, ihrem einzigen Verlangen, glücklich zu sein, selbst um den Preis einer Teilung. Sofern sie ihr Teil behielt, brachte sie das um nichts. Man habe dumme Vorstellungen davon, denn das war bestimmt nicht so wie mit dem Brot, das verbraucht wird, wenn man davon ißt. Sollte man sich nicht vertragen, um des guten Einverständnisses willen dicht zusammenrücken und endlich wie eine Familie leben?
    »Raus mit der Sprache, warum willst du nicht?«
    Françoise war die Kehle wie zugeschnürt, empört fand sie mir den Wutschrei:
    »Du bist noch widerlicher als er!«
    Sie ging in den Stall und schluchzte ebenfalls, während die Coliche sie mit großen, trüben Augen ansah. Was sie entrüstete, war nicht die Sache an sich, es war diese willfährige, Rolle Lises, das auf einmal von ihr geduldete Lotterleben, die Einträchtigkeit dieses Ehepaares. Wenn ihr der Mann gehört hätte, niemals würde sie ein Stückchen

Weitere Kostenlose Bücher